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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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Schücking und Louise von Galt" (18ni). Auch in Lustspielen hat sie sich
dreimal versucht: "Ich Hab's gewagt;" "die gnädige Frau;" und "ein schlech¬
tes Gewissen." Die vorliegenden Novellen gehören nach dem Urtheil ihres
Mannes zu ihren reifsten Leistungen. Sie nehmen in der That eine ehren¬
volle Stelle in der Damenlitenttur ein, vor allem wegen einer gewissen gebil¬
deten Ironie, die aber wohl zu unterscheiden ist von der romantischen Ironie.
Die Dichterin läßt sich durch ihre augenblicklichen Impulse nicht vollständig
hinreißen, sie bleibt ihren Stimmungen gegenüber frei und hat daher ein wirk¬
liches Urtheil über ihre Charaktere; aber sie meint es zugleich mit ihnen ehr¬
lich und stellt nichts dar, als waS sich aus ihrer Natur wirklich herleiten läßt.
Ihre Anschauung ist nicht reich, obgleich das Costüm häufig genug wechselt;
aber sie ist gebildet. Daß ihre Naturkraft nicht stark ist, zeigt sich hauptsäch¬
lich in der Unterhaltung, bei der man fast immer die mitarbeitende Reflexion
wahrnimmt. Einen interessanten Vergleich bietet die kleine Novelle "Gretchen"
mit dem vorher erwähnten Roman von Fanny Lewald, der einen ganz ähnlichen
Stoff behandelt. Die kleine Novelle ist zierlicher und eleganter, aber im Ro¬
man ist doch mehr wahres und ursprüngliches Leben. --


Parabeln aus dem Leben der Natur. Aus dem Englischen der Mrs. A.
Gally. Leipzig, Arnoldische Buchhandlung. --

ES ist das bekannte sentimental- phantastische Genre, welches eigentlich
erst von Deutschland nach England übertragen ist, und in welchem Andersen
der Ruhm der größten Virtuosität zukommt; übrigens ganz geschickt ausgeführt. --


Blaue Blätter für Humor, Laune, Witz und Satyre. Von M. G. Sa¬
phir aus seinen Schriften gesammelt. S. und 6. Lieferung. Pesth, Hart¬
leben. --

Aus dem Stil dieses Buchs, der Jean Paul und Börne nachgebildet
ist, kann man sich, obgleich er nur eine Travestie ist, die Fehler des Urbilds
recht deutlich vergegenwärtigen. --


liiblioUlvciuo internatiorislo. Kruxellos Le I^si^ig. lücssling, Lclmüo K Lo.--

Die Sammlung enthält in ihren neuesten Lieferungen zunächst sehr unter¬
haltend erzählte Seegcschichten von Casimir Henrico: Die Perle von Gra-
velingen, bei denen wir aber doch gewünscht hätten, daß der Verfasser einen
> etwas weniger hohen Ton angestimmt hätte; ferner die Geschichte Cäsars von
Alex. Dumas in vier Bänden, ein höchst wunderliches, aber amüsantes Buch,
wenn auch die Heiterkeit, die es erregt, zuweilen mehr dem Verfasser, als dem
Gegenstande gilt. -- Reiseschilderungen aus Mexico, Schilderungen vom Prä¬
sidenten Santa Anna, zum Theil recht interessanter Art, enthält der vierte


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Schücking und Louise von Galt" (18ni). Auch in Lustspielen hat sie sich
dreimal versucht: „Ich Hab's gewagt;" „die gnädige Frau;" und „ein schlech¬
tes Gewissen." Die vorliegenden Novellen gehören nach dem Urtheil ihres
Mannes zu ihren reifsten Leistungen. Sie nehmen in der That eine ehren¬
volle Stelle in der Damenlitenttur ein, vor allem wegen einer gewissen gebil¬
deten Ironie, die aber wohl zu unterscheiden ist von der romantischen Ironie.
Die Dichterin läßt sich durch ihre augenblicklichen Impulse nicht vollständig
hinreißen, sie bleibt ihren Stimmungen gegenüber frei und hat daher ein wirk¬
liches Urtheil über ihre Charaktere; aber sie meint es zugleich mit ihnen ehr¬
lich und stellt nichts dar, als waS sich aus ihrer Natur wirklich herleiten läßt.
Ihre Anschauung ist nicht reich, obgleich das Costüm häufig genug wechselt;
aber sie ist gebildet. Daß ihre Naturkraft nicht stark ist, zeigt sich hauptsäch¬
lich in der Unterhaltung, bei der man fast immer die mitarbeitende Reflexion
wahrnimmt. Einen interessanten Vergleich bietet die kleine Novelle „Gretchen"
mit dem vorher erwähnten Roman von Fanny Lewald, der einen ganz ähnlichen
Stoff behandelt. Die kleine Novelle ist zierlicher und eleganter, aber im Ro¬
man ist doch mehr wahres und ursprüngliches Leben. —


