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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.

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Die deutsche Glasmalerei,

Die deutsche Glasmalerei. Geschichtlicher Entwurf mit Belegen von Wil¬
helm Wackernagel. Leipzig, S. Hirzel. 1833. --

Der Umstand, daß die Stadt Basel in den letzten Jahren ihren restau-
rirten Münster mit gemalten Glasfenstern zu versehen beschloß, veranlaßte den
berühmten Gelehrten zu einigen öffentlichen Vorträgen über Entstehung und
Entwicklung der Glasmalerei im Mittelalter. Aus diesen Vorträgen entstand
das angezeigte Buch, eine gediegene Arbeit, welcher die strenge wissenschaft¬
liche Methode und die Kenntniß des deutschen Alterthums, die den Verfasser
auszeichnen, einen hohen Werth geben. Das Werk ist als ein glänzender
Beitrag zu der Geschichte unsrer Kunst zu empfehlen. -- Für die Leser d. Bl.
wird in dem Folgenden ein kurzer Abriß von dem gegeben, was sie, mit Aus¬
nahme deS Schlusses, in dem Werke selbst in ausführlicher Darstellung finden.

Schon im Buch Hiob ist das Glas erwähnt, vielleicht die Inder, sicher
die Aegypter, Phönizier, Griechen, Etrusker, Römer gebrauchten es, die Römer
zu Gefäßen, selten aber farblos, und auch das farblose mit einem blaurothen
oder grünen Schein, von den Farben am häufigsten blau bis zur dunkeln
Undurchsichtigkeit. Oft wurden für Vasen und andere kostbare Geräthe mehre
Lagen verschiedenfarbiges Glas übereinandergegossen, um den geschätzten
Sardonyr nachzuahmen. Auch falsche Edelsteine wurden von Glasfluß gefer¬
tigt, besonders um Ge^ ^en und Cameen wohlfeiler herzustellen. Kaum aber
ist eine Spur vorhanden, .daß das alte Rom schon eigentliches Tafelglas gekannt
habe. Und wie der NöiKer, verstand auch der Germane und der Gallier
schon zur Heidenzeit, Glas zu machen. In unseren Heidengräbern finden sich
z. B. als Schmuck kleine Angeln in Perleuform von verschiedenen Farben,
zuweilen vergoldet und moscMrtig verziert. Aber bis tief in das Mittelalter
^jrem goß man das Glas in.den Oefen fast nur wie die Römer zu Schmuck
l"Md kleinem Geräth, z. B. zu Fingerringen und zu Griffeln, mit denen in
Wachsfläche der Schreibtafeln geschrieben wurde, zu Lampen, zu Glocken,
mit denen man die Lichter gegen das Auswehen schützte, u. s. w. Zu Spie¬
geln gebrauchte man in der Regel Metall, die Fenster wurden mit Papier
verklebt, mit Haut oder Pergament, oder mit Marienglas. Noch im funf-


(Srenzboten. IV. 36
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Die deutsche Glasmalerei,

Die deutsche Glasmalerei. Geschichtlicher Entwurf mit Belegen von Wil¬
helm Wackernagel. Leipzig, S. Hirzel. 1833. —

Der Umstand, daß die Stadt Basel in den letzten Jahren ihren restau-
rirten Münster mit gemalten Glasfenstern zu versehen beschloß, veranlaßte den
berühmten Gelehrten zu einigen öffentlichen Vorträgen über Entstehung und
Entwicklung der Glasmalerei im Mittelalter. Aus diesen Vorträgen entstand
das angezeigte Buch, eine gediegene Arbeit, welcher die strenge wissenschaft¬
liche Methode und die Kenntniß des deutschen Alterthums, die den Verfasser
auszeichnen, einen hohen Werth geben. Das Werk ist als ein glänzender
Beitrag zu der Geschichte unsrer Kunst zu empfehlen. — Für die Leser d. Bl.
wird in dem Folgenden ein kurzer Abriß von dem gegeben, was sie, mit Aus¬
nahme deS Schlusses, in dem Werke selbst in ausführlicher Darstellung finden.

