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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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In dieser höchsten Noth hat man folgenden Ausweg ergriffen. Die Re¬
gierungen von Oestreich und Preußen, welche als Vermittler und Mitgaranten
des Berliner Abkommens vom Jahre -1825 und als Mitfasser des hierauf fußen¬
der einstimmigen BnndeSl'eschlusses vom 24. Juli 1828 nur darauf zu achten
hatten, daß die rechtliche Entscheidung des Processes durch nichts ausgehalten und
beeinträchtigt würde, haben, besonders die letztere, seit dem Jahre -1842 ihre
Sympathien für die klägerische ausländische und von der englischen, wie der nie¬
derländischen Regierung lebhaft unterstützte Partei offen an den Tag gelegt und
jetzt, nachdem sich eine lang drohende und gedrohte Einmischung des Bundestages
in den Proceß zu Gunsten der in erster Instanz unterlegenen Partei als eine
Unmöglichkeit erwiesen, das gegenwärtige vloenburgische Ministerium!, worin der
Justizminister, zugleich Minister des Auswärtigen, ein Schwager des Klägers ist,
im Widerspruch mit dem bisherigen langjährigen, gerechten und festen Verhalten
der großhevzoglichen Negierung in der Bentinckschen Sache vermocht, Vergleichs¬
vorschläge zu machen, nach welchen Oldenburg das gesanunte Aldcnbnrgische
Fideicommiß für eine Summe Geldes kaufen will, von welcher der Kläger zwei,
der Beklagte ein Drittel erhalten soll, um vou den übrigen den Kläger vor dem
Beklagten begünstigenden Bedingungen nicht zu reden. Sowie diese Bedin¬
gungen die Genehmigung der deutschen Großmächte erhalten haben und ohne
Zweifel von ihnen selbst vorgeschrieben waren, so ist natürlich der Kläger,
welcher die Vermittlung beider angerufen hatte, anch darauf eingegangen:
muß er doch täglich fürchten, dnrch ein zweites ihm ungünstiges Urtheil
jeder Hoffnung für immer verlustig zu gehe". Den Beklagten dagegen
sucht das oldenburgische Ministerium einzuschüchtern und ihn zum Aufgeben
seines ihm in erster Instanz als sein rechtmäßiges Eigenthum zuerkannten
väterlichen Erbes durch die Drohung zu zwingen, daß es ihn, wenn er die
ihm ungünstigen und in dem umgekehrten Verhältniß zu der Sachlage stehen¬
den Bedingungen nicht annehme, aus dem Besitze setzen werde. In diesem
Besitze war er nach dem Tode seines Vaters von der großherzoglichen Negierung
anerkannt. Wie sollte sie also, nachdem sie ihn zwanzig Jahre darin belassen,
nachdem er im Jahre -1842 den Proceß in erster Instanz mit Glanz gewonnen
hat und da jetzt eine Entscheidung zweiter und vielleicht -- wenn sie nämlich
das Jenaer Urtheil bestätigt -- letzter Instanz bevorsteht, aus Eigennutz oder
aus Willfährigkeit gegen Mächtigere ihr früheres ehrenwerthes Betragen auf-
geben können?! Wir vertrauen, daß der junge Groszherzog seinen Ministern
nicht gestatten werde, seine Regierung in einen solchen Widerspruch mit derjenigen
seines durch Gerechtigkeitsliebe ausgezeichnete" Vaters zu bringen, und von der
Gießener juristischen Facultät ist zu hoffen, daß sie ihre Entscheidung beschleuni¬
gen und den Protectoren der einen Partei nicht mehr die Zeit zum Zustandc-
bringen eiues erzwungenen Vergleiches lassen werde.




In dieser höchsten Noth hat man folgenden Ausweg ergriffen. Die Re¬
gierungen von Oestreich und Preußen, welche als Vermittler und Mitgaranten
des Berliner Abkommens vom Jahre -1825 und als Mitfasser des hierauf fußen¬
der einstimmigen BnndeSl'eschlusses vom 24. Juli 1828 nur darauf zu achten
hatten, daß die rechtliche Entscheidung des Processes durch nichts ausgehalten und
beeinträchtigt würde, haben, besonders die letztere, seit dem Jahre -1842 ihre
Sympathien für die klägerische ausländische und von der englischen, wie der nie¬
derländischen Regierung lebhaft unterstützte Partei offen an den Tag gelegt und
jetzt, nachdem sich eine lang drohende und gedrohte Einmischung des Bundestages
in den Proceß zu Gunsten der in erster Instanz unterlegenen Partei als eine
Unmöglichkeit erwiesen, das gegenwärtige vloenburgische Ministerium!, worin der
Justizminister, zugleich Minister des Auswärtigen, ein Schwager des Klägers ist,
im Widerspruch mit dem bisherigen langjährigen, gerechten und festen Verhalten
der großhevzoglichen Negierung in der Bentinckschen Sache vermocht, Vergleichs¬
vorschläge zu machen, nach welchen Oldenburg das gesanunte Aldcnbnrgische
Fideicommiß für eine Summe Geldes kaufen will, von welcher der Kläger zwei,
der Beklagte ein Drittel erhalten soll, um vou den übrigen den Kläger vor dem
Beklagten begünstigenden Bedingungen nicht zu reden. Sowie diese Bedin¬
gungen die Genehmigung der deutschen Großmächte erhalten haben und ohne
