Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

weite etwa treten die Ausläufer des Binar Dagh an die Position heran und
füllen die dazwischengelcgene Ebene mit hochwelligen Hügeln.

Mir fehlt es vor Abgang der Post an Zeit, das Bild weiter auszuführen.
Vielleicht daß ich ihm ehestens eine ergänzende Skizze nachsende.


Von Schumla nach Rasgrad.

Ich erwähnte schon in einem der vorhergehenden Reisebilder der vielen
Straßen, welche von Schumla aus nach allen Richtungen hin ausstrahlen.
Man hat -- wie ich kaum zu erwähnen brauche -- dabei nicht an Wege wie
die unsrigen, am mindesten an Chausseen zu denken. Die Straßen in der
Türkei sind beinahe ohne Ausnahme schlecht, nur wenige sind sozusagen an¬
gelegte, die meisten entstanden wol ohne vorherige Vermittlung des Wege¬
baues durch den Verkehr selbst. Nichtsdestoweniger kann man in dem Com-
municationssystem, von welchem Schumla das Centrum ist, drei Hauptstraßen
unterscheiden, die von dort nach Rustschuck, nach Silistria und nach Basardschick
gehen. Die erstere war die, welche ich zu wählen hatte, um an die Donau
zu gelangen. Rasgrad macht auf der Mitte des Weges zwischen der Berg¬
position und Rustschuck Station, und war demgemäß nächstes Reiseziel.

Früh am Morgen standen die schon früher beschriebenen Wagen bespannt
vor dem Hause, in welchem meine Reisegefährten und ich unser Absteigequartier
genommen hatten, aber es verging wol eine Stunde, bevor es zur Abreise
kam ; aus welchem Grunde ist meinem Gedächtniß entfallen. Die Sonne stand
deshalb bereits ziemlich hoch, als wir die Enceinte von Schumla passirten,
und links gewendet an dem Dorfe Strandscha vorüberfuhren.. Meine Augen
ruhten indessen unverwandt auf diesen sich hier flacher als anderwärts in die
Ebene niedersenkenden Hohen, von denen ich damals glaubte, daß sie ehestens
der Schaupunkt großer und entscheidender Ereignisse sein würden. Noch einen
Blick warf ich nach der Stadt und dem Serail Omer Paschas zurück und gleich
darauf fuhr der Wagen in einen flachen Hohlweg ein, aus dem wir erst
wieder hinausgelangten, nachdem die Scene gewechselt hatte und eine wesentlich
andere Landschaft sich um uns ausbreitete.

Der Balkan hat das Eigenthümliche, zumal in dieser Region, daß er viel¬
fache Plateaur bildet, die ich schon anderswo mit dem Lilien-und Königsstein
in der "sächsischen Schweiz" verglichen habe. Von unterwärts, aus der Ebene,
oder von der Thalsohle her, ist die Ansteigung minder schroff, oft sanft und
wellig; hier ist es, wo noch allenthalben die Vegetation Wurzelboden findet, und
sich jenes wilde Gestrüpp ausbreitet, welches ein so wesentliches Element der
Vertheidigungsmittel von Schumla ausmacht. Weiter hinan wird der Abhang
steiler und schroffer. Felsen treten hier und dort zu Tage, bis hoch oben der


weite etwa treten die Ausläufer des Binar Dagh an die Position heran und
füllen die dazwischengelcgene Ebene mit hochwelligen Hügeln.

Mir fehlt es vor Abgang der Post an Zeit, das Bild weiter auszuführen.
Vielleicht daß ich ihm ehestens eine ergänzende Skizze nachsende.


Von Schumla nach Rasgrad.

Ich erwähnte schon in einem der vorhergehenden Reisebilder der vielen
Straßen, welche von Schumla aus nach allen Richtungen hin ausstrahlen.
Man hat — wie ich kaum zu erwähnen brauche — dabei nicht an Wege wie
die unsrigen, am mindesten an Chausseen zu denken. Die Straßen in der
Türkei sind beinahe ohne Ausnahme schlecht, nur wenige sind sozusagen an¬
gelegte, die meisten entstanden wol ohne vorherige Vermittlung des Wege¬
baues durch den Verkehr selbst. Nichtsdestoweniger kann man in dem Com-
municationssystem, von welchem Schumla das Centrum ist, drei Hauptstraßen
unterscheiden, die von dort nach Rustschuck, nach Silistria und nach Basardschick
gehen. Die erstere war die, welche ich zu wählen hatte, um an die Donau
zu gelangen. Rasgrad macht auf der Mitte des Weges zwischen der Berg¬
position und Rustschuck Station, und war demgemäß nächstes Reiseziel.

