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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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solchen entdeckter den Terres. Zwar widersprechen auch hier die uns bekannten
Züge seines Lebens auf das unbedingteste den Vorstellungen des Buchs Esther,
aber dadurch läßt sich unser Verfasser nicht im geringsten irren. Er erklärt, der jü¬
dische Referent werde dieses oder jenes in den Einzelnheiten falsch aufgefaßt haben,
die Hauptsache aber müsse wahr sein, und er geht in seiner Ueberzeugung soweit,
daß er mit dieser Begebenheit sein Geschichtswerk beginnt; und so hat er es
auch mit den übrigen Geschichten gemacht. Ueberall befinden wir uns auf
unsicherem Boden, Sage und Geschichte werden beliebig durcheinandergeworfen.
Der Geschichtschreiber hat aber nicht die Aufgabe, nachzusehen, was von der
Sage möglicherweise mit der Wirklichkeit übereinstimmen könne, sondern er hat
genau festzustellen: dies ist ein historisch beglaubigtes Factum und dies ist
Sage, damit wir einen bestimmten, sichern Standpunkt gewinnen, von dem aus
wir vie Gesammtheit der Geschichte übersehen können. -- Der zweite Band soll
die Entwicklung der Religion während dieser Periode enthalten und hier, wo
dem Verfasser reichhaltigere Quellen zu Gebote stehen, hoffen wir auf eine
correctere und reichhaltigere Darstellung. --


Geschichte der Türkei, von Lamartine, übersetzt von Nordmann. Wien,
Wallishauser. --

Die Ausgabe ist bis zur zehnten Lieferung fortgeführt, mit welcher der
dritte Band abschließt. Es ist das merkwürdigste Geschichtswerk, das uns
vorgekommen ist, das bunteste Durcheinander von Geschichte, Sagen, Anekdoten
Und Einfällen, das man sich irgend vorstellen kann, dabei aber doch mit
vieler Anmuth erzählt und nicht ohne ein gewisses belletristisches Interesse. --


Schweizer Bilder aus der Geschichte des -18. Jahrhunderts, von
Prof. Karl Mvnnard in Bonn. Elberseld, Friederichs. --

Der Verfasser hat früher das große nationale Werk der Geschichte der
Eidgenossenschaft, welches von Johannes von Müller begonnen wurde, für die
Periode von 1713--1815 (fünf Bände) in französischer Sprache sortgesetzt. Die
gegenwärtige Ausgabe ist eine Zusammenstellung einzelner Bilder aus dieser
Periode für das größere Publicum, die jedoch in einem innern Zusammen¬
hang stehen und ein lebendiges Gesammtbild des 18. Jahrhunderts geben.
Die Erzählung ist lebhaft, von einer wohlthuenden patriotischen Färbung und
beruht auf gründlichen, erschöpfenden Studien. --


Thule. Die phönizischen Handelswege nach dem Norden, insbesondere nach dem
Bcrnsteinlcmde, sowie die Reise des Phytheas von Massilier. Neu nach
den Quellen untersucht von Prof. Moritz Redslob in Hamburg. Leipzig,
Hinrichssche Buchhandlung. --

Eine Reihe sehr gründlicher und interessanter Monographien über den


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solchen entdeckter den Terres. Zwar widersprechen auch hier die uns bekannten
Züge seines Lebens auf das unbedingteste den Vorstellungen des Buchs Esther,
aber dadurch läßt sich unser Verfasser nicht im geringsten irren. Er erklärt, der jü¬
dische Referent werde dieses oder jenes in den Einzelnheiten falsch aufgefaßt haben,
die Hauptsache aber müsse wahr sein, und er geht in seiner Ueberzeugung soweit,
daß er mit dieser Begebenheit sein Geschichtswerk beginnt; und so hat er es
auch mit den übrigen Geschichten gemacht. Ueberall befinden wir uns auf
unsicherem Boden, Sage und Geschichte werden beliebig durcheinandergeworfen.
Der Geschichtschreiber hat aber nicht die Aufgabe, nachzusehen, was von der
Sage möglicherweise mit der Wirklichkeit übereinstimmen könne, sondern er hat
genau festzustellen: dies ist ein historisch beglaubigtes Factum und dies ist
Sage, damit wir einen bestimmten, sichern Standpunkt gewinnen, von dem aus
wir vie Gesammtheit der Geschichte übersehen können. — Der zweite Band soll
die Entwicklung der Religion während dieser Periode enthalten und hier, wo
dem Verfasser reichhaltigere Quellen zu Gebote stehen, hoffen wir auf eine
correctere und reichhaltigere Darstellung. —


Geschichte der Türkei, von Lamartine, übersetzt von Nordmann. Wien,
Wallishauser. —

