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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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Pianoforte, Ferdinand David gewidmet, und die vierte Symphonie für Orchester und
im vierhändigen Clavierauszuge.

Der erste Theil eines neuen theoretischen Werks: Die Grundverhältnisse der
Musik, von Theodor Wilhelm Richter, ist bei Tauchnitz in Leipzig erschienen.
Die Grenzboten werden nach dem Erscheinen des ganzen Werkes eine ausführliche Be¬
sprechung geben.


Bildende Kunst.

-- Als eine der erfreulichsten Erscheinungen im Gebiet des
Kunsthandels begrüßen wir die Porträtsammlung nach Lichtbildern von Biow (starb 1860),
welche bei T. O. Weigel in Leipzig erscheint. Die Sammlung enthält bis jetzt die Porträts
von A. v. Humboldt (unter der Anleitung von E. Mandel, gestochen von R. Trossin),
Cornelius (geht. von L. Jacoby), Rauch (geht. von Ed. Eichens) und E. M. Arndt
(geht. von Trossin). Die Ausführung ist durchaus musterhaft, und man kann sich keine
schönere Vereinigung von Würdigkeit im Gegenstande und in der Darstellung denken.
Die Haltung von Rauch macht nach unserer Ansicht einen etwas gezwungenen Eindruck,
obgleich es auch ein schöner Kopf ist, dagegen ist der feine, nachdenklich beobachtende
Geist Humboldts, die streng sittliche Würde von Cornelius und die freie Gemüthlichkeit
Arndts auf das glücklichste und vollendetste wiedergegeben. Man hat häufig die Be¬
sorgnis) ausgesprochen, die Erfindung der Daguerreotyvie werde den rohen Nationalismus
begünstigen und der Kunst Abbruch thun. Diese Besorgnis; hat sich keineswegs gerecht¬
fertigt, im Gegentheil hat seitdem die Kunst der Porträtmalerei einen neuen, durchaus
idealistischen Aufschwung genommen. Das Lichtbild kann die Kunst nie ganz ersetzen,
denn es stellt nie vollständig dar, was wir zu sehen begehren; aber es regt sie zum
Wetteifer auf, zwingt sie zur größeren Bestimmtheit und Naturwahrheit und leitet sie
aus den einzigen Weg, von dem das Ideal ausgehen kann. Und daß wir durch diese
Vermittelung uns daran gewöhnen, bedeutende und interessante Menschen unserer Zeit
uns auch sinnlich vorzustellen und ihnen dadurch gemüthlich näher zu treten, ist für' un¬
ser Leben kein kleiner Gewinn.


Literatur.

-- Andersens sämmtliche Werke. Originalausgabe des Ver¬
fassers. Leipzig, Carl Lorck. 3. und 6. Bd. -- Die beiden vorliegenden Bände enthalten
die Romane O. Z. und "die zwei Baronessen". Sie sind zwar nicht so poetisch,
wie die Märchen und Skizzen, die wol hauptsächlich Andersens Namen auf die Nach¬
welt tragen werden, auch nicht so farbenreich, wie der Jmprovisator, der unter den
Romanen wol der gelungenste ist, aber sie geben uns wenigstens deutliche und mit ge-
müthvoller Innigkeit angeschaute Bilder aus dem dänischen Volksleben. Sie haben in
dieser Beziehung eine gewisse Aehnlichkeit mit den Romanen der Friederike Bremer,
aber sie sind bei weitem besser sowol in ihrem ethischen Gehalte als in ihrer künstlerischen
Ausführung. --




Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Als verantwort!. Redacteur legitimirt- F. W. Grunow. -- Nerlag von F. L. Heri'ig
in Leipzig.
Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

Pianoforte, Ferdinand David gewidmet, und die vierte Symphonie für Orchester und
im vierhändigen Clavierauszuge.

Der erste Theil eines neuen theoretischen Werks: Die Grundverhältnisse der
Musik, von Theodor Wilhelm Richter, ist bei Tauchnitz in Leipzig erschienen.
Die Grenzboten werden nach dem Erscheinen des ganzen Werkes eine ausführliche Be¬
sprechung geben.


Bildende Kunst.

— Als eine der erfreulichsten Erscheinungen im Gebiet des
Kunsthandels begrüßen wir die Porträtsammlung nach Lichtbildern von Biow (starb 1860),
welche bei T. O. Weigel in Leipzig erscheint. Die Sammlung enthält bis jetzt die Porträts
von A. v. Humboldt (unter der Anleitung von E. Mandel, gestochen von R. Trossin),
Cornelius (geht. von L. Jacoby), Rauch (geht. von Ed. Eichens) und E. M. Arndt
(geht. von Trossin). Die Ausführung ist durchaus musterhaft, und man kann sich keine
schönere Vereinigung von Würdigkeit im Gegenstande und in der Darstellung denken.
Die Haltung von Rauch macht nach unserer Ansicht einen etwas gezwungenen Eindruck,
obgleich es auch ein schöner Kopf ist, dagegen ist der feine, nachdenklich beobachtende
Geist Humboldts, die streng sittliche Würde von Cornelius und die freie Gemüthlichkeit
Arndts auf das glücklichste und vollendetste wiedergegeben. Man hat häufig die Be¬
sorgnis) ausgesprochen, die Erfindung der Daguerreotyvie werde den rohen Nationalismus
begünstigen und der Kunst Abbruch thun. Diese Besorgnis; hat sich keineswegs gerecht¬
fertigt, im Gegentheil hat seitdem die Kunst der Porträtmalerei einen neuen, durchaus
idealistischen Aufschwung genommen. Das Lichtbild kann die Kunst nie ganz ersetzen,
denn es stellt nie vollständig dar, was wir zu sehen begehren; aber es regt sie zum
Wetteifer auf, zwingt sie zur größeren Bestimmtheit und Naturwahrheit und leitet sie
aus den einzigen Weg, von dem das Ideal ausgehen kann. Und daß wir durch diese
Vermittelung uns daran gewöhnen, bedeutende und interessante Menschen unserer Zeit
uns auch sinnlich vorzustellen und ihnen dadurch gemüthlich näher zu treten, ist für' un¬
ser Leben kein kleiner Gewinn.


Literatur.

— Andersens sämmtliche Werke. Originalausgabe des Ver¬
fassers. Leipzig, Carl Lorck. 3. und 6. Bd. — Die beiden vorliegenden Bände enthalten
die Romane O. Z. und „die zwei Baronessen". Sie sind zwar nicht so poetisch,
wie die Märchen und Skizzen, die wol hauptsächlich Andersens Namen auf die Nach¬
welt tragen werden, auch nicht so farbenreich, wie der Jmprovisator, der unter den
Romanen wol der gelungenste ist, aber sie geben uns wenigstens deutliche und mit ge-
müthvoller Innigkeit angeschaute Bilder aus dem dänischen Volksleben. Sie haben in
dieser Beziehung eine gewisse Aehnlichkeit mit den Romanen der Friederike Bremer,
aber sie sind bei weitem besser sowol in ihrem ethischen Gehalte als in ihrer künstlerischen
Ausführung. —




Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Als verantwort!. Redacteur legitimirt- F. W. Grunow. — Nerlag von F. L. Heri'ig
in Leipzig.
Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/408>, abgerufen am 19.05.2024.