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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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stellt, um alle Persönlichkeiten, die dabei ins Spiel kommen, so vollständig
als möglich zu zeichnen. Der anekdotische Theil des Romans ist daher auch
sehr interessant, dagegen ist es dem Versasser nicht gelungen, den eigentlich
novellistischen Inhalt so anzulegen, daß dadurch eine befriedigende künstlerische
Einheit des Werks hervorgebracht würde. -- Hr. Breicr hat schon früher
in verschiedenen historischen und socialen Romanen die Wiener Sitten zu
schildern versucht. Wir nennen darunter: die Geheimnisse von Wien; die
Rosenkreuzer in Wien laus der Zeit Josephs II.) und die Sumpfvögel. --


I-of NoKiv-ins ein- Paris, par alex. vumas. loup I. II. UI. vruxvlles vt
l.c!ip?.i8, Solmvl- vt Comp. --
Die Mohikaner von Paris. Roman von Alex. Dumas. Aus dem Fran¬
zösischen von L. v. Alvensleben. Band 1. 2. 3. Brüssel u. Leipzig,
August Schnee. --
Alex. Dumas Schriften. Neue Reihe. Herausgegeben von F. Heine und
A. Diezmann. Bd. 63--68. Leipzig, Kollmann. --

Herr Dumas zeigt in diesem Roman, daß er sich in den Mysterien der
Gesellschaft mit ebenso großer Virtuosität zu bewegen versteht, als sein Vor¬
bild Eugen Sue; doch neigt sich seine Einbildungskraft mehr zu solchen Scenen,
die uns durch unerhörte Combinationen in Erstaunen setzen, als zu den
schauerlich rührenden Nachtbildern, in denen Eugen Sue Meister ist. In der
seinen anatomischen Zersetzung des Lebens übertreffen ihn viele der jüngern
Novellisten, namentlich sein eigner Sohn, der Dichter der Camcliendamc,
Murger und andere. An einen eigentlich sittlichen Gehalt ist ebensowenig
Zu denken, als an eine künstlerische Komposition. Wir haben nur eine lose
aneinandergefädeltc Reihe bunter und mannigfaltig bewegter Scenen. --


^ I'-igo da ein" cle Lavoic. pur ^lex. II um-,". loinv I. II. üruxvllos et
I.oipx>g, KicüZiiUnj;, Sclinos ot (!omp. --
Der Page des Herzogs von Savoyen von Alex. Dumas. Aus dem
Französischen vou L. v. Alvensleben. Band 1. 2. Brüssel u. Leipzig,
August Schnee. --

Die Ungenirtheit der Phantasie, mit welcher Herr Dumas die gegebenen
historischen Ereignisse zu seinen Zwecken ausbeutet, ist allgemein bekannt. Wo
ihm ein recht tüchtiger Effect nöthig ist, kommt es ihm nicht im geringsten
darauf an, den Dr. Martin Luther incognito zu den Mongolen reisen und
dort eine Verschwörung zum Umsturz des russischen Reiches anstiften zu lassen.
Nach dem, was er in dieser Beziehung in den drei Musketieren geleistet, laßt
steh kaum erwarten, daß er im Stande sein würde, sich selbst zu überbieten.
Wenigstens hat er im vorliegenden Roman alles Mögliche darangesetzt, hinter


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stellt, um alle Persönlichkeiten, die dabei ins Spiel kommen, so vollständig
als möglich zu zeichnen. Der anekdotische Theil des Romans ist daher auch
sehr interessant, dagegen ist es dem Versasser nicht gelungen, den eigentlich
novellistischen Inhalt so anzulegen, daß dadurch eine befriedigende künstlerische
Einheit des Werks hervorgebracht würde. — Hr. Breicr hat schon früher
in verschiedenen historischen und socialen Romanen die Wiener Sitten zu
schildern versucht. Wir nennen darunter: die Geheimnisse von Wien; die
Rosenkreuzer in Wien laus der Zeit Josephs II.) und die Sumpfvögel. —


I-of NoKiv-ins ein- Paris, par alex. vumas. loup I. II. UI. vruxvlles vt
l.c!ip?.i8, Solmvl- vt Comp. —
Die Mohikaner von Paris. Roman von Alex. Dumas. Aus dem Fran¬
zösischen von L. v. Alvensleben. Band 1. 2. 3. Brüssel u. Leipzig,
August Schnee. —
Alex. Dumas Schriften. Neue Reihe. Herausgegeben von F. Heine und
A. Diezmann. Bd. 63—68. Leipzig, Kollmann. —

Herr Dumas zeigt in diesem Roman, daß er sich in den Mysterien der
Gesellschaft mit ebenso großer Virtuosität zu bewegen versteht, als sein Vor¬
bild Eugen Sue; doch neigt sich seine Einbildungskraft mehr zu solchen Scenen,
die uns durch unerhörte Combinationen in Erstaunen setzen, als zu den
schauerlich rührenden Nachtbildern, in denen Eugen Sue Meister ist. In der
seinen anatomischen Zersetzung des Lebens übertreffen ihn viele der jüngern
Novellisten, namentlich sein eigner Sohn, der Dichter der Camcliendamc,
Murger und andere. An einen eigentlich sittlichen Gehalt ist ebensowenig
Zu denken, als an eine künstlerische Komposition. Wir haben nur eine lose
aneinandergefädeltc Reihe bunter und mannigfaltig bewegter Scenen. —


^ I'-igo da ein« cle Lavoic. pur ^lex. II um-,«. loinv I. II. üruxvllos et
I.oipx>g, KicüZiiUnj;, Sclinos ot (!omp. —
Der Page des Herzogs von Savoyen von Alex. Dumas. Aus dem
Französischen vou L. v. Alvensleben. Band 1. 2. Brüssel u. Leipzig,
August Schnee. —

Die Ungenirtheit der Phantasie, mit welcher Herr Dumas die gegebenen
historischen Ereignisse zu seinen Zwecken ausbeutet, ist allgemein bekannt. Wo
ihm ein recht tüchtiger Effect nöthig ist, kommt es ihm nicht im geringsten
darauf an, den Dr. Martin Luther incognito zu den Mongolen reisen und
dort eine Verschwörung zum Umsturz des russischen Reiches anstiften zu lassen.
Nach dem, was er in dieser Beziehung in den drei Musketieren geleistet, laßt
steh kaum erwarten, daß er im Stande sein würde, sich selbst zu überbieten.
Wenigstens hat er im vorliegenden Roman alles Mögliche darangesetzt, hinter


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/347>, abgerufen am 06.05.2024.