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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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manchen Archäologen und Philologen einigen Anstoß erregen, wenigstens so¬
lange, als diese Sache nicht ein Gegenstand ihrer weiteren Forschung geworden
ist. Allein es ist schon früher von Männern der Wissenschaft darauf hinge¬
wiesen worden, daß eine richtige Erkenntniß des Alterthums ohne Mathematik
unmöglich sei und daß nur durch solche dem Studium der Alterthumswissenschaft
eine neue und fruchtbarere Richtung gegeben werden könne. Es zeigt sich die
Wahrheit dieser Bemerkungen ganz besonders durch die Darlegung des wissen¬
schaftlichen Systems, nach welchem die alten ägyptischen Tempel erbaut worden
sind und gegen welches kaum noch ein Zweifel erhoben werden kann. So¬
lange man daher von archäologischer oder philologischer Seite her die geo¬
metrischen Constructionen und Berechnungen des Hrn. Roher nicht als irrige
hinwegzuschaffen vermag, solange dürfte der Versasser auch allein als derjenige
anzusehen sein, der das Räthsel jener staunenswerthen heiligen Baue gelöst
hat. Ja selbst wenn wir zugeben müßten, daß Hr. Roher nur in einem
einzigen Tempel ein ausgebildetes geometrisches Schema in folgerichtiger An¬
wendung aufgefunden hätte, so würde es hinreichend sein, um zu beweisen, daß
die Aegypter ganz andere mathematische Kenntnisse besessen haben, als man
bisher geglaubt hat. Da er nun aber dieses Schema in 9 Tempeln nachge¬
wiesen hat und die bisher unbekannte Construction des Triangels mit drei¬
facher Winkelpotenz an der Grundlinie sich überall angewandt findet, so geht
schon daraus, auch w'cum alle übrigen Angaben bestritten werden sollten, ge¬
nugsam hervor, daß nicht einmal von einem Rechnungsfehler in der Arbeit ge¬
sprochen werden kann.

Wir freuen uns, bekennen zu dürfen, wie man bereits von höchst acht¬
barer Seite her dem vortrefflichen Werke des Verfassers nicht nur alle An¬
erkennung, sondern auch Aufmunterung zu Theil werden läßt und wünschen
schließlich nur, es möge durch vorstehende Mittheilung auch bei dem gebildeten
Laien das Interesse nicht blos an der Alterthumsforschung überhaupt, sondern
auch an der verdienstlichen Arbeit Hrn. Röbers lebendig erhalten werden.




Sommerleben in Stambul.

Wenn Sie Sonntags vom kleinen Campo oder dem längs der zum Hafen
gewendeten Abdachung des vorderen Perahügels gelegenen türkischen Begräb-
nißplatz aus sich durch die Straße, auf welche das Hofthor des englischen Ge-
sandtschaftspalastcö ausmündet, dem oberen Theile der Frankenstadt zuwenden,


manchen Archäologen und Philologen einigen Anstoß erregen, wenigstens so¬
lange, als diese Sache nicht ein Gegenstand ihrer weiteren Forschung geworden
ist. Allein es ist schon früher von Männern der Wissenschaft darauf hinge¬
wiesen worden, daß eine richtige Erkenntniß des Alterthums ohne Mathematik
unmöglich sei und daß nur durch solche dem Studium der Alterthumswissenschaft
eine neue und fruchtbarere Richtung gegeben werden könne. Es zeigt sich die
Wahrheit dieser Bemerkungen ganz besonders durch die Darlegung des wissen¬
schaftlichen Systems, nach welchem die alten ägyptischen Tempel erbaut worden
sind und gegen welches kaum noch ein Zweifel erhoben werden kann. So¬
lange man daher von archäologischer oder philologischer Seite her die geo¬
metrischen Constructionen und Berechnungen des Hrn. Roher nicht als irrige
hinwegzuschaffen vermag, solange dürfte der Versasser auch allein als derjenige
anzusehen sein, der das Räthsel jener staunenswerthen heiligen Baue gelöst
hat. Ja selbst wenn wir zugeben müßten, daß Hr. Roher nur in einem
einzigen Tempel ein ausgebildetes geometrisches Schema in folgerichtiger An¬
wendung aufgefunden hätte, so würde es hinreichend sein, um zu beweisen, daß
die Aegypter ganz andere mathematische Kenntnisse besessen haben, als man
bisher geglaubt hat. Da er nun aber dieses Schema in 9 Tempeln nachge¬
wiesen hat und die bisher unbekannte Construction des Triangels mit drei¬
facher Winkelpotenz an der Grundlinie sich überall angewandt findet, so geht
schon daraus, auch w'cum alle übrigen Angaben bestritten werden sollten, ge¬
nugsam hervor, daß nicht einmal von einem Rechnungsfehler in der Arbeit ge¬
sprochen werden kann.

