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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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Band des Buchs IVIarlö (?iovanni, Zsurrial 6e vo^a^s Z'uns ?g,rlsiönne,
reüiAL par ^Isxanärc! Dumas. --Einen sehr liebenswürdigen Humor entwickeln
die Jagdgeschichten, die der Marquis von Foudras in seinem Buch I^es
liomwes as8 dvig, zwei Bände, gesammelt hat, namentlich die erste Geschichte,
das Jagdabenteuer einiger burgundischer Pfarrer aus der Zeit des kmeisri i-LKims
ist mit viel guter Laune erzählt. -- Ein neuer Roman von Gondrecourt
in zwei Bänden: vns ol-ais könne, fängt mit gar nicht uninteressanter Skiz¬
zen aus dem blastrten und liederlichen pariser Leben an, aber nur um den
Leser gleich darauf in die complicirteste Romantik zu verführen. Seit zehn
Jahren ist die französische Belletristik in einem fortwährenden Sinken, und
das Epigoncnthnm, 'welches man auch der deutschen Literatur nachsagt, macht
sich in der französischen noch viel auffallender geltend. -- Gleichzeitig ist von
diesem Roman eine Uebersetzung von Dr. Engelmann erschienen, im neuen
belletristischen Lesecabinet (Pesth, Wien und Leipzig, Hartleben), Lieferung
276--281/




Berliner Eindrücke.
2.
Das Haus der Abgeordneten.

(Fortsetzung.)

Bei der weitern Durchmusterung deS Hauses will ich mich heute lediglich
auf das formale Talent seiner Mitglieder beschränken, so weit ich dasselbe durch
eignes Anhören beurtheilen kann. Lassen Sie mich die Bemerkung voraus¬
schicken, daß der Eindruck kein sehr günstiger ist. Ehe wir ein parlamentarisches
Leben besaßen, freute man sich allgemein über die Entwicklung der Beredtsam-
keit, die mit einem solchen unzertrennlich verbunden sein würde, und in der That
erregten auch die parlamentarischen Anfänge große Hoffnungen. In der zwei¬
ten Kammer von 1849 wurde im Allgemeinen sehr gut gesprochen, und auch
bei minder begabten Rednern sah man, daß sie sich zusammennahmen, um in
einer gewählten Gesellschaft nicht zurückzubleiben. Bei der gegenwärtigen Ver¬
sammlung muß man nun in den meisten Fällen wahrnehmen, daß jeder redet,
was ihm grade in den Sinn kommt. Nur selten nimmt man eine gründliche
Vorbereitung wahr, nur selten ist also der Redestoff so gruppiri, daß er den
beabsichtigten Eindruck macht. Man merkt doch sehr, daß von der Rechten
Stahl, Graf Arnim-Boitzenburg und Bismark-Schönhausen, vom Centrum
Vincke, Simson und der ältere Camphausen, von der Linken Kirchmann, Wal¬
deck, Berg, Bucher u. s. w. fehlen. Für den Zuschauer, der nicht mit der


Band des Buchs IVIarlö (?iovanni, Zsurrial 6e vo^a^s Z'uns ?g,rlsiönne,
reüiAL par ^Isxanärc! Dumas. —Einen sehr liebenswürdigen Humor entwickeln
die Jagdgeschichten, die der Marquis von Foudras in seinem Buch I^es
liomwes as8 dvig, zwei Bände, gesammelt hat, namentlich die erste Geschichte,
das Jagdabenteuer einiger burgundischer Pfarrer aus der Zeit des kmeisri i-LKims
ist mit viel guter Laune erzählt. — Ein neuer Roman von Gondrecourt
in zwei Bänden: vns ol-ais könne, fängt mit gar nicht uninteressanter Skiz¬
zen aus dem blastrten und liederlichen pariser Leben an, aber nur um den
Leser gleich darauf in die complicirteste Romantik zu verführen. Seit zehn
Jahren ist die französische Belletristik in einem fortwährenden Sinken, und
das Epigoncnthnm, 'welches man auch der deutschen Literatur nachsagt, macht
sich in der französischen noch viel auffallender geltend. — Gleichzeitig ist von
diesem Roman eine Uebersetzung von Dr. Engelmann erschienen, im neuen
belletristischen Lesecabinet (Pesth, Wien und Leipzig, Hartleben), Lieferung
276—281/




Berliner Eindrücke.
2.
Das Haus der Abgeordneten.

(Fortsetzung.)

