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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.

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Thicß in Toll gelten mag, aber weniger Talent und mehr Eitelkeit besitzt, sind
alle Gebildeten mehr oder minder Feinde des Dänenthums und darauf bedacht,
den Beamten, mit denen sie in Berührung- kommen, nach Kräften das Leben
zu verleiden. Wie gut ihnen dies gelingt, davon wurden mir Beispiele in
Menge mitgetheilt. Daß man auch wirklich wackern Beamten, wie dem Grafen
Brockenhuus-Schack seinen Haß fühlen läßt, ist zu bedauern. "Aber wer heißt
ihnen, sich als Werfzeuge zu unsrer Unterdrückung brauchen lassen!" sagte
eifrig mein Freund und Berichterstatter. "Wir können keinen Unterschied machen
zwischen guten und schlechten Dänen. Dänische Beamte in Schleswig sind
nnter allen Umständen schlecht."




Pariser Kimstmlsstellimg.

(Schluß.)

Mit den vorhergehenden Charakteristiken sind im Grunde die ausnahms-
weisen Ehrenbezeigungen, wie sie vom Standpunkte einer unbefangenen Kritik
zugesprochen worden waren, erschöpft. Die vier Männer, welche wir noch als
Lie glücklichen Besitzer der Ehrenmedaillen zu besprechen haben, verdanken diese
Auszeichnung zum Theile nationalen Rücksichten, zum Theile Einflüssen, die
ihre Quellen nicht im kunstrichterlichen Gewissen der Jurymilglieder haben.
Die Politik war überhaupt bei der Vertheilung der Preise nicht so fremd, als
dies zu wünschen gewesen wäre. Frankreich wollte den Forderungen der theuern
Alliirten genügen und zugleich die Herzen der Neutralen erobern und daher
übten die fremden Regierungscommissare einen Druck aus, welcher deu Zweck
der Kunstpreise verrückte.

Man wollte zunächst England nicht ohne höchste Belohnung lasse". Wir
haben selbst in einem allgemeinem Artikel von deu Verdiensten und überraschen¬
den Eigenthümlichkeiten der englischen Malerei mit verdienter Anerkennung ge¬
sprochen, aber von den einzelnen Malern verdiente auch kein einziger als ma߬
gebendes Muster proclamirt oder auch nur deu bereits besprochenen Mei¬
stern gleichgestellt zu werden. Der englischen Kunst gebricht es an Poesie
und auch an Adel. Ihre Jünger besitzen Originalität, Geist, Beobachtungs¬
gabe, eine in ihrer Art vollendete Technik -- die höchste Nachschreibung der
Natur -- aber es sehlt ihnen doch die höhere Weihe und Landseer der Ge¬
krönte ebensowenig als Malready, der für die Ehrenmedaille Vorgeschlagene,
machen hierin eine Ausnahme.

Wir fürchten, daß man in Deutschland, wo Sir Edwin Landseers Ge-


Grenjbotm. IV. <8so. SL

Thicß in Toll gelten mag, aber weniger Talent und mehr Eitelkeit besitzt, sind
alle Gebildeten mehr oder minder Feinde des Dänenthums und darauf bedacht,
den Beamten, mit denen sie in Berührung- kommen, nach Kräften das Leben
zu verleiden. Wie gut ihnen dies gelingt, davon wurden mir Beispiele in
Menge mitgetheilt. Daß man auch wirklich wackern Beamten, wie dem Grafen
Brockenhuus-Schack seinen Haß fühlen läßt, ist zu bedauern. „Aber wer heißt
ihnen, sich als Werfzeuge zu unsrer Unterdrückung brauchen lassen!" sagte
eifrig mein Freund und Berichterstatter. „Wir können keinen Unterschied machen
zwischen guten und schlechten Dänen. Dänische Beamte in Schleswig sind
nnter allen Umständen schlecht."




Pariser Kimstmlsstellimg.

(Schluß.)

Mit den vorhergehenden Charakteristiken sind im Grunde die ausnahms-
weisen Ehrenbezeigungen, wie sie vom Standpunkte einer unbefangenen Kritik
zugesprochen worden waren, erschöpft. Die vier Männer, welche wir noch als
Lie glücklichen Besitzer der Ehrenmedaillen zu besprechen haben, verdanken diese
Auszeichnung zum Theile nationalen Rücksichten, zum Theile Einflüssen, die
ihre Quellen nicht im kunstrichterlichen Gewissen der Jurymilglieder haben.
Die Politik war überhaupt bei der Vertheilung der Preise nicht so fremd, als
dies zu wünschen gewesen wäre. Frankreich wollte den Forderungen der theuern
Alliirten genügen und zugleich die Herzen der Neutralen erobern und daher
übten die fremden Regierungscommissare einen Druck aus, welcher deu Zweck
der Kunstpreise verrückte.

Man wollte zunächst England nicht ohne höchste Belohnung lasse». Wir
haben selbst in einem allgemeinem Artikel von deu Verdiensten und überraschen¬
den Eigenthümlichkeiten der englischen Malerei mit verdienter Anerkennung ge¬
sprochen, aber von den einzelnen Malern verdiente auch kein einziger als ma߬
gebendes Muster proclamirt oder auch nur deu bereits besprochenen Mei¬
stern gleichgestellt zu werden. Der englischen Kunst gebricht es an Poesie
und auch an Adel. Ihre Jünger besitzen Originalität, Geist, Beobachtungs¬
gabe, eine in ihrer Art vollendete Technik — die höchste Nachschreibung der
Natur — aber es sehlt ihnen doch die höhere Weihe und Landseer der Ge¬
krönte ebensowenig als Malready, der für die Ehrenmedaille Vorgeschlagene,
machen hierin eine Ausnahme.

Wir fürchten, daß man in Deutschland, wo Sir Edwin Landseers Ge-


Grenjbotm. IV. <8so. SL
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_100453/513>, abgerufen am 28.04.2024.