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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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Pfiffen und Ränken, und mit täuschender Schauspielkunst, Schritt für Schritt dra¬
matisch entwickelte. .. Eine ebenso von Grund aus verkehrte als in solchen
Fällen beinahe allgemeine Ansicht. Man bedenke nur, wie entgegengesetzt die Wirk¬
lichkeit ist. Wieviel von seinem eignen Leben sieht einer von uns voraus? Eine
kurze Strecke vor uns ist alles dunkel; ein unaufgewickelter Strang von Mög¬
lichkeiten, Besorgnissen, Anschlägen, ungewiß schwebenden Hoffnungen.... Die
dichtgehäuften Verunstaltungen, welche Cromwells Bild für uns verzerren,
würden zur Hälfte oder mehr noch verschwinden, sobald wir nur redlich versuch¬
ten, sie darzustellen; in Reihenfolge, wie sie kamen, nicht im Klumpen, wie sie
vor uus hingeworfen sind." --

Man sieht, es sind viele glänzende Partien in dem Buch, und es verdient
wol eine aufmerksame Lection. Die Uebersetzung ist, wenn man in Rechnung
bringt, daß sie einen, sehr wunderlichen Stil nachzubilden hatte, musterhaft. --
Carlyle ist 1795 geboren; 1825 gab er das Leben Schillers und eine Uebersetzung
des Wilhelm Meister heraus, 1827 eine Auswahl deutscher Romantiker. Sein
8ardor K<Z8artus erschien 1836, die französische Revolution 1837, Vergangenheit
und Gegenwart 1843, die Briefe Cromwells 1845, die tuller äa^ MwMkts
1850, das Leben John Sterlings 1851.'->'.'




Neue Denkwürdigkeiten über Leimn.

Lenau in Schwaben. Aus dem letzten Jahrzehnt seines Lebens. Von Emma
Niendorf. Leipzig, Herbig. --
''.

,,.
Wir haben vor kurzem den Briefwechsel zwischen Lenau und K. Mayer
angezeigt; das vorliegende Werk gibt uns einen neuen Beitrag zur näheren
Kenntniß des Dichters. Einen bedeutenden Theil der Sammlung macht der
Briefwechsel mit Justinus Keruer aus. Emma Niendorf (Frau von Suckow)
scheint eine nahe Verwandte dieses Dichters und Naturphilosophen zu sein. In
seinem Hause und in dem der übrigen schwäbischen Freunde ist sie seit 1840
sehr viel mit Lenau zusammengekommen, sie hat sich alles, was er gesagt, die
Anekdoten, die er erzählt, die Mienen, die er gemacht n. s. w. augenblicklich auf¬
gezeichnet, und theilt uns alles dies in möglicher Ausführlichkeit mit. So erfahren
wir, was Lenau über alle möglichen Gegenstände der Literatur, Kunst, Politik u. s. w.
gesagt hat, wobei man freilich in Rechnung ziehen muß, daß vieles darunter ist,
was man in der Gesellschaft eben sagt, ohne erheblich darüber gedacht zu haben.
Frau v. Niendorf würde dem Büchlein sehr genützt haben, wenn sie mit ihren
poetischen Randglossen, die in der Regel nicht viel sagen, etwas weniger freigebig
gewesen wäre.


Pfiffen und Ränken, und mit täuschender Schauspielkunst, Schritt für Schritt dra¬
matisch entwickelte. .. Eine ebenso von Grund aus verkehrte als in solchen
Fällen beinahe allgemeine Ansicht. Man bedenke nur, wie entgegengesetzt die Wirk¬
lichkeit ist. Wieviel von seinem eignen Leben sieht einer von uns voraus? Eine
kurze Strecke vor uns ist alles dunkel; ein unaufgewickelter Strang von Mög¬
lichkeiten, Besorgnissen, Anschlägen, ungewiß schwebenden Hoffnungen.... Die
dichtgehäuften Verunstaltungen, welche Cromwells Bild für uns verzerren,
würden zur Hälfte oder mehr noch verschwinden, sobald wir nur redlich versuch¬
ten, sie darzustellen; in Reihenfolge, wie sie kamen, nicht im Klumpen, wie sie
vor uus hingeworfen sind." —

Man sieht, es sind viele glänzende Partien in dem Buch, und es verdient
wol eine aufmerksame Lection. Die Uebersetzung ist, wenn man in Rechnung
bringt, daß sie einen, sehr wunderlichen Stil nachzubilden hatte, musterhaft. —
Carlyle ist 1795 geboren; 1825 gab er das Leben Schillers und eine Uebersetzung
des Wilhelm Meister heraus, 1827 eine Auswahl deutscher Romantiker. Sein
8ardor K<Z8artus erschien 1836, die französische Revolution 1837, Vergangenheit
und Gegenwart 1843, die Briefe Cromwells 1845, die tuller äa^ MwMkts
1850, das Leben John Sterlings 1851.'->'.'




Neue Denkwürdigkeiten über Leimn.

Lenau in Schwaben. Aus dem letzten Jahrzehnt seines Lebens. Von Emma
Niendorf. Leipzig, Herbig. —
''.

,,.
Wir haben vor kurzem den Briefwechsel zwischen Lenau und K. Mayer
angezeigt; das vorliegende Werk gibt uns einen neuen Beitrag zur näheren
Kenntniß des Dichters. Einen bedeutenden Theil der Sammlung macht der
Briefwechsel mit Justinus Keruer aus. Emma Niendorf (Frau von Suckow)
scheint eine nahe Verwandte dieses Dichters und Naturphilosophen zu sein. In
seinem Hause und in dem der übrigen schwäbischen Freunde ist sie seit 1840
sehr viel mit Lenau zusammengekommen, sie hat sich alles, was er gesagt, die
Anekdoten, die er erzählt, die Mienen, die er gemacht n. s. w. augenblicklich auf¬
gezeichnet, und theilt uns alles dies in möglicher Ausführlichkeit mit. So erfahren
wir, was Lenau über alle möglichen Gegenstände der Literatur, Kunst, Politik u. s. w.
gesagt hat, wobei man freilich in Rechnung ziehen muß, daß vieles darunter ist,
was man in der Gesellschaft eben sagt, ohne erheblich darüber gedacht zu haben.
Frau v. Niendorf würde dem Büchlein sehr genützt haben, wenn sie mit ihren
poetischen Randglossen, die in der Regel nicht viel sagen, etwas weniger freigebig
gewesen wäre.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/77>, abgerufen am 19.05.2024.