Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Toll" Feraldi. Von Edmond About. Nach dem Französischen von or. August
Diezmann. Leipzig, Lorck. --

Diese sehr geistvolle und fein gearbeitete kleine Novelle erschien in der
Revue des deur mondes. Der Uebersetzer erzählt nach dem Bericht eines fran¬
zösischen Kritikers, daß sie eigentlich die Ueberarbeitung eines ältern italienischen
Romans ist, Vittoria Savorelli, welcher 18i1 in Paris erschien und die Ge¬
schichte eines schönen Mädchens erzählte, welche schändlichen Familienintriguen
zum Opfer fiel. Es war ein einfacher, rührender Bericht über ein Ereigniß,
das im Jahr 1838 ganz Rom beschäftigt hatte, und der Bericht wurde durch
Actenstücke unterstützt. Eben deshalb wurde das Buch unterdrückt und bis
auf wenige Exemplare vernichtet. Die gegenwärtige Bearbeitung hat in Paris
großen Beifall gefunden. -- Die beiden zuletzt genannten Werke gehören zu
der Conversations- und Reisebibliothek, die im Lorckschen Verlage erscheint.
Wir führen aus derselben noch eine andere Schrift an: Die Biographie Benja¬
min Franklins von Mignet, die wir schon bei Gelegenheit des Originals be¬
sprochen haben. --


Libliollieyus internationale. Lruxelles Le I^vip^ig. XiessIinA, 8eKnee K Loam. --

Die interessanteste Lieferung dieser Sammlung ist der Anfang eines nach¬
gelassenen Werks von Balzac: Z^es pfeils hour^eois, das freilich, wie die
meisten Schriften des berühmten Verfassers durch die Virtuosität im Analy¬
siren und die Zusammenhäufung empirischer Details einigermaßen ermüdet,
aber doch wieder als eine sehr werthvolle Studie über die materielle Seite des
pariser Lebens zu betrachten ist. Bei seinem eminenten Scharfsinn würde
Balzac noch viel Bedeutenderes geleistet haben, wenn er nicht den Fehler be¬
ginge, die Anomalien der Wirklichkeit zu übertreiben. -- Ein ausführlicher
Roman in zwei Bänden von Gondrecourt: IVlömoire8 et'un visux Kg,r<?on, zeigt
wieder ziemlich glänzend die Fähigkeit der modernen französischen Bellerristen,
die schlechten Seiten der Wirklichkeit hervorzukehren. Er verfällt einige Male
in sehr starke Unwahrscheinlichkeiten, ist aber nicht ohne Interesse. -- Eine No¬
velle von Charles Barbara: l.'a88g,88in!U ein ^oiU-ron^e, ist eine sorgfältig
ausgearbeitete psychologische Analyse mit vorwiegend moralischem Zweck. Daß
um dieses Zwecks willen manche unnöthige Greuelgeschichten mit in den Kauf
gegeben werden, wird bei einem Franzosen der neuesten Schule nicht über¬
raschen. -- Voll dem Roman: 'l'aneröäö <l<z LKü,t<zaubrnn par Kabrisl I?srr^
(Louis de Bellemare), ist bis jetzt nur der erste Band erschienen, aber er ent¬
hält schon genug, um die celtische Phantasie des Verfassers, der ganz ebenbür¬
tig neben A. Dumas und E. Tue steht, zu bekunden. --




Toll« Feraldi. Von Edmond About. Nach dem Französischen von or. August
Diezmann. Leipzig, Lorck. —

Diese sehr geistvolle und fein gearbeitete kleine Novelle erschien in der
Revue des deur mondes. Der Uebersetzer erzählt nach dem Bericht eines fran¬
zösischen Kritikers, daß sie eigentlich die Ueberarbeitung eines ältern italienischen
Romans ist, Vittoria Savorelli, welcher 18i1 in Paris erschien und die Ge¬
schichte eines schönen Mädchens erzählte, welche schändlichen Familienintriguen
zum Opfer fiel. Es war ein einfacher, rührender Bericht über ein Ereigniß,
das im Jahr 1838 ganz Rom beschäftigt hatte, und der Bericht wurde durch
Actenstücke unterstützt. Eben deshalb wurde das Buch unterdrückt und bis
auf wenige Exemplare vernichtet. Die gegenwärtige Bearbeitung hat in Paris
großen Beifall gefunden. — Die beiden zuletzt genannten Werke gehören zu
der Conversations- und Reisebibliothek, die im Lorckschen Verlage erscheint.
Wir führen aus derselben noch eine andere Schrift an: Die Biographie Benja¬
min Franklins von Mignet, die wir schon bei Gelegenheit des Originals be¬
sprochen haben. —


