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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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Deutscher Mentor. Humoristischer Versuch einer Philosophie über den
Umgang mit der Welt. Von C. I. Diepenbrock. Stuttgart, Karl Göpel.--
Eine Sammlung von Aphorismen, die, wenn sie noch nicht in den Unterhaltungen
am häuslichen Herde gestanden haben, wol einen Platz darin verdienten. Nur
möchte man hin und wieder über die zu große Vorliebe für unbußfertige Magda-
lenen den Kops schütteln und die Behauptung, die sixtinische Madonna sei das
Bild einer Dirne, doch ein wenig gewagt finden.


Notiz.

Herr Hermann Marggraf beklagt sich in der letzten Nummer der
Blätter für literarische Unterhaltung wieder einmal über unsre unausgesetzten Ver¬
folgungen. Es ist merkwürdig: die Grenzboten haben sich nur einmal, im dritten
Quartal 1863, S. 440, über ihn ausgelassen, und zwar folgendermaßen: "In
der augsburger allgemeinen Zeitung beklagt sich Herr H. M. (Hermann Marggras?)
darüber, daß in Deutschland den Dichtern nicht jene Huldigung und Verehrung zu
Theil wird, deren sich die Dichter im Auslande erfreuen. Er findet den Haupt¬
grund dafür in dem frechen und unehrerbietigem Tadel der Grenzboten, die keine
Größe auskommen lassen. Sollte Herr Hermann Marggraf auch zu denen gehören,
die wir mit rauher Hand von dem Pfade des Ruhms zurückgehalten haben? Es
sollte uns das sehr leid thun, und es könnte nur unversehens geschehen sein, da
wir versichern können, daß wir ihn gar nicht bemerkt haben." -- Seitdem hat
Herr Marggraf, um unsre Kenntniß zu suppliren, mehrmals eine ausführliche Be¬
schreibung von dem gegeben, was er für die deutsche Literatur gethan; er hat
außerdem keine Gelegenheit versäumt, seine herzliche Mißbilligung der beiden Re¬
dacteure an den Tag zu legen, mitunter aus eine höchst burleske Weise, indem er
aus dicken gelehrten Büchern, die er zu besprechen hatte, nur eine gelegentliche
Aeußerung hervorhob, die mit seinem Steckenpferd irgendwie im Zusammenhang
stand, oder indem er Privatbriese verstorbener Personen, die zufällig in seinen Be¬
sitz gekommen waren, abdrucken ließ. Wir haben indeß keine Notiz davon genom¬
men, da seine Persönlichkeit an sich schon nicht sehr anziehend ist und durch die
beständige Wuth durchaus nicht interessanter wurde. Wenn er eine gelegentliche
Bemerkung über die literarischen Markthelfer aus sich bezogen hat, so ist sie aller¬
dings an die richtige Adresse gelangt; wenn er aber daraus schließt, daß wir auch
Goethe und Humboldt unter die Markthelfer rechnen, weil sie als "Literaten"
College" von Hermann Marggraf sind, so können wir ihm nur entgegnen, was
der Schwurgerichtspräsident zu Rouen Herrn Alexander Dumas antwortete, als
dieser sich für einen Kollegen Corneilles ausgab: "Uonsieui', it ^ " lies clvArvs et"""
toutes les ekosvs."




Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian "Schmidt.
Als yerantwortl. Redacteur legitimirt: F. W. Grunow. -- Verlag von L. F. Herbig
"i Leipzig.
Druck von C. E. Elbert i" Leipzig.

Deutscher Mentor. Humoristischer Versuch einer Philosophie über den
Umgang mit der Welt. Von C. I. Diepenbrock. Stuttgart, Karl Göpel.—
Eine Sammlung von Aphorismen, die, wenn sie noch nicht in den Unterhaltungen
am häuslichen Herde gestanden haben, wol einen Platz darin verdienten. Nur
möchte man hin und wieder über die zu große Vorliebe für unbußfertige Magda-
lenen den Kops schütteln und die Behauptung, die sixtinische Madonna sei das
Bild einer Dirne, doch ein wenig gewagt finden.


Notiz.

