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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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Die englisch-amerikanische Differenz.
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Die Werbungsangelegenheit.

'Die wegen der englischen Werbungen auf dem nordamerikanischen Festlande
mit den Vereinigten Staaten entstandene Differenz ist viel einfacher, als die
mittelamerikanische, und wäre mit einem Wort beizulegen, wenn auf Seite des
Beschwerdeführers der gute Wille vorhanden wäre.

Als gegen Ende des Jahres 1834 das Stocken, der Belagerungsarbeiten
vor Sebastopol das anfangs mit allzu sanguinischer Zuversicht so nahe ge¬
glaubte Ende des Kriegs in unerkennbare Ferne hinaufrückte und in den
Leiden des Winters die englische Opercitionöarmee zusammenschmolz, wie Schnee
vor dem Frühlingswind, die Werde ossiziere in England und Irland aber ver¬
gebens nach Recruten suchten, um den reißend schnellen Ausfall in den Reihen
des englischen Heeres zu ersetzen, entschloß sich das Ministerium Aberdeen, die
Befriedigung suchende Kriegslust des Auslandes für seine Zwecke zu benutzen.
Zuerst lenkte eS allerdings seine Blicke auf das europäische Festland, wo die unver¬
siegbare Rauflust der Deutschen und Schweizer den englischen Fahnen reichlichen
Zulauf zuzuführen versprach. Da aber die Regierungen, unter deren Unter¬
thanen man hauptsächlich sich zu recrutiren gedacht, ohne Ausnahme neutral
waren, so ließ sich voraussehen, daß die BeHorden, auf die Landesgesetze ge¬
stützt, der Werbung vielfach Hindernisse in den Weg legen würden. Viele von
den abenteuernden Elementen, auf welche die englischen Werber rechnen mußten,
hatten sich nach den.Vereinigten Staaten gewendet; dort wachte keine argus-
augige Polizei, und niemand, durste man nach früheren Erfahrungen hoffen,
kümmerte sich darum, ob die Verlornen Söhne des deutschen Vaterlandes ihre
Haut nach Centralamerika oder Cuba, um unter dem Banner des einsamen
Sternes auf Freibeuterzüge auszugehen, oder nach der Krim, um unter eng¬
lischer Fahne gegen die Russen zu kämpfen, zu Markte zu tragen beliebten.
Außerdem waren auch in den Vereinigten Staaten die Jrländer, die hier um
kargen Lohn Steine klopften und Chausseen bauten,, und die in Irland selbst
die Werbetrommel vergebens lockte, während sie früher einen Hauptbestandtheil
der englischen Truppen gebildet hatten. Die englische Negierung entschloß sich


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Die englisch-amerikanische Differenz.
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Die Werbungsangelegenheit.

'Die wegen der englischen Werbungen auf dem nordamerikanischen Festlande
mit den Vereinigten Staaten entstandene Differenz ist viel einfacher, als die
mittelamerikanische, und wäre mit einem Wort beizulegen, wenn auf Seite des
Beschwerdeführers der gute Wille vorhanden wäre.