Bei der weitern Durchmusterung deS Hauses will ich mich heute lediglich
auf das formale Talent seiner Mitglieder beschränken, so weit ich dasselbe durch
eignes Anhören beurtheilen kann. Lassen Sie mich die Bemerkung voraus¬
schicken, daß der Eindruck kein sehr günstiger ist. Ehe wir ein parlamentarisches
Leben besaßen, freute man sich allgemein über die Entwicklung der Beredtsam-
keit, die mit einem solchen unzertrennlich verbunden sein würde, und in der That
erregten auch die parlamentarischen Anfänge große Hoffnungen. In der zwei¬
ten Kammer von 1849 wurde im Allgemeinen sehr gut gesprochen, und auch
bei minder begabten Rednern sah man, daß sie sich zusammennahmen, um in
einer gewählten Gesellschaft nicht zurückzubleiben. Bei der gegenwärtigen Ver¬
sammlung muß man nun in den meisten Fällen wahrnehmen, daß jeder redet,
was ihm grade in den Sinn kommt. Nur selten nimmt man eine gründliche
Vorbereitung wahr, nur selten ist also der Redestoff so gruppiri, daß er den
beabsichtigten Eindruck macht. Man merkt doch sehr, daß von der Rechten
Stahl, Graf Arnim-Boitzenburg und Bismark-Schönhausen, vom Centrum
Vincke, Simson und der ältere Camphausen, von der Linken Kirchmann, Wal¬
deck, Berg, Bucher u. s. w. fehlen. Für den Zuschauer, der nicht mit der


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[0420] Band des Buchs IVIarlö (?iovanni, Zsurrial 6e vo^a^s Z'uns ?g,rlsiönne, reüiAL par ^Isxanärc! Dumas. —Einen sehr liebenswürdigen Humor entwickeln die Jagdgeschichten, die der Marquis von Foudras in seinem Buch I^es liomwes as8 dvig, zwei Bände, gesammelt hat, namentlich die erste Geschichte, das Jagdabenteuer einiger burgundischer Pfarrer aus der Zeit des kmeisri i-LKims ist mit viel guter Laune erzählt. — Ein neuer Roman von Gondrecourt in zwei Bänden: vns ol-ais könne, fängt mit gar nicht uninteressanter Skiz¬ zen aus dem blastrten und liederlichen pariser Leben an, aber nur um den Leser gleich darauf in die complicirteste Romantik zu verführen. Seit zehn Jahren ist die französische Belletristik in einem fortwährenden Sinken, und das Epigoncnthnm, 'welches man auch der deutschen Literatur nachsagt, macht sich in der französischen noch viel auffallender geltend. — Gleichzeitig ist von diesem Roman eine Uebersetzung von Dr. Engelmann erschienen, im neuen belletristischen Lesecabinet (Pesth, Wien und Leipzig, Hartleben), Lieferung 276—281/ Berliner Eindrücke. 2. Das Haus der Abgeordneten. (Fortsetzung.) Bei der weitern Durchmusterung deS Hauses will ich mich heute lediglich auf das formale Talent seiner Mitglieder beschränken, so weit ich dasselbe durch eignes Anhören beurtheilen kann. Lassen Sie mich die Bemerkung voraus¬ schicken, daß der Eindruck kein sehr günstiger ist. Ehe wir ein parlamentarisches Leben besaßen, freute man sich allgemein über die Entwicklung der Beredtsam- keit, die mit einem solchen unzertrennlich verbunden sein würde, und in der That erregten auch die parlamentarischen Anfänge große Hoffnungen. In der zwei¬ ten Kammer von 1849 wurde im Allgemeinen sehr gut gesprochen, und auch bei minder begabten Rednern sah man, daß sie sich zusammennahmen, um in einer gewählten Gesellschaft nicht zurückzubleiben. Bei der gegenwärtigen Ver¬ sammlung muß man nun in den meisten Fällen wahrnehmen, daß jeder redet, was ihm grade in den Sinn kommt. Nur selten nimmt man eine gründliche Vorbereitung wahr, nur selten ist also der Redestoff so gruppiri, daß er den beabsichtigten Eindruck macht. Man merkt doch sehr, daß von der Rechten Stahl, Graf Arnim-Boitzenburg und Bismark-Schönhausen, vom Centrum Vincke, Simson und der ältere Camphausen, von der Linken Kirchmann, Wal¬ deck, Berg, Bucher u. s. w. fehlen. Für den Zuschauer, der nicht mit der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/420>, abgerufen am 07.05.2024.