Libliollieyus internationale. Lruxelles Le I^vip^ig. XiessIinA, 8eKnee K Loam. —

Die interessanteste Lieferung dieser Sammlung ist der Anfang eines nach¬
gelassenen Werks von Balzac: Z^es pfeils hour^eois, das freilich, wie die
meisten Schriften des berühmten Verfassers durch die Virtuosität im Analy¬
siren und die Zusammenhäufung empirischer Details einigermaßen ermüdet,
aber doch wieder als eine sehr werthvolle Studie über die materielle Seite des
pariser Lebens zu betrachten ist. Bei seinem eminenten Scharfsinn würde
Balzac noch viel Bedeutenderes geleistet haben, wenn er nicht den Fehler be¬
ginge, die Anomalien der Wirklichkeit zu übertreiben. — Ein ausführlicher
Roman in zwei Bänden von Gondrecourt: IVlömoire8 et'un visux Kg,r<?on, zeigt
wieder ziemlich glänzend die Fähigkeit der modernen französischen Bellerristen,
die schlechten Seiten der Wirklichkeit hervorzukehren. Er verfällt einige Male
in sehr starke Unwahrscheinlichkeiten, ist aber nicht ohne Interesse. — Eine No¬
velle von Charles Barbara: l.'a88g,88in!U ein ^oiU-ron^e, ist eine sorgfältig
ausgearbeitete psychologische Analyse mit vorwiegend moralischem Zweck. Daß
um dieses Zwecks willen manche unnöthige Greuelgeschichten mit in den Kauf
gegeben werden, wird bei einem Franzosen der neuesten Schule nicht über¬
raschen. — Voll dem Roman: 'l'aneröäö <l<z LKü,t<zaubrnn par Kabrisl I?srr^
(Louis de Bellemare), ist bis jetzt nur der erste Band erschienen, aber er ent¬
hält schon genug, um die celtische Phantasie des Verfassers, der ganz ebenbür¬
tig neben A. Dumas und E. Tue steht, zu bekunden. —