Als gegen Ende des Jahres 1834 das Stocken, der Belagerungsarbeiten
vor Sebastopol das anfangs mit allzu sanguinischer Zuversicht so nahe ge¬
glaubte Ende des Kriegs in unerkennbare Ferne hinaufrückte und in den
Leiden des Winters die englische Opercitionöarmee zusammenschmolz, wie Schnee
vor dem Frühlingswind, die Werde ossiziere in England und Irland aber ver¬
gebens nach Recruten suchten, um den reißend schnellen Ausfall in den Reihen
des englischen Heeres zu ersetzen, entschloß sich das Ministerium Aberdeen, die
Befriedigung suchende Kriegslust des Auslandes für seine Zwecke zu benutzen.
Zuerst lenkte eS allerdings seine Blicke auf das europäische Festland, wo die unver¬
siegbare Rauflust der Deutschen und Schweizer den englischen Fahnen reichlichen
Zulauf zuzuführen versprach. Da aber die Regierungen, unter deren Unter¬
thanen man hauptsächlich sich zu recrutiren gedacht, ohne Ausnahme neutral
waren, so ließ sich voraussehen, daß die BeHorden, auf die Landesgesetze ge¬
stützt, der Werbung vielfach Hindernisse in den Weg legen würden. Viele von
den abenteuernden Elementen, auf welche die englischen Werber rechnen mußten,
hatten sich nach den.Vereinigten Staaten gewendet; dort wachte keine argus-
augige Polizei, und niemand, durste man nach früheren Erfahrungen hoffen,
kümmerte sich darum, ob die Verlornen Söhne des deutschen Vaterlandes ihre
Haut nach Centralamerika oder Cuba, um unter dem Banner des einsamen
Sternes auf Freibeuterzüge auszugehen, oder nach der Krim, um unter eng¬
lischer Fahne gegen die Russen zu kämpfen, zu Markte zu tragen beliebten.
Außerdem waren auch in den Vereinigten Staaten die Jrländer, die hier um
kargen Lohn Steine klopften und Chausseen bauten,, und die in Irland selbst
die Werbetrommel vergebens lockte, während sie früher einen Hauptbestandtheil
der englischen Truppen gebildet hatten. Die englische Negierung entschloß sich


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[0409] Die englisch-amerikanische Differenz. ^ . - . ^ ^ ^ 2.^ , . ^ Die Werbungsangelegenheit. 'Die wegen der englischen Werbungen auf dem nordamerikanischen Festlande mit den Vereinigten Staaten entstandene Differenz ist viel einfacher, als die mittelamerikanische, und wäre mit einem Wort beizulegen, wenn auf Seite des Beschwerdeführers der gute Wille vorhanden wäre. Als gegen Ende des Jahres 1834 das Stocken, der Belagerungsarbeiten vor Sebastopol das anfangs mit allzu sanguinischer Zuversicht so nahe ge¬ glaubte Ende des Kriegs in unerkennbare Ferne hinaufrückte und in den Leiden des Winters die englische Opercitionöarmee zusammenschmolz, wie Schnee vor dem Frühlingswind, die Werde ossiziere in England und Irland aber ver¬ gebens nach Recruten suchten, um den reißend schnellen Ausfall in den Reihen des englischen Heeres zu ersetzen, entschloß sich das Ministerium Aberdeen, die Befriedigung suchende Kriegslust des Auslandes für seine Zwecke zu benutzen. Zuerst lenkte eS allerdings seine Blicke auf das europäische Festland, wo die unver¬ siegbare Rauflust der Deutschen und Schweizer den englischen Fahnen reichlichen Zulauf zuzuführen versprach. Da aber die Regierungen, unter deren Unter¬ thanen man hauptsächlich sich zu recrutiren gedacht, ohne Ausnahme neutral waren, so ließ sich voraussehen, daß die BeHorden, auf die Landesgesetze ge¬ stützt, der Werbung vielfach Hindernisse in den Weg legen würden. Viele von den abenteuernden Elementen, auf welche die englischen Werber rechnen mußten, hatten sich nach den.Vereinigten Staaten gewendet; dort wachte keine argus- augige Polizei, und niemand, durste man nach früheren Erfahrungen hoffen, kümmerte sich darum, ob die Verlornen Söhne des deutschen Vaterlandes ihre Haut nach Centralamerika oder Cuba, um unter dem Banner des einsamen Sternes auf Freibeuterzüge auszugehen, oder nach der Krim, um unter eng¬ lischer Fahne gegen die Russen zu kämpfen, zu Markte zu tragen beliebten. Außerdem waren auch in den Vereinigten Staaten die Jrländer, die hier um kargen Lohn Steine klopften und Chausseen bauten,, und die in Irland selbst die Werbetrommel vergebens lockte, während sie früher einen Hauptbestandtheil der englischen Truppen gebildet hatten. Die englische Negierung entschloß sich Grenzboten. II. -I8so. 51

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/409>, abgerufen am 04.05.2024.