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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

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so fanden wir doch die Bilderwitze des Kladderadatsch und -- nicht zu vergessen
-- die des Leipziger Dorfbarbiers -- über die orientalische Frage in belgischen,
und soweit es das französische Preßgesetz erlaubte, auch in französischen Chari-
varis treulich abgeklatscht. --^




Die leitenden Staatsmänner Oestreichs.
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Von der Meisterhand Kniehubers wurde in diesen Tagen das trefflich
gelungene Porträt des Grafen Buol-Schauenstein nach der Natur gezeichnet
und durch den Steindruck der Oeffentlichkeit übergeben. Man kann mit berech¬
tigter Anwendung einer oft mißbrauchten Phrase behaupten, daß durch dieses
Kunstblatt einem lange gefühlten Bedürfniß begegnet wurde. Graf Buol ge¬
hört heute im besten Sinne des Wortes zu den populärsten Männern Europas.
Er ist populär in Kreisen, welche sonst mit Geringschätzung von Popularität
sprechen, populär in den Cabineten der Fürsten und Diplomaten. Aber ebenso
populär in allen Volksclassen, soweit dieselben den größeren politischen Inter¬
essen zugänglich und einer Theilnahme an der Zeitgeschichte fähig sind. Das
Porträt zeigt uns einen Mann in den Funfziger, von edler, freier Haltung,
in dem üblichen staatsmännischen, einfachen Gewand. Nur ein Orden schmückt
die Brust des Ministers, es ist das Großkreuz des östreichischen Se. Leo¬
poldsordens. Hiermit allein sollte der leitende Gedanke, der Stolz und das
Selbstgefühl des Mannes ausgedrückt werden, in dessen Händen factisch seit
Beginn der jetzigen europäischen Verwicklung die diplomatische, Entscheidung
ruht. Der feingeformte Kopf und der helle Blick sind, der, künstlerischen wie
der politischen Auffassung angemessen, vom Körper abgewendet hinaus ins Freie
gerichtet, ruhig die Welt überblickend, deren stürmisches Treiben jetzt die ganze
Seele des Staatsmannes in Spannung hält. Die schöngewölbte Stirn, die
Nase von classischem Schnitt, der Mund fest geschlossen, aber von einem Zuge
selbstzufriedenen Wohlwollens belebt, das Kinn hervorragend, weich gerundet,
Kopf- und Barthaar in schlichter Eleganz -- so gibt das Bild den ganzen
Eindruck wieder, den der Geist nach den Aeußerungen und Thaten des Mannes,
von dessen Wesen empfangen hat. Es ist eins von jenen wahrhaft aristokra¬
tischen Gesichtern, an welchen der, Continent fast täglich ärmer wird, wäh¬
rend sich im britischen Inselreiche dieser Typus noch ziemlich rein erhalten
hat. Wer dem Grafen näher steht, kann auch in dessen Sprache u"v


so fanden wir doch die Bilderwitze des Kladderadatsch und — nicht zu vergessen
— die des Leipziger Dorfbarbiers — über die orientalische Frage in belgischen,
und soweit es das französische Preßgesetz erlaubte, auch in französischen Chari-
varis treulich abgeklatscht. —^




Die leitenden Staatsmänner Oestreichs.
!^ -Jelde

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Von der Meisterhand Kniehubers wurde in diesen Tagen das trefflich
gelungene Porträt des Grafen Buol-Schauenstein nach der Natur gezeichnet
und durch den Steindruck der Oeffentlichkeit übergeben. Man kann mit berech¬
tigter Anwendung einer oft mißbrauchten Phrase behaupten, daß durch dieses
Kunstblatt einem lange gefühlten Bedürfniß begegnet wurde. Graf Buol ge¬
hört heute im besten Sinne des Wortes zu den populärsten Männern Europas.
Er ist populär in Kreisen, welche sonst mit Geringschätzung von Popularität
sprechen, populär in den Cabineten der Fürsten und Diplomaten. Aber ebenso
populär in allen Volksclassen, soweit dieselben den größeren politischen Inter¬
essen zugänglich und einer Theilnahme an der Zeitgeschichte fähig sind. Das
Porträt zeigt uns einen Mann in den Funfziger, von edler, freier Haltung,
in dem üblichen staatsmännischen, einfachen Gewand. Nur ein Orden schmückt
die Brust des Ministers, es ist das Großkreuz des östreichischen Se. Leo¬
poldsordens. Hiermit allein sollte der leitende Gedanke, der Stolz und das
Selbstgefühl des Mannes ausgedrückt werden, in dessen Händen factisch seit
Beginn der jetzigen europäischen Verwicklung die diplomatische, Entscheidung
ruht. Der feingeformte Kopf und der helle Blick sind, der, künstlerischen wie
der politischen Auffassung angemessen, vom Körper abgewendet hinaus ins Freie
gerichtet, ruhig die Welt überblickend, deren stürmisches Treiben jetzt die ganze
Seele des Staatsmannes in Spannung hält. Die schöngewölbte Stirn, die
Nase von classischem Schnitt, der Mund fest geschlossen, aber von einem Zuge
selbstzufriedenen Wohlwollens belebt, das Kinn hervorragend, weich gerundet,
Kopf- und Barthaar in schlichter Eleganz — so gibt das Bild den ganzen
Eindruck wieder, den der Geist nach den Aeußerungen und Thaten des Mannes,
von dessen Wesen empfangen hat. Es ist eins von jenen wahrhaft aristokra¬
tischen Gesichtern, an welchen der, Continent fast täglich ärmer wird, wäh¬
rend sich im britischen Inselreiche dieser Typus noch ziemlich rein erhalten
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/432>, abgerufen am 06.05.2024.