Früh am Morgen standen die schon früher beschriebenen Wagen bespannt
vor dem Hause, in welchem meine Reisegefährten und ich unser Absteigequartier
genommen hatten, aber es verging wol eine Stunde, bevor es zur Abreise
kam ; aus welchem Grunde ist meinem Gedächtniß entfallen. Die Sonne stand
deshalb bereits ziemlich hoch, als wir die Enceinte von Schumla passirten,
und links gewendet an dem Dorfe Strandscha vorüberfuhren.. Meine Augen
ruhten indessen unverwandt auf diesen sich hier flacher als anderwärts in die
Ebene niedersenkenden Hohen, von denen ich damals glaubte, daß sie ehestens
der Schaupunkt großer und entscheidender Ereignisse sein würden. Noch einen
Blick warf ich nach der Stadt und dem Serail Omer Paschas zurück und gleich
darauf fuhr der Wagen in einen flachen Hohlweg ein, aus dem wir erst
wieder hinausgelangten, nachdem die Scene gewechselt hatte und eine wesentlich
andere Landschaft sich um uns ausbreitete.

Der Balkan hat das Eigenthümliche, zumal in dieser Region, daß er viel¬
fache Plateaur bildet, die ich schon anderswo mit dem Lilien-und Königsstein
in der „sächsischen Schweiz" verglichen habe. Von unterwärts, aus der Ebene,
oder von der Thalsohle her, ist die Ansteigung minder schroff, oft sanft und
wellig; hier ist es, wo noch allenthalben die Vegetation Wurzelboden findet, und
sich jenes wilde Gestrüpp ausbreitet, welches ein so wesentliches Element der
Vertheidigungsmittel von Schumla ausmacht. Weiter hinan wird der Abhang
steiler und schroffer. Felsen treten hier und dort zu Tage, bis hoch oben der