Herr Hermann Marggraf beklagt sich in der letzten Nummer der
Blätter für literarische Unterhaltung wieder einmal über unsre unausgesetzten Ver¬
folgungen. Es ist merkwürdig: die Grenzboten haben sich nur einmal, im dritten
Quartal 1863, S. 440, über ihn ausgelassen, und zwar folgendermaßen: „In
der augsburger allgemeinen Zeitung beklagt sich Herr H. M. (Hermann Marggras?)
darüber, daß in Deutschland den Dichtern nicht jene Huldigung und Verehrung zu
Theil wird, deren sich die Dichter im Auslande erfreuen. Er findet den Haupt¬
grund dafür in dem frechen und unehrerbietigem Tadel der Grenzboten, die keine
Größe auskommen lassen. Sollte Herr Hermann Marggraf auch zu denen gehören,
die wir mit rauher Hand von dem Pfade des Ruhms zurückgehalten haben? Es
sollte uns das sehr leid thun, und es könnte nur unversehens geschehen sein, da
wir versichern können, daß wir ihn gar nicht bemerkt haben." — Seitdem hat
Herr Marggraf, um unsre Kenntniß zu suppliren, mehrmals eine ausführliche Be¬
schreibung von dem gegeben, was er für die deutsche Literatur gethan; er hat
außerdem keine Gelegenheit versäumt, seine herzliche Mißbilligung der beiden Re¬
dacteure an den Tag zu legen, mitunter aus eine höchst burleske Weise, indem er
aus dicken gelehrten Büchern, die er zu besprechen hatte, nur eine gelegentliche
Aeußerung hervorhob, die mit seinem Steckenpferd irgendwie im Zusammenhang
stand, oder indem er Privatbriese verstorbener Personen, die zufällig in seinen Be¬
sitz gekommen waren, abdrucken ließ. Wir haben indeß keine Notiz davon genom¬
men, da seine Persönlichkeit an sich schon nicht sehr anziehend ist und durch die
beständige Wuth durchaus nicht interessanter wurde. Wenn er eine gelegentliche
Bemerkung über die literarischen Markthelfer aus sich bezogen hat, so ist sie aller¬
dings an die richtige Adresse gelangt; wenn er aber daraus schließt, daß wir auch
Goethe und Humboldt unter die Markthelfer rechnen, weil sie als „Literaten"
College» von Hermann Marggraf sind, so können wir ihm nur entgegnen, was
der Schwurgerichtspräsident zu Rouen Herrn Alexander Dumas antwortete, als
dieser sich für einen Kollegen Corneilles ausgab: „Uonsieui', it ^ » lies clvArvs et»"«
toutes les ekosvs."




Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian «Schmidt.
Als yerantwortl. Redacteur legitimirt: F. W. Grunow. — Verlag von L. F. Herbig
»i Leipzig.
Druck von C. E. Elbert i» Leipzig.
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[0488] Deutscher Mentor. Humoristischer Versuch einer Philosophie über den Umgang mit der Welt. Von C. I. Diepenbrock. Stuttgart, Karl Göpel.— Eine Sammlung von Aphorismen, die, wenn sie noch nicht in den Unterhaltungen am häuslichen Herde gestanden haben, wol einen Platz darin verdienten. Nur möchte man hin und wieder über die zu große Vorliebe für unbußfertige Magda- lenen den Kops schütteln und die Behauptung, die sixtinische Madonna sei das Bild einer Dirne, doch ein wenig gewagt finden. Notiz. Herr Hermann Marggraf beklagt sich in der letzten Nummer der Blätter für literarische Unterhaltung wieder einmal über unsre unausgesetzten Ver¬ folgungen. Es ist merkwürdig: die Grenzboten haben sich nur einmal, im dritten Quartal 1863, S. 440, über ihn ausgelassen, und zwar folgendermaßen: „In der augsburger allgemeinen Zeitung beklagt sich Herr H. M. (Hermann Marggras?) darüber, daß in Deutschland den Dichtern nicht jene Huldigung und Verehrung zu Theil wird, deren sich die Dichter im Auslande erfreuen. Er findet den Haupt¬ grund dafür in dem frechen und unehrerbietigem Tadel der Grenzboten, die keine Größe auskommen lassen. Sollte Herr Hermann Marggraf auch zu denen gehören, die wir mit rauher Hand von dem Pfade des Ruhms zurückgehalten haben? Es sollte uns das sehr leid thun, und es könnte nur unversehens geschehen sein, da wir versichern können, daß wir ihn gar nicht bemerkt haben." — Seitdem hat Herr Marggraf, um unsre Kenntniß zu suppliren, mehrmals eine ausführliche Be¬ schreibung von dem gegeben, was er für die deutsche Literatur gethan; er hat außerdem keine Gelegenheit versäumt, seine herzliche Mißbilligung der beiden Re¬ dacteure an den Tag zu legen, mitunter aus eine höchst burleske Weise, indem er aus dicken gelehrten Büchern, die er zu besprechen hatte, nur eine gelegentliche Aeußerung hervorhob, die mit seinem Steckenpferd irgendwie im Zusammenhang stand, oder indem er Privatbriese verstorbener Personen, die zufällig in seinen Be¬ sitz gekommen waren, abdrucken ließ. Wir haben indeß keine Notiz davon genom¬ men, da seine Persönlichkeit an sich schon nicht sehr anziehend ist und durch die beständige Wuth durchaus nicht interessanter wurde. Wenn er eine gelegentliche Bemerkung über die literarischen Markthelfer aus sich bezogen hat, so ist sie aller¬ dings an die richtige Adresse gelangt; wenn er aber daraus schließt, daß wir auch Goethe und Humboldt unter die Markthelfer rechnen, weil sie als „Literaten" College» von Hermann Marggraf sind, so können wir ihm nur entgegnen, was der Schwurgerichtspräsident zu Rouen Herrn Alexander Dumas antwortete, als dieser sich für einen Kollegen Corneilles ausgab: „Uonsieui', it ^ » lies clvArvs et»"« toutes les ekosvs." Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian «Schmidt. Als yerantwortl. Redacteur legitimirt: F. W. Grunow. — Verlag von L. F. Herbig »i Leipzig. Druck von C. E. Elbert i» Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/488>, abgerufen am 01.05.2024.