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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.

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zu Tage, daß die Herren dem Bacchus mitunter kräftig opferten, und alle sich,
nach ihrer Art, auch tüchtig lustig machten, versteht sich von selbst. Alle Ho¬
noratioren, einige schon geputzt, andere noch in der ausgesuchtesten Morgen¬
kleidung, versammelten sich gewöhnlich vor dem Essen im Hinterhofe, um einen
kleinen runden steinernen Tisch, das Täseli genannt, wo sie in der Regel
sich auch nach der Mahlzeit wieder einzusinken pflegten. Hier ward mit Ge¬
müthlichkeit alles in die Länge und Breite beschwatzt, keine Neuigkeit unbehan-
delt gelassen, und mancher sinnreiche, feinverblümte Scherz gewagt und angehört.
Die Heimfahrt von Baden geschah meistens auch sehr abgemessen und lang¬
samen Schrittes. Nach vielfachen, breiten und wortreich abgeleierten Empfeh-
lnngs- und Abschiedsformularen, endlich in die schwerfälligen Kutschen ver¬
packt, fuhr man im Schritt, langsam und noch aus dem Schlage rechts und
links salutirend, die Halde hinauf." --

Jetzt hat Baden in der Schweiz einem nahen Rivalen innerhalb der
deutschen Grenzen sein altes Privilegium, das eleganteste Weltbad zu sein,
abtreten müssen, es ist ein ehrlicher, bescheidener Sommeraufenthalt geworden,
der sich wenig von einem halben Hundert ähnlicher Institute unterscheidet.
Noch kann man, nicht in Baden selbst, aber in andern Badeorten der Schweiz
die uralte Einrichtung, daß die von gleichem Geschlecht zusammen in demselben
Bassin baden und sich dabei in ungezwungener Weise amüsiren, beobachten, und
noch jetzt stehen in dem tenter Bad die Galerien um das Bad, von denen aus
jeder Fremde die Badenden beobachten kann. Aber das Treiben der Men¬
schen hat auch sür diese Wochen des Müßiggangs andere Formen angenom¬
men, und die bekränzten Mädchen Poggios, die kostbaren Suppen aus der
Zeit Pantaleons, die leichtsinnigen Patriciermädchen , welche mit fremden
Kavalieren trotz Bräutigam und Vater von Bad zu Bad ziehen, sind ver¬
schwunden, und vergessen ist das langweilige Ceremoniell, durch welches die
einzelnen Stände sich wie Kasten voneinander abschlossen. -- Wie man auch
M allen diesen Perioden des Badelebens die gute alte Zeit suchen, wir fin¬
den nur wenig,, was wir zurückzusehnen ein Recht haben.




Klaus Groth und Qtto Speckter.

Das letzte Jahrzehnt hat auf dem Gebiete der zeichnenden Künste eine
Reihe von Instituten und Produktionen entstehen sehen, welche denselben eine
größere Popularität erworben haben. Die Kunstvereine und die zahllosen Jllu-


zu Tage, daß die Herren dem Bacchus mitunter kräftig opferten, und alle sich,
nach ihrer Art, auch tüchtig lustig machten, versteht sich von selbst. Alle Ho¬
noratioren, einige schon geputzt, andere noch in der ausgesuchtesten Morgen¬
kleidung, versammelten sich gewöhnlich vor dem Essen im Hinterhofe, um einen
kleinen runden steinernen Tisch, das Täseli genannt, wo sie in der Regel
sich auch nach der Mahlzeit wieder einzusinken pflegten. Hier ward mit Ge¬
müthlichkeit alles in die Länge und Breite beschwatzt, keine Neuigkeit unbehan-
delt gelassen, und mancher sinnreiche, feinverblümte Scherz gewagt und angehört.
Die Heimfahrt von Baden geschah meistens auch sehr abgemessen und lang¬
samen Schrittes. Nach vielfachen, breiten und wortreich abgeleierten Empfeh-
lnngs- und Abschiedsformularen, endlich in die schwerfälligen Kutschen ver¬
packt, fuhr man im Schritt, langsam und noch aus dem Schlage rechts und
links salutirend, die Halde hinauf." —

