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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.

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tanzender Faun wurde schon in diesen Blättern besprochen, bei Gelegenheit
seiner ersten Ausstellung. Es ist das ein Werk von nicht unbedeutendem
Talente und nach unsrem Gefühle charakteristischer als der vielgepriesene Tänzer
von Duret.

Wir können nicht genug unser Bedauern darüber aussprechen, daß David
nicht unter den Ausstellern sich befindet. Wenn er nur seinen Phiiopoemen
oder seine Basreliefs vom Pantheon ausgestellt hätte, die Pfaffen haben letztere
ja ohnehin von ihrem Tempel gebannt, der ihr erstes Legat des zweiten De¬
cembers gewesen. Unbedingt zu loben finden wir nnr Rietschel. Seine
Pieta ist eines der vorzüglichsten Sculpturwerke der modernen Zeit. Die Kom¬
position ist ebenso einfach als großartig, man wird ergriffen, noch ehe man
das Werk genau betrachtet. So- denken wir nur ein wahrhaft religiöses Werk.
Das ist echte Salbung, durchdringender Glaube. Der Ausdruck des Geistes
hat jene erhabene Heiterkeit, welche die Götter der Alten auszeichnete. Die
Sanftmuth des Dulders, der Gedanke des Philosophen spiegeln sich in diesem
gottähnlichen Antlitz ab. Dieses Werk ist das einzige Ereignis) der Aus¬
stellung, was die Bildhauerei betrifft. Auch seine kleinen Basreliefs ver¬
dienen gerühmt zu werden. Während in seinem Christus und Maria der
Künstler der großen Poesie huldigte, findet hier das Anmuthige allein seinen
Ausdruck. Sein Morgen und Abend sind allerliebste Congestionen, aufs beste
ausgeführt. Liszts Profil ist ebenfalls sehr gelungen. Rauch fand hier keine
geringe Anerkennung, aber seinem Denkmale Friedrichs des Großen konnte man
aus der Reduction in Gips nicht gerecht werden. Humboldts und Schleier-
machers Porträt sanden verdienten Beifall. Der heilige Georg von Kiß
ist eine Ungeheuerlichkeit, der die Kunstkritik einen so geringen Platz ein¬
räumen muß, als der Bildhauer in Wirklichkeit für seine Statue einen großen
beansprucht. --




Geschichte des Alterthums von Max Duncker.

2. Bd. 2. verbesserte Auflage. Berlin, Duncker und Humblot.

Wir können die Erscheinung dieser zweiten Auflage aus einem zweifachen
Grunde mit Freude begrüßen: einmal, weil sie uns zeigt, daß das vortreffliche
Buch den Eingang bei der großen Masse des Publicums gefunden hat, den
es so reichlich verdient; sodann, weil wir daraus den Fleiß und die Sorgfalt
ersehen, mit welcher der Verfasser seinem Werk eine immer vollenvelere adora
zu geben bemüht ist. Die Verbesserungen beziehen sich theils auf die zweck-


tanzender Faun wurde schon in diesen Blättern besprochen, bei Gelegenheit
seiner ersten Ausstellung. Es ist das ein Werk von nicht unbedeutendem
Talente und nach unsrem Gefühle charakteristischer als der vielgepriesene Tänzer
von Duret.

Wir können nicht genug unser Bedauern darüber aussprechen, daß David
nicht unter den Ausstellern sich befindet. Wenn er nur seinen Phiiopoemen
oder seine Basreliefs vom Pantheon ausgestellt hätte, die Pfaffen haben letztere
ja ohnehin von ihrem Tempel gebannt, der ihr erstes Legat des zweiten De¬
cembers gewesen. Unbedingt zu loben finden wir nnr Rietschel. Seine
Pieta ist eines der vorzüglichsten Sculpturwerke der modernen Zeit. Die Kom¬
position ist ebenso einfach als großartig, man wird ergriffen, noch ehe man
das Werk genau betrachtet. So- denken wir nur ein wahrhaft religiöses Werk.
Das ist echte Salbung, durchdringender Glaube. Der Ausdruck des Geistes
hat jene erhabene Heiterkeit, welche die Götter der Alten auszeichnete. Die
Sanftmuth des Dulders, der Gedanke des Philosophen spiegeln sich in diesem
gottähnlichen Antlitz ab. Dieses Werk ist das einzige Ereignis) der Aus¬
stellung, was die Bildhauerei betrifft. Auch seine kleinen Basreliefs ver¬
dienen gerühmt zu werden. Während in seinem Christus und Maria der
Künstler der großen Poesie huldigte, findet hier das Anmuthige allein seinen
Ausdruck. Sein Morgen und Abend sind allerliebste Congestionen, aufs beste
ausgeführt. Liszts Profil ist ebenfalls sehr gelungen. Rauch fand hier keine
geringe Anerkennung, aber seinem Denkmale Friedrichs des Großen konnte man
aus der Reduction in Gips nicht gerecht werden. Humboldts und Schleier-
machers Porträt sanden verdienten Beifall. Der heilige Georg von Kiß
ist eine Ungeheuerlichkeit, der die Kunstkritik einen so geringen Platz ein¬
räumen muß, als der Bildhauer in Wirklichkeit für seine Statue einen großen
beansprucht. —