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0199" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/281350"/>
            <p xml:id="ID_623" prev="#ID_622"> weite etwa treten die Ausläufer des Binar Dagh an die Position heran und<lb/>
füllen die dazwischengelcgene Ebene mit hochwelligen Hügeln.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_624"> Mir fehlt es vor Abgang der Post an Zeit, das Bild weiter auszuführen.<lb/>
Vielleicht daß ich ihm ehestens eine ergänzende Skizze nachsende.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Von Schumla nach Rasgrad.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_625"> Ich erwähnte schon in einem der vorhergehenden Reisebilder der vielen<lb/>
Straßen, welche von Schumla aus nach allen Richtungen hin ausstrahlen.<lb/>
Man hat &#x2014; wie ich kaum zu erwähnen brauche &#x2014; dabei nicht an Wege wie<lb/>
die unsrigen, am mindesten an Chausseen zu denken. Die Straßen in der<lb/>
Türkei sind beinahe ohne Ausnahme schlecht, nur wenige sind sozusagen an¬<lb/>
gelegte, die meisten entstanden wol ohne vorherige Vermittlung des Wege¬<lb/>
baues durch den Verkehr selbst. Nichtsdestoweniger kann man in dem Com-<lb/>
municationssystem, von welchem Schumla das Centrum ist, drei Hauptstraßen<lb/>
unterscheiden, die von dort nach Rustschuck, nach Silistria und nach Basardschick<lb/>
gehen. Die erstere war die, welche ich zu wählen hatte, um an die Donau<lb/>
zu gelangen. Rasgrad macht auf der Mitte des Weges zwischen der Berg¬<lb/>
position und Rustschuck Station, und war demgemäß nächstes Reiseziel.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_626"> Früh am Morgen standen die schon früher beschriebenen Wagen bespannt<lb/>
vor dem Hause, in welchem meine Reisegefährten und ich unser Absteigequartier<lb/>
genommen hatten, aber es verging wol eine Stunde, bevor es zur Abreise<lb/>
kam ; aus welchem Grunde ist meinem Gedächtniß entfallen. Die Sonne stand<lb/>
deshalb bereits ziemlich hoch, als wir die Enceinte von Schumla passirten,<lb/>
und links gewendet an dem Dorfe Strandscha vorüberfuhren.. Meine Augen<lb/>
ruhten indessen unverwandt auf diesen sich hier flacher als anderwärts in die<lb/>
Ebene niedersenkenden Hohen, von denen ich damals glaubte, daß sie ehestens<lb/>
der Schaupunkt großer und entscheidender Ereignisse sein würden. Noch einen<lb/>
Blick warf ich nach der Stadt und dem Serail Omer Paschas zurück und gleich<lb/>
darauf fuhr der Wagen in einen flachen Hohlweg ein, aus dem wir erst<lb/>
wieder hinausgelangten, nachdem die Scene gewechselt hatte und eine wesentlich<lb/>
andere Landschaft sich um uns ausbreitete.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_627" next="#ID_628"> Der Balkan hat das Eigenthümliche, zumal in dieser Region, daß er viel¬<lb/>
fache Plateaur bildet, die ich schon anderswo mit dem Lilien-und Königsstein<lb/>
in der &#x201E;sächsischen Schweiz" verglichen habe. Von unterwärts, aus der Ebene,<lb/>
oder von der Thalsohle her, ist die Ansteigung minder schroff, oft sanft und<lb/>
wellig; hier ist es, wo noch allenthalben die Vegetation Wurzelboden findet, und<lb/>
sich jenes wilde Gestrüpp ausbreitet, welches ein so wesentliches Element der<lb/>
Vertheidigungsmittel von Schumla ausmacht. Weiter hinan wird der Abhang<lb/>
steiler und schroffer.  Felsen treten hier und dort zu Tage, bis hoch oben der</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0199] weite etwa treten die Ausläufer des Binar Dagh an die Position heran und füllen die dazwischengelcgene Ebene mit hochwelligen Hügeln. Mir fehlt es vor Abgang der Post an Zeit, das Bild weiter auszuführen. Vielleicht daß ich ihm ehestens eine ergänzende Skizze nachsende. Von Schumla nach Rasgrad. Ich erwähnte schon in einem der vorhergehenden Reisebilder der vielen Straßen, welche von Schumla aus nach allen Richtungen hin ausstrahlen. Man hat — wie ich kaum zu erwähnen brauche — dabei nicht an Wege wie die unsrigen, am mindesten an Chausseen zu denken. Die Straßen in der Türkei sind beinahe ohne Ausnahme schlecht, nur wenige sind sozusagen an¬ gelegte, die meisten entstanden wol ohne vorherige Vermittlung des Wege¬ baues durch den Verkehr selbst. Nichtsdestoweniger kann man in dem Com- municationssystem, von welchem Schumla das Centrum ist, drei Hauptstraßen unterscheiden, die von dort nach Rustschuck, nach Silistria und nach Basardschick gehen. Die erstere war die, welche ich zu wählen hatte, um an die Donau zu gelangen. Rasgrad macht auf der Mitte des Weges zwischen der Berg¬ position und Rustschuck Station, und war demgemäß nächstes Reiseziel. Früh am Morgen standen die schon früher beschriebenen Wagen bespannt vor dem Hause, in welchem meine Reisegefährten und ich unser Absteigequartier genommen hatten, aber es verging wol eine Stunde, bevor es zur Abreise kam ; aus welchem Grunde ist meinem Gedächtniß entfallen. Die Sonne stand deshalb bereits ziemlich hoch, als wir die Enceinte von Schumla passirten, und links gewendet an dem Dorfe Strandscha vorüberfuhren.. Meine Augen ruhten indessen unverwandt auf diesen sich hier flacher als anderwärts in die Ebene niedersenkenden Hohen, von denen ich damals glaubte, daß sie ehestens der Schaupunkt großer und entscheidender Ereignisse sein würden. Noch einen Blick warf ich nach der Stadt und dem Serail Omer Paschas zurück und gleich darauf fuhr der Wagen in einen flachen Hohlweg ein, aus dem wir erst wieder hinausgelangten, nachdem die Scene gewechselt hatte und eine wesentlich andere Landschaft sich um uns ausbreitete. Der Balkan hat das Eigenthümliche, zumal in dieser Region, daß er viel¬ fache Plateaur bildet, die ich schon anderswo mit dem Lilien-und Königsstein in der „sächsischen Schweiz" verglichen habe. Von unterwärts, aus der Ebene, oder von der Thalsohle her, ist die Ansteigung minder schroff, oft sanft und wellig; hier ist es, wo noch allenthalben die Vegetation Wurzelboden findet, und sich jenes wilde Gestrüpp ausbreitet, welches ein so wesentliches Element der Vertheidigungsmittel von Schumla ausmacht. Weiter hinan wird der Abhang steiler und schroffer. Felsen treten hier und dort zu Tage, bis hoch oben der

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/199
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/199>, abgerufen am 06.05.2024.