Jetzt hat Baden in der Schweiz einem nahen Rivalen innerhalb der
deutschen Grenzen sein altes Privilegium, das eleganteste Weltbad zu sein,
abtreten müssen, es ist ein ehrlicher, bescheidener Sommeraufenthalt geworden,
der sich wenig von einem halben Hundert ähnlicher Institute unterscheidet.
Noch kann man, nicht in Baden selbst, aber in andern Badeorten der Schweiz
die uralte Einrichtung, daß die von gleichem Geschlecht zusammen in demselben
Bassin baden und sich dabei in ungezwungener Weise amüsiren, beobachten, und
noch jetzt stehen in dem tenter Bad die Galerien um das Bad, von denen aus
jeder Fremde die Badenden beobachten kann. Aber das Treiben der Men¬
schen hat auch sür diese Wochen des Müßiggangs andere Formen angenom¬
men, und die bekränzten Mädchen Poggios, die kostbaren Suppen aus der
Zeit Pantaleons, die leichtsinnigen Patriciermädchen , welche mit fremden
Kavalieren trotz Bräutigam und Vater von Bad zu Bad ziehen, sind ver¬
schwunden, und vergessen ist das langweilige Ceremoniell, durch welches die
einzelnen Stände sich wie Kasten voneinander abschlossen. — Wie man auch
M allen diesen Perioden des Badelebens die gute alte Zeit suchen, wir fin¬
den nur wenig,, was wir zurückzusehnen ein Recht haben.




Klaus Groth und Qtto Speckter.

Das letzte Jahrzehnt hat auf dem Gebiete der zeichnenden Künste eine
Reihe von Instituten und Produktionen entstehen sehen, welche denselben eine
größere Popularität erworben haben. Die Kunstvereine und die zahllosen Jllu-


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[0223] zu Tage, daß die Herren dem Bacchus mitunter kräftig opferten, und alle sich, nach ihrer Art, auch tüchtig lustig machten, versteht sich von selbst. Alle Ho¬ noratioren, einige schon geputzt, andere noch in der ausgesuchtesten Morgen¬ kleidung, versammelten sich gewöhnlich vor dem Essen im Hinterhofe, um einen kleinen runden steinernen Tisch, das Täseli genannt, wo sie in der Regel sich auch nach der Mahlzeit wieder einzusinken pflegten. Hier ward mit Ge¬ müthlichkeit alles in die Länge und Breite beschwatzt, keine Neuigkeit unbehan- delt gelassen, und mancher sinnreiche, feinverblümte Scherz gewagt und angehört. Die Heimfahrt von Baden geschah meistens auch sehr abgemessen und lang¬ samen Schrittes. Nach vielfachen, breiten und wortreich abgeleierten Empfeh- lnngs- und Abschiedsformularen, endlich in die schwerfälligen Kutschen ver¬ packt, fuhr man im Schritt, langsam und noch aus dem Schlage rechts und links salutirend, die Halde hinauf." — Jetzt hat Baden in der Schweiz einem nahen Rivalen innerhalb der deutschen Grenzen sein altes Privilegium, das eleganteste Weltbad zu sein, abtreten müssen, es ist ein ehrlicher, bescheidener Sommeraufenthalt geworden, der sich wenig von einem halben Hundert ähnlicher Institute unterscheidet. Noch kann man, nicht in Baden selbst, aber in andern Badeorten der Schweiz die uralte Einrichtung, daß die von gleichem Geschlecht zusammen in demselben Bassin baden und sich dabei in ungezwungener Weise amüsiren, beobachten, und noch jetzt stehen in dem tenter Bad die Galerien um das Bad, von denen aus jeder Fremde die Badenden beobachten kann. Aber das Treiben der Men¬ schen hat auch sür diese Wochen des Müßiggangs andere Formen angenom¬ men, und die bekränzten Mädchen Poggios, die kostbaren Suppen aus der Zeit Pantaleons, die leichtsinnigen Patriciermädchen , welche mit fremden Kavalieren trotz Bräutigam und Vater von Bad zu Bad ziehen, sind ver¬ schwunden, und vergessen ist das langweilige Ceremoniell, durch welches die einzelnen Stände sich wie Kasten voneinander abschlossen. — Wie man auch M allen diesen Perioden des Badelebens die gute alte Zeit suchen, wir fin¬ den nur wenig,, was wir zurückzusehnen ein Recht haben. Klaus Groth und Qtto Speckter. Das letzte Jahrzehnt hat auf dem Gebiete der zeichnenden Künste eine Reihe von Instituten und Produktionen entstehen sehen, welche denselben eine größere Popularität erworben haben. Die Kunstvereine und die zahllosen Jllu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_100453/223>, abgerufen am 27.04.2024.