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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

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doch auch der Fall. Menzels Bild auf der vorigen Ausstellung "Ein
Flötenconcert in Sanssouci" war (abgesehen von dem Anziehenderen des Gegen¬
standes), auch in dieser Hinsicht entschieden diesem vorzuziehen. Möchte
Herr Menzel doch nicht auf diesem Wege weitergehen, und sich vor Manieris¬
mus hüten. Etwas Manier wollen wir schon gern bei so bedeutenden und
originellen Leistungen, wie die Menzels sind, mitnehmen, aber es hat doch
alles sein Maß.

Schließlich erwähne ich in diesem Theile meines Berichts noch eines
großen-Cartons von Teschner, der sich erst seit kurzer Zeit auf der Ausstellung
befindet; es ist ein Carton zu einem Glasfenster für den Münster zu Aachen,
der die "Krönung Marias" zum Gegenstand hat; der Entwurf ist von
Cornelius. Der Carton ist fleißig und mit Liebe gezeichnet; auch ist der
äußerliche Typus der Corneliusschcn Physiognomien festgehalten; aber es fehlt
doch die Kraft und das Mark, welches Cornelius seinen Gestalten verleiht;
vor allem aber vermissen wir die ergreifende Allgewalt des Ausdrucks und
können so nicht recht warm werden. --




Amerikanische Zustände.
Die Sklavenfrage in den Vereinigten Staaten. Geschichtlich entwickelt
von Friedrich Kapp. Göttingen, Georg H. Wigand. --
Der Ansiedler im Missouri-Staate. Den deutschen Auswanderern gewidmet
von Graf Adelbert Baudissin, in Portland (Missouri). Mit einer
Specialkarte von Missouri. Iserlohn, Julius Bädeckcr. --

Die große Frage, die-gegenwärtig ganz Europa in Athem hält, hat die
Aufmerksamkeit des eigentlichen Publicums von den Ereignissen, die sich jenseits
des atlantischen Oceans vorbereiten, wenigstens theilweise abgelenkt, wenn
auch die Beziehungen Europas zu Amerika in ununterbrochener Continuität
fortdauern, ja durch die Fluth der Auswandrung in stetigem Wachsthum be¬
griffen sind. Je wichtiger die nordamerikanischen Freistaaten für die Zukunft
der Weltgeschichte sein müssen, um so leichtsinniger erscheint es uns, nach ober¬
flächlicher Kenntnißnahme den Europäern Vorurtheile für oder gegen dieselben
einzuflößen, Noch vor ganz kurzer Zeit Haben wir das Publicum davor
gewarnt, den Ansichten der meisten unsrer Zeitschriften, die aus Amerika gern
ein zweites Sodom machen möchten, voreiligen Glauben zu schenken. Daß in
den Freistaaten nicht alles so ist, wie es sein sollte, daß sich neben primitiver
Rohheit hin und wieder auch bereits die Depravation einer verwilderten Cultur
einstellt, läßt sich allerdings nicht ableugnen. Aber einmal glaubten wir sehr


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doch auch der Fall. Menzels Bild auf der vorigen Ausstellung „Ein
Flötenconcert in Sanssouci" war (abgesehen von dem Anziehenderen des Gegen¬
standes), auch in dieser Hinsicht entschieden diesem vorzuziehen. Möchte
Herr Menzel doch nicht auf diesem Wege weitergehen, und sich vor Manieris¬
mus hüten. Etwas Manier wollen wir schon gern bei so bedeutenden und
originellen Leistungen, wie die Menzels sind, mitnehmen, aber es hat doch
alles sein Maß.

Schließlich erwähne ich in diesem Theile meines Berichts noch eines
großen-Cartons von Teschner, der sich erst seit kurzer Zeit auf der Ausstellung
befindet; es ist ein Carton zu einem Glasfenster für den Münster zu Aachen,
der die „Krönung Marias" zum Gegenstand hat; der Entwurf ist von
Cornelius. Der Carton ist fleißig und mit Liebe gezeichnet; auch ist der
äußerliche Typus der Corneliusschcn Physiognomien festgehalten; aber es fehlt
doch die Kraft und das Mark, welches Cornelius seinen Gestalten verleiht;
vor allem aber vermissen wir die ergreifende Allgewalt des Ausdrucks und
können so nicht recht warm werden. —




Amerikanische Zustände.
Die Sklavenfrage in den Vereinigten Staaten. Geschichtlich entwickelt
von Friedrich Kapp. Göttingen, Georg H. Wigand. —
Der Ansiedler im Missouri-Staate. Den deutschen Auswanderern gewidmet
von Graf Adelbert Baudissin, in Portland (Missouri). Mit einer
Specialkarte von Missouri. Iserlohn, Julius Bädeckcr. —

Die große Frage, die-gegenwärtig ganz Europa in Athem hält, hat die
Aufmerksamkeit des eigentlichen Publicums von den Ereignissen, die sich jenseits
des atlantischen Oceans vorbereiten, wenigstens theilweise abgelenkt, wenn
auch die Beziehungen Europas zu Amerika in ununterbrochener Continuität
fortdauern, ja durch die Fluth der Auswandrung in stetigem Wachsthum be¬
griffen sind. Je wichtiger die nordamerikanischen Freistaaten für die Zukunft
der Weltgeschichte sein müssen, um so leichtsinniger erscheint es uns, nach ober¬
flächlicher Kenntnißnahme den Europäern Vorurtheile für oder gegen dieselben
einzuflößen, Noch vor ganz kurzer Zeit Haben wir das Publicum davor
gewarnt, den Ansichten der meisten unsrer Zeitschriften, die aus Amerika gern
ein zweites Sodom machen möchten, voreiligen Glauben zu schenken. Daß in
den Freistaaten nicht alles so ist, wie es sein sollte, daß sich neben primitiver
Rohheit hin und wieder auch bereits die Depravation einer verwilderten Cultur
einstellt, läßt sich allerdings nicht ableugnen. Aber einmal glaubten wir sehr


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/155>, abgerufen am 06.05.2024.