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0400" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100320"/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Toll« Feraldi. Von Edmond About. Nach dem Französischen von or. August<lb/>
Diezmann.  Leipzig, Lorck. &#x2014;</head><lb/>
            <p xml:id="ID_1148"> Diese sehr geistvolle und fein gearbeitete kleine Novelle erschien in der<lb/>
Revue des deur mondes. Der Uebersetzer erzählt nach dem Bericht eines fran¬<lb/>
zösischen Kritikers, daß sie eigentlich die Ueberarbeitung eines ältern italienischen<lb/>
Romans ist, Vittoria Savorelli, welcher 18i1 in Paris erschien und die Ge¬<lb/>
schichte eines schönen Mädchens erzählte, welche schändlichen Familienintriguen<lb/>
zum Opfer fiel. Es war ein einfacher, rührender Bericht über ein Ereigniß,<lb/>
das im Jahr 1838 ganz Rom beschäftigt hatte, und der Bericht wurde durch<lb/>
Actenstücke unterstützt. Eben deshalb wurde das Buch unterdrückt und bis<lb/>
auf wenige Exemplare vernichtet. Die gegenwärtige Bearbeitung hat in Paris<lb/>
großen Beifall gefunden. &#x2014; Die beiden zuletzt genannten Werke gehören zu<lb/>
der Conversations- und Reisebibliothek, die im Lorckschen Verlage erscheint.<lb/>
Wir führen aus derselben noch eine andere Schrift an: Die Biographie Benja¬<lb/>
min Franklins von Mignet, die wir schon bei Gelegenheit des Originals be¬<lb/>
sprochen haben. &#x2014;</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Libliollieyus internationale. Lruxelles Le I^vip^ig. XiessIinA, 8eKnee K Loam. &#x2014;</head><lb/>
            <p xml:id="ID_1149"> Die interessanteste Lieferung dieser Sammlung ist der Anfang eines nach¬<lb/>
gelassenen Werks von Balzac: Z^es pfeils hour^eois, das freilich, wie die<lb/>
meisten Schriften des berühmten Verfassers durch die Virtuosität im Analy¬<lb/>
siren und die Zusammenhäufung empirischer Details einigermaßen ermüdet,<lb/>
aber doch wieder als eine sehr werthvolle Studie über die materielle Seite des<lb/>
pariser Lebens zu betrachten ist. Bei seinem eminenten Scharfsinn würde<lb/>
Balzac noch viel Bedeutenderes geleistet haben, wenn er nicht den Fehler be¬<lb/>
ginge, die Anomalien der Wirklichkeit zu übertreiben. &#x2014; Ein ausführlicher<lb/>
Roman in zwei Bänden von Gondrecourt: IVlömoire8 et'un visux Kg,r&lt;?on, zeigt<lb/>
wieder ziemlich glänzend die Fähigkeit der modernen französischen Bellerristen,<lb/>
die schlechten Seiten der Wirklichkeit hervorzukehren. Er verfällt einige Male<lb/>
in sehr starke Unwahrscheinlichkeiten, ist aber nicht ohne Interesse. &#x2014; Eine No¬<lb/>
velle von Charles Barbara: l.'a88g,88in!U ein ^oiU-ron^e, ist eine sorgfältig<lb/>
ausgearbeitete psychologische Analyse mit vorwiegend moralischem Zweck. Daß<lb/>
um dieses Zwecks willen manche unnöthige Greuelgeschichten mit in den Kauf<lb/>
gegeben werden, wird bei einem Franzosen der neuesten Schule nicht über¬<lb/>
raschen. &#x2014; Voll dem Roman: 'l'aneröäö &lt;l&lt;z LKü,t&lt;zaubrnn par Kabrisl I?srr^<lb/>
(Louis de Bellemare), ist bis jetzt nur der erste Band erschienen, aber er ent¬<lb/>
hält schon genug, um die celtische Phantasie des Verfassers, der ganz ebenbür¬<lb/>
tig neben A. Dumas und E. Tue steht, zu bekunden. &#x2014;</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0400] Toll« Feraldi. Von Edmond About. Nach dem Französischen von or. August Diezmann. Leipzig, Lorck. — Diese sehr geistvolle und fein gearbeitete kleine Novelle erschien in der Revue des deur mondes. Der Uebersetzer erzählt nach dem Bericht eines fran¬ zösischen Kritikers, daß sie eigentlich die Ueberarbeitung eines ältern italienischen Romans ist, Vittoria Savorelli, welcher 18i1 in Paris erschien und die Ge¬ schichte eines schönen Mädchens erzählte, welche schändlichen Familienintriguen zum Opfer fiel. Es war ein einfacher, rührender Bericht über ein Ereigniß, das im Jahr 1838 ganz Rom beschäftigt hatte, und der Bericht wurde durch Actenstücke unterstützt. Eben deshalb wurde das Buch unterdrückt und bis auf wenige Exemplare vernichtet. Die gegenwärtige Bearbeitung hat in Paris großen Beifall gefunden. — Die beiden zuletzt genannten Werke gehören zu der Conversations- und Reisebibliothek, die im Lorckschen Verlage erscheint. Wir führen aus derselben noch eine andere Schrift an: Die Biographie Benja¬ min Franklins von Mignet, die wir schon bei Gelegenheit des Originals be¬ sprochen haben. — Libliollieyus internationale. Lruxelles Le I^vip^ig. XiessIinA, 8eKnee K Loam. — Die interessanteste Lieferung dieser Sammlung ist der Anfang eines nach¬ gelassenen Werks von Balzac: Z^es pfeils hour^eois, das freilich, wie die meisten Schriften des berühmten Verfassers durch die Virtuosität im Analy¬ siren und die Zusammenhäufung empirischer Details einigermaßen ermüdet, aber doch wieder als eine sehr werthvolle Studie über die materielle Seite des pariser Lebens zu betrachten ist. Bei seinem eminenten Scharfsinn würde Balzac noch viel Bedeutenderes geleistet haben, wenn er nicht den Fehler be¬ ginge, die Anomalien der Wirklichkeit zu übertreiben. — Ein ausführlicher Roman in zwei Bänden von Gondrecourt: IVlömoire8 et'un visux Kg,r<?on, zeigt wieder ziemlich glänzend die Fähigkeit der modernen französischen Bellerristen, die schlechten Seiten der Wirklichkeit hervorzukehren. Er verfällt einige Male in sehr starke Unwahrscheinlichkeiten, ist aber nicht ohne Interesse. — Eine No¬ velle von Charles Barbara: l.'a88g,88in!U ein ^oiU-ron^e, ist eine sorgfältig ausgearbeitete psychologische Analyse mit vorwiegend moralischem Zweck. Daß um dieses Zwecks willen manche unnöthige Greuelgeschichten mit in den Kauf gegeben werden, wird bei einem Franzosen der neuesten Schule nicht über¬ raschen. — Voll dem Roman: 'l'aneröäö <l<z LKü,t<zaubrnn par Kabrisl I?srr^ (Louis de Bellemare), ist bis jetzt nur der erste Band erschienen, aber er ent¬ hält schon genug, um die celtische Phantasie des Verfassers, der ganz ebenbür¬ tig neben A. Dumas und E. Tue steht, zu bekunden. —

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/400
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/400>, abgerufen am 01.05.2024.