Die Ausgabe ist bis zur zehnten Lieferung fortgeführt, mit welcher der
dritte Band abschließt. Es ist das merkwürdigste Geschichtswerk, das uns
vorgekommen ist, das bunteste Durcheinander von Geschichte, Sagen, Anekdoten
Und Einfällen, das man sich irgend vorstellen kann, dabei aber doch mit
vieler Anmuth erzählt und nicht ohne ein gewisses belletristisches Interesse. —


Schweizer Bilder aus der Geschichte des -18. Jahrhunderts, von
Prof. Karl Mvnnard in Bonn. Elberseld, Friederichs. —

Der Verfasser hat früher das große nationale Werk der Geschichte der
Eidgenossenschaft, welches von Johannes von Müller begonnen wurde, für die
Periode von 1713—1815 (fünf Bände) in französischer Sprache sortgesetzt. Die
gegenwärtige Ausgabe ist eine Zusammenstellung einzelner Bilder aus dieser
Periode für das größere Publicum, die jedoch in einem innern Zusammen¬
hang stehen und ein lebendiges Gesammtbild des 18. Jahrhunderts geben.
Die Erzählung ist lebhaft, von einer wohlthuenden patriotischen Färbung und
beruht auf gründlichen, erschöpfenden Studien. —


Thule. Die phönizischen Handelswege nach dem Norden, insbesondere nach dem
Bcrnsteinlcmde, sowie die Reise des Phytheas von Massilier. Neu nach
den Quellen untersucht von Prof. Moritz Redslob in Hamburg. Leipzig,
Hinrichssche Buchhandlung. —

Eine Reihe sehr gründlicher und interessanter Monographien über den


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[0219] solchen entdeckter den Terres. Zwar widersprechen auch hier die uns bekannten Züge seines Lebens auf das unbedingteste den Vorstellungen des Buchs Esther, aber dadurch läßt sich unser Verfasser nicht im geringsten irren. Er erklärt, der jü¬ dische Referent werde dieses oder jenes in den Einzelnheiten falsch aufgefaßt haben, die Hauptsache aber müsse wahr sein, und er geht in seiner Ueberzeugung soweit, daß er mit dieser Begebenheit sein Geschichtswerk beginnt; und so hat er es auch mit den übrigen Geschichten gemacht. Ueberall befinden wir uns auf unsicherem Boden, Sage und Geschichte werden beliebig durcheinandergeworfen. Der Geschichtschreiber hat aber nicht die Aufgabe, nachzusehen, was von der Sage möglicherweise mit der Wirklichkeit übereinstimmen könne, sondern er hat genau festzustellen: dies ist ein historisch beglaubigtes Factum und dies ist Sage, damit wir einen bestimmten, sichern Standpunkt gewinnen, von dem aus wir vie Gesammtheit der Geschichte übersehen können. — Der zweite Band soll die Entwicklung der Religion während dieser Periode enthalten und hier, wo dem Verfasser reichhaltigere Quellen zu Gebote stehen, hoffen wir auf eine correctere und reichhaltigere Darstellung. — Geschichte der Türkei, von Lamartine, übersetzt von Nordmann. Wien, Wallishauser. — Die Ausgabe ist bis zur zehnten Lieferung fortgeführt, mit welcher der dritte Band abschließt. Es ist das merkwürdigste Geschichtswerk, das uns vorgekommen ist, das bunteste Durcheinander von Geschichte, Sagen, Anekdoten Und Einfällen, das man sich irgend vorstellen kann, dabei aber doch mit vieler Anmuth erzählt und nicht ohne ein gewisses belletristisches Interesse. — Schweizer Bilder aus der Geschichte des -18. Jahrhunderts, von Prof. Karl Mvnnard in Bonn. Elberseld, Friederichs. — Der Verfasser hat früher das große nationale Werk der Geschichte der Eidgenossenschaft, welches von Johannes von Müller begonnen wurde, für die Periode von 1713—1815 (fünf Bände) in französischer Sprache sortgesetzt. Die gegenwärtige Ausgabe ist eine Zusammenstellung einzelner Bilder aus dieser Periode für das größere Publicum, die jedoch in einem innern Zusammen¬ hang stehen und ein lebendiges Gesammtbild des 18. Jahrhunderts geben. Die Erzählung ist lebhaft, von einer wohlthuenden patriotischen Färbung und beruht auf gründlichen, erschöpfenden Studien. — Thule. Die phönizischen Handelswege nach dem Norden, insbesondere nach dem Bcrnsteinlcmde, sowie die Reise des Phytheas von Massilier. Neu nach den Quellen untersucht von Prof. Moritz Redslob in Hamburg. Leipzig, Hinrichssche Buchhandlung. — Eine Reihe sehr gründlicher und interessanter Monographien über den 27*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/219>, abgerufen am 01.05.2024.