Geschichte des Alterthums von Max Duncker.

2. Bd. 2. verbesserte Auflage. Berlin, Duncker und Humblot.

Wir können die Erscheinung dieser zweiten Auflage aus einem zweifachen
Grunde mit Freude begrüßen: einmal, weil sie uns zeigt, daß das vortreffliche
Buch den Eingang bei der großen Masse des Publicums gefunden hat, den
es so reichlich verdient; sodann, weil wir daraus den Fleiß und die Sorgfalt
ersehen, mit welcher der Verfasser seinem Werk eine immer vollenvelere adora
zu geben bemüht ist. Die Verbesserungen beziehen sich theils auf die zweck-


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[0522] tanzender Faun wurde schon in diesen Blättern besprochen, bei Gelegenheit seiner ersten Ausstellung. Es ist das ein Werk von nicht unbedeutendem Talente und nach unsrem Gefühle charakteristischer als der vielgepriesene Tänzer von Duret. Wir können nicht genug unser Bedauern darüber aussprechen, daß David nicht unter den Ausstellern sich befindet. Wenn er nur seinen Phiiopoemen oder seine Basreliefs vom Pantheon ausgestellt hätte, die Pfaffen haben letztere ja ohnehin von ihrem Tempel gebannt, der ihr erstes Legat des zweiten De¬ cembers gewesen. Unbedingt zu loben finden wir nnr Rietschel. Seine Pieta ist eines der vorzüglichsten Sculpturwerke der modernen Zeit. Die Kom¬ position ist ebenso einfach als großartig, man wird ergriffen, noch ehe man das Werk genau betrachtet. So- denken wir nur ein wahrhaft religiöses Werk. Das ist echte Salbung, durchdringender Glaube. Der Ausdruck des Geistes hat jene erhabene Heiterkeit, welche die Götter der Alten auszeichnete. Die Sanftmuth des Dulders, der Gedanke des Philosophen spiegeln sich in diesem gottähnlichen Antlitz ab. Dieses Werk ist das einzige Ereignis) der Aus¬ stellung, was die Bildhauerei betrifft. Auch seine kleinen Basreliefs ver¬ dienen gerühmt zu werden. Während in seinem Christus und Maria der Künstler der großen Poesie huldigte, findet hier das Anmuthige allein seinen Ausdruck. Sein Morgen und Abend sind allerliebste Congestionen, aufs beste ausgeführt. Liszts Profil ist ebenfalls sehr gelungen. Rauch fand hier keine geringe Anerkennung, aber seinem Denkmale Friedrichs des Großen konnte man aus der Reduction in Gips nicht gerecht werden. Humboldts und Schleier- machers Porträt sanden verdienten Beifall. Der heilige Georg von Kiß ist eine Ungeheuerlichkeit, der die Kunstkritik einen so geringen Platz ein¬ räumen muß, als der Bildhauer in Wirklichkeit für seine Statue einen großen beansprucht. — Geschichte des Alterthums von Max Duncker. 2. Bd. 2. verbesserte Auflage. Berlin, Duncker und Humblot. Wir können die Erscheinung dieser zweiten Auflage aus einem zweifachen Grunde mit Freude begrüßen: einmal, weil sie uns zeigt, daß das vortreffliche Buch den Eingang bei der großen Masse des Publicums gefunden hat, den es so reichlich verdient; sodann, weil wir daraus den Fleiß und die Sorgfalt ersehen, mit welcher der Verfasser seinem Werk eine immer vollenvelere adora zu geben bemüht ist. Die Verbesserungen beziehen sich theils auf die zweck-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_100453/522>, abgerufen am 27.04.2024.