Zweifel von ihnen selbst vorgeschrieben waren, so ist natürlich der Kläger,
welcher die Vermittlung beider angerufen hatte, anch darauf eingegangen:
muß er doch täglich fürchten, dnrch ein zweites ihm ungünstiges Urtheil
jeder Hoffnung für immer verlustig zu gehe». Den Beklagten dagegen
sucht das oldenburgische Ministerium einzuschüchtern und ihn zum Aufgeben
seines ihm in erster Instanz als sein rechtmäßiges Eigenthum zuerkannten
väterlichen Erbes durch die Drohung zu zwingen, daß es ihn, wenn er die
ihm ungünstigen und in dem umgekehrten Verhältniß zu der Sachlage stehen¬
den Bedingungen nicht annehme, aus dem Besitze setzen werde. In diesem
Besitze war er nach dem Tode seines Vaters von der großherzoglichen Negierung
anerkannt. Wie sollte sie also, nachdem sie ihn zwanzig Jahre darin belassen,
nachdem er im Jahre -1842 den Proceß in erster Instanz mit Glanz gewonnen
hat und da jetzt eine Entscheidung zweiter und vielleicht — wenn sie nämlich
das Jenaer Urtheil bestätigt — letzter Instanz bevorsteht, aus Eigennutz oder
aus Willfährigkeit gegen Mächtigere ihr früheres ehrenwerthes Betragen auf-
geben können?! Wir vertrauen, daß der junge Groszherzog seinen Ministern
nicht gestatten werde, seine Regierung in einen solchen Widerspruch mit derjenigen
seines durch Gerechtigkeitsliebe ausgezeichnete» Vaters zu bringen, und von der
Gießener juristischen Facultät ist zu hoffen, daß sie ihre Entscheidung beschleuni¬
gen und den Protectoren der einen Partei nicht mehr die Zeit zum Zustandc-
bringen eiues erzwungenen Vergleiches lassen werde.




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[0069] In dieser höchsten Noth hat man folgenden Ausweg ergriffen. Die Re¬ gierungen von Oestreich und Preußen, welche als Vermittler und Mitgaranten des Berliner Abkommens vom Jahre -1825 und als Mitfasser des hierauf fußen¬ der einstimmigen BnndeSl'eschlusses vom 24. Juli 1828 nur darauf zu achten hatten, daß die rechtliche Entscheidung des Processes durch nichts ausgehalten und beeinträchtigt würde, haben, besonders die letztere, seit dem Jahre -1842 ihre Sympathien für die klägerische ausländische und von der englischen, wie der nie¬ derländischen Regierung lebhaft unterstützte Partei offen an den Tag gelegt und jetzt, nachdem sich eine lang drohende und gedrohte Einmischung des Bundestages in den Proceß zu Gunsten der in erster Instanz unterlegenen Partei als eine Unmöglichkeit erwiesen, das gegenwärtige vloenburgische Ministerium!, worin der Justizminister, zugleich Minister des Auswärtigen, ein Schwager des Klägers ist, im Widerspruch mit dem bisherigen langjährigen, gerechten und festen Verhalten der großhevzoglichen Negierung in der Bentinckschen Sache vermocht, Vergleichs¬ vorschläge zu machen, nach welchen Oldenburg das gesanunte Aldcnbnrgische Fideicommiß für eine Summe Geldes kaufen will, von welcher der Kläger zwei, der Beklagte ein Drittel erhalten soll, um vou den übrigen den Kläger vor dem Beklagten begünstigenden Bedingungen nicht zu reden. Sowie diese Bedin¬ gungen die Genehmigung der deutschen Großmächte erhalten haben und ohne Zweifel von ihnen selbst vorgeschrieben waren, so ist natürlich der Kläger, welcher die Vermittlung beider angerufen hatte, anch darauf eingegangen: muß er doch täglich fürchten, dnrch ein zweites ihm ungünstiges Urtheil jeder Hoffnung für immer verlustig zu gehe». Den Beklagten dagegen sucht das oldenburgische Ministerium einzuschüchtern und ihn zum Aufgeben seines ihm in erster Instanz als sein rechtmäßiges Eigenthum zuerkannten väterlichen Erbes durch die Drohung zu zwingen, daß es ihn, wenn er die ihm ungünstigen und in dem umgekehrten Verhältniß zu der Sachlage stehen¬ den Bedingungen nicht annehme, aus dem Besitze setzen werde. In diesem Besitze war er nach dem Tode seines Vaters von der großherzoglichen Negierung anerkannt. Wie sollte sie also, nachdem sie ihn zwanzig Jahre darin belassen, nachdem er im Jahre -1842 den Proceß in erster Instanz mit Glanz gewonnen hat und da jetzt eine Entscheidung zweiter und vielleicht — wenn sie nämlich das Jenaer Urtheil bestätigt — letzter Instanz bevorsteht, aus Eigennutz oder aus Willfährigkeit gegen Mächtigere ihr früheres ehrenwerthes Betragen auf- geben können?! Wir vertrauen, daß der junge Groszherzog seinen Ministern nicht gestatten werde, seine Regierung in einen solchen Widerspruch mit derjenigen seines durch Gerechtigkeitsliebe ausgezeichnete» Vaters zu bringen, und von der Gießener juristischen Facultät ist zu hoffen, daß sie ihre Entscheidung beschleuni¬ gen und den Protectoren der einen Partei nicht mehr die Zeit zum Zustandc- bringen eiues erzwungenen Vergleiches lassen werde.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/68>, abgerufen am 06.05.2024.