Schon im Buch Hiob ist das Glas erwähnt, vielleicht die Inder, sicher
die Aegypter, Phönizier, Griechen, Etrusker, Römer gebrauchten es, die Römer
zu Gefäßen, selten aber farblos, und auch das farblose mit einem blaurothen
oder grünen Schein, von den Farben am häufigsten blau bis zur dunkeln
Undurchsichtigkeit. Oft wurden für Vasen und andere kostbare Geräthe mehre
Lagen verschiedenfarbiges Glas übereinandergegossen, um den geschätzten
Sardonyr nachzuahmen. Auch falsche Edelsteine wurden von Glasfluß gefer¬
tigt, besonders um Ge^ ^en und Cameen wohlfeiler herzustellen. Kaum aber
ist eine Spur vorhanden, .daß das alte Rom schon eigentliches Tafelglas gekannt
habe. Und wie der NöiKer, verstand auch der Germane und der Gallier
schon zur Heidenzeit, Glas zu machen. In unseren Heidengräbern finden sich
z. B. als Schmuck kleine Angeln in Perleuform von verschiedenen Farben,
zuweilen vergoldet und moscMrtig verziert. Aber bis tief in das Mittelalter
^jrem goß man das Glas in.den Oefen fast nur wie die Römer zu Schmuck
l»Md kleinem Geräth, z. B. zu Fingerringen und zu Griffeln, mit denen in
Wachsfläche der Schreibtafeln geschrieben wurde, zu Lampen, zu Glocken,
mit denen man die Lichter gegen das Auswehen schützte, u. s. w. Zu Spie¬
geln gebrauchte man in der Regel Metall, die Fenster wurden mit Papier
verklebt, mit Haut oder Pergament, oder mit Marienglas. Noch im funf-


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[0289] Die deutsche Glasmalerei, Die deutsche Glasmalerei. Geschichtlicher Entwurf mit Belegen von Wil¬ helm Wackernagel. Leipzig, S. Hirzel. 1833. — Der Umstand, daß die Stadt Basel in den letzten Jahren ihren restau- rirten Münster mit gemalten Glasfenstern zu versehen beschloß, veranlaßte den berühmten Gelehrten zu einigen öffentlichen Vorträgen über Entstehung und Entwicklung der Glasmalerei im Mittelalter. Aus diesen Vorträgen entstand das angezeigte Buch, eine gediegene Arbeit, welcher die strenge wissenschaft¬ liche Methode und die Kenntniß des deutschen Alterthums, die den Verfasser auszeichnen, einen hohen Werth geben. Das Werk ist als ein glänzender Beitrag zu der Geschichte unsrer Kunst zu empfehlen. — Für die Leser d. Bl. wird in dem Folgenden ein kurzer Abriß von dem gegeben, was sie, mit Aus¬ nahme deS Schlusses, in dem Werke selbst in ausführlicher Darstellung finden. Schon im Buch Hiob ist das Glas erwähnt, vielleicht die Inder, sicher die Aegypter, Phönizier, Griechen, Etrusker, Römer gebrauchten es, die Römer zu Gefäßen, selten aber farblos, und auch das farblose mit einem blaurothen oder grünen Schein, von den Farben am häufigsten blau bis zur dunkeln Undurchsichtigkeit. Oft wurden für Vasen und andere kostbare Geräthe mehre Lagen verschiedenfarbiges Glas übereinandergegossen, um den geschätzten Sardonyr nachzuahmen. Auch falsche Edelsteine wurden von Glasfluß gefer¬ tigt, besonders um Ge^ ^en und Cameen wohlfeiler herzustellen. Kaum aber ist eine Spur vorhanden, .daß das alte Rom schon eigentliches Tafelglas gekannt habe. Und wie der NöiKer, verstand auch der Germane und der Gallier schon zur Heidenzeit, Glas zu machen. In unseren Heidengräbern finden sich z. B. als Schmuck kleine Angeln in Perleuform von verschiedenen Farben, zuweilen vergoldet und moscMrtig verziert. Aber bis tief in das Mittelalter ^jrem goß man das Glas in.den Oefen fast nur wie die Römer zu Schmuck l»Md kleinem Geräth, z. B. zu Fingerringen und zu Griffeln, mit denen in Wachsfläche der Schreibtafeln geschrieben wurde, zu Lampen, zu Glocken, mit denen man die Lichter gegen das Auswehen schützte, u. s. w. Zu Spie¬ geln gebrauchte man in der Regel Metall, die Fenster wurden mit Papier verklebt, mit Haut oder Pergament, oder mit Marienglas. Noch im funf- (Srenzboten. IV. 36 ' ' ' ^ >

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_100453/289>, abgerufen am 27.04.2024.