Parabeln aus dem Leben der Natur. Aus dem Englischen der Mrs. A.
Gally. Leipzig, Arnoldische Buchhandlung. —

ES ist das bekannte sentimental- phantastische Genre, welches eigentlich
erst von Deutschland nach England übertragen ist, und in welchem Andersen
der Ruhm der größten Virtuosität zukommt; übrigens ganz geschickt ausgeführt. —


Blaue Blätter für Humor, Laune, Witz und Satyre. Von M. G. Sa¬
phir aus seinen Schriften gesammelt. S. und 6. Lieferung. Pesth, Hart¬
leben. —

Aus dem Stil dieses Buchs, der Jean Paul und Börne nachgebildet
ist, kann man sich, obgleich er nur eine Travestie ist, die Fehler des Urbilds
recht deutlich vergegenwärtigen. —


liiblioUlvciuo internatiorislo. Kruxellos Le I^si^ig. lücssling, Lclmüo K Lo.—

Die Sammlung enthält in ihren neuesten Lieferungen zunächst sehr unter¬
haltend erzählte Seegcschichten von Casimir Henrico: Die Perle von Gra-
velingen, bei denen wir aber doch gewünscht hätten, daß der Verfasser einen
> etwas weniger hohen Ton angestimmt hätte; ferner die Geschichte Cäsars von
Alex. Dumas in vier Bänden, ein höchst wunderliches, aber amüsantes Buch,
wenn auch die Heiterkeit, die es erregt, zuweilen mehr dem Verfasser, als dem
Gegenstande gilt. — Reiseschilderungen aus Mexico, Schilderungen vom Prä¬
sidenten Santa Anna, zum Theil recht interessanter Art, enthält der vierte


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[0419] Schücking und Louise von Galt" (18ni). Auch in Lustspielen hat sie sich dreimal versucht: „Ich Hab's gewagt;" „die gnädige Frau;" und „ein schlech¬ tes Gewissen." Die vorliegenden Novellen gehören nach dem Urtheil ihres Mannes zu ihren reifsten Leistungen. Sie nehmen in der That eine ehren¬ volle Stelle in der Damenlitenttur ein, vor allem wegen einer gewissen gebil¬ deten Ironie, die aber wohl zu unterscheiden ist von der romantischen Ironie. Die Dichterin läßt sich durch ihre augenblicklichen Impulse nicht vollständig hinreißen, sie bleibt ihren Stimmungen gegenüber frei und hat daher ein wirk¬ liches Urtheil über ihre Charaktere; aber sie meint es zugleich mit ihnen ehr¬ lich und stellt nichts dar, als waS sich aus ihrer Natur wirklich herleiten läßt. Ihre Anschauung ist nicht reich, obgleich das Costüm häufig genug wechselt; aber sie ist gebildet. Daß ihre Naturkraft nicht stark ist, zeigt sich hauptsäch¬ lich in der Unterhaltung, bei der man fast immer die mitarbeitende Reflexion wahrnimmt. Einen interessanten Vergleich bietet die kleine Novelle „Gretchen" mit dem vorher erwähnten Roman von Fanny Lewald, der einen ganz ähnlichen Stoff behandelt. Die kleine Novelle ist zierlicher und eleganter, aber im Ro¬ man ist doch mehr wahres und ursprüngliches Leben. — Parabeln aus dem Leben der Natur. Aus dem Englischen der Mrs. A. Gally. Leipzig, Arnoldische Buchhandlung. — ES ist das bekannte sentimental- phantastische Genre, welches eigentlich erst von Deutschland nach England übertragen ist, und in welchem Andersen der Ruhm der größten Virtuosität zukommt; übrigens ganz geschickt ausgeführt. — Blaue Blätter für Humor, Laune, Witz und Satyre. Von M. G. Sa¬ phir aus seinen Schriften gesammelt. S. und 6. Lieferung. Pesth, Hart¬ leben. — Aus dem Stil dieses Buchs, der Jean Paul und Börne nachgebildet ist, kann man sich, obgleich er nur eine Travestie ist, die Fehler des Urbilds recht deutlich vergegenwärtigen. — liiblioUlvciuo internatiorislo. Kruxellos Le I^si^ig. lücssling, Lclmüo K Lo.— Die Sammlung enthält in ihren neuesten Lieferungen zunächst sehr unter¬ haltend erzählte Seegcschichten von Casimir Henrico: Die Perle von Gra- velingen, bei denen wir aber doch gewünscht hätten, daß der Verfasser einen > etwas weniger hohen Ton angestimmt hätte; ferner die Geschichte Cäsars von Alex. Dumas in vier Bänden, ein höchst wunderliches, aber amüsantes Buch, wenn auch die Heiterkeit, die es erregt, zuweilen mehr dem Verfasser, als dem Gegenstande gilt. — Reiseschilderungen aus Mexico, Schilderungen vom Prä¬ sidenten Santa Anna, zum Theil recht interessanter Art, enthält der vierte S2*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/419>, abgerufen am 07.05.2024.