Wir freuen uns, bekennen zu dürfen, wie man bereits von höchst acht¬
barer Seite her dem vortrefflichen Werke des Verfassers nicht nur alle An¬
erkennung, sondern auch Aufmunterung zu Theil werden läßt und wünschen
schließlich nur, es möge durch vorstehende Mittheilung auch bei dem gebildeten
Laien das Interesse nicht blos an der Alterthumsforschung überhaupt, sondern
auch an der verdienstlichen Arbeit Hrn. Röbers lebendig erhalten werden.




Sommerleben in Stambul.

Wenn Sie Sonntags vom kleinen Campo oder dem längs der zum Hafen
gewendeten Abdachung des vorderen Perahügels gelegenen türkischen Begräb-
nißplatz aus sich durch die Straße, auf welche das Hofthor des englischen Ge-
sandtschaftspalastcö ausmündet, dem oberen Theile der Frankenstadt zuwenden,


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[0154] manchen Archäologen und Philologen einigen Anstoß erregen, wenigstens so¬ lange, als diese Sache nicht ein Gegenstand ihrer weiteren Forschung geworden ist. Allein es ist schon früher von Männern der Wissenschaft darauf hinge¬ wiesen worden, daß eine richtige Erkenntniß des Alterthums ohne Mathematik unmöglich sei und daß nur durch solche dem Studium der Alterthumswissenschaft eine neue und fruchtbarere Richtung gegeben werden könne. Es zeigt sich die Wahrheit dieser Bemerkungen ganz besonders durch die Darlegung des wissen¬ schaftlichen Systems, nach welchem die alten ägyptischen Tempel erbaut worden sind und gegen welches kaum noch ein Zweifel erhoben werden kann. So¬ lange man daher von archäologischer oder philologischer Seite her die geo¬ metrischen Constructionen und Berechnungen des Hrn. Roher nicht als irrige hinwegzuschaffen vermag, solange dürfte der Versasser auch allein als derjenige anzusehen sein, der das Räthsel jener staunenswerthen heiligen Baue gelöst hat. Ja selbst wenn wir zugeben müßten, daß Hr. Roher nur in einem einzigen Tempel ein ausgebildetes geometrisches Schema in folgerichtiger An¬ wendung aufgefunden hätte, so würde es hinreichend sein, um zu beweisen, daß die Aegypter ganz andere mathematische Kenntnisse besessen haben, als man bisher geglaubt hat. Da er nun aber dieses Schema in 9 Tempeln nachge¬ wiesen hat und die bisher unbekannte Construction des Triangels mit drei¬ facher Winkelpotenz an der Grundlinie sich überall angewandt findet, so geht schon daraus, auch w'cum alle übrigen Angaben bestritten werden sollten, ge¬ nugsam hervor, daß nicht einmal von einem Rechnungsfehler in der Arbeit ge¬ sprochen werden kann. Wir freuen uns, bekennen zu dürfen, wie man bereits von höchst acht¬ barer Seite her dem vortrefflichen Werke des Verfassers nicht nur alle An¬ erkennung, sondern auch Aufmunterung zu Theil werden läßt und wünschen schließlich nur, es möge durch vorstehende Mittheilung auch bei dem gebildeten Laien das Interesse nicht blos an der Alterthumsforschung überhaupt, sondern auch an der verdienstlichen Arbeit Hrn. Röbers lebendig erhalten werden. Sommerleben in Stambul. Wenn Sie Sonntags vom kleinen Campo oder dem längs der zum Hafen gewendeten Abdachung des vorderen Perahügels gelegenen türkischen Begräb- nißplatz aus sich durch die Straße, auf welche das Hofthor des englischen Ge- sandtschaftspalastcö ausmündet, dem oberen Theile der Frankenstadt zuwenden,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/154>, abgerufen am 07.05.2024.