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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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Literatur.

Meine Wanderung durchs Leben. Ein Beitrag zur innern Geschichte
der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von or. Gerd Elters, königlich prcusz.
Geheimen Negierungsrathe a. D. -- Die Beiträge zur Kenntniß der innern Ge¬
schichte Deutschlands im ersten Viertel dieses Jahrhunderts mehren sich in Gestalt
von Denkwürdigkeiten, von bei den Ereignissen betheiligten Männern in erfreulicher
Weise. Auch das vorliegende Werk, von dem der erste Theil soeben bei Brockhaus
erschienen ist. ist ein dankenswerther Beitrag dieser Art. Der Versasser, dem
sächsisch-friesischen Bauernstande am Gestade der Nordsee entsprossen, arbeitete sich
durch eigne Kraft in der wissenschaftlich belebten und politisch aufgeregten Zeit von
481t) an zu einem tüchtigen Schulmann empor, als welcher er in Bremen an einer
durch den Bürgermeister Smidt ins Leben gerufenen großartigen Schulanstalt
wirkte, dann an die Spitze des Gymnasiums in Kreuznach trat, und alsdann
20 Jahre lang dem Schulwesen und der kirchlichen Verwaltung in der Rheinprovinz
mit Liebe und Aufopferung alle seine Kräfte widmete, nämlich erst als Gymnasial-
director, dann als Regierungs- und Provinzialschulrath und als Mitglied des
rheinischen Provinzialconsistoriums. 1850 nach Berlin in das Ministerium der geist¬
lichen und Unterrichtsangelcgenhciten berufen, sah er sich aus einen Platz gestellt,
von welchem aus er in die Centralpunkte der Regierung und Verwaltung des
Staats hineinblicken konnte, "durch dessen Macht und Weisheit das Schicksal der
deutschen Nation zum größten Theile bedingt ist." Er wirkte unter Eichhorn, in
den wesentlichsten Punkten mit diesem Minister einverstanden, bis der März 1848
neue Persönlichkeiten ans Nuder brachte. Was Elters in dieser ereignißreichen
Zeit erlebt hat, soll das vorliegende Wert schildern.-

Der erste Band enthält seine Erlebnisse bis zu seiner Berufung in die Rhein
provinz; Schilderungen aus seinem Jugendleben unter den jcverländcr Bauern,
seiner Studienjahre, die ihn frühzeitig mit merkwürdigen Zeitgenossen, wie dem
jetzt berühmten Geschichtschreiber Schlosser zusammenführten, dem er persönlich
sehr nahe stand; seines Aufenthalts in Frankfurt während jener alle deutschen
Herzen bald mit Bangigkeit, bald mit Begeisterung erfüllenden großen Zeit von
1813--1817, wo er unter andern den Freiherrn von Stein näher kennen lernte,
von dem in diesem Bande eine ausführliche Charakteristik versucht wird; endlich
seines. Aufenthalts in Bremen "ut interessanten Charakterbildern aus den Gesell¬
schaftskreisen der dortigen kaufmännischen Aristokratie, verglichen mit der ganz
anders gefärbten der ehemaligen freien Reichsstadt Frankfurt. -- -Der zweite Band
soll die Lebensbilder enthalten, welche er während seiner 20jährigen Wirksamkeit
in der Rheinprovinz ausgenommen; der dritte und wichtigste endlich diejenigen
Anschauungen, die er in Berlin erhalten, so wie eine Beleuchtung der publicistischen
Parteikämpfe, zu deren genauerer Beobachtung er in der Rheinprovinz als Censor
und in Berlin als Mitglied der ministeriellen Censurcommissiön Gelegenheit und
Veranlassung hatte. Der Versasser gehört in kirchlicher Hinsicht der strenggläubigen,
in politischer der conservativen Richtung an, aber er steht weit ab von der sana-


Literatur.

Meine Wanderung durchs Leben. Ein Beitrag zur innern Geschichte
der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von or. Gerd Elters, königlich prcusz.
Geheimen Negierungsrathe a. D. — Die Beiträge zur Kenntniß der innern Ge¬
schichte Deutschlands im ersten Viertel dieses Jahrhunderts mehren sich in Gestalt
von Denkwürdigkeiten, von bei den Ereignissen betheiligten Männern in erfreulicher
Weise. Auch das vorliegende Werk, von dem der erste Theil soeben bei Brockhaus
erschienen ist. ist ein dankenswerther Beitrag dieser Art. Der Versasser, dem
sächsisch-friesischen Bauernstande am Gestade der Nordsee entsprossen, arbeitete sich
durch eigne Kraft in der wissenschaftlich belebten und politisch aufgeregten Zeit von
481t) an zu einem tüchtigen Schulmann empor, als welcher er in Bremen an einer
durch den Bürgermeister Smidt ins Leben gerufenen großartigen Schulanstalt
wirkte, dann an die Spitze des Gymnasiums in Kreuznach trat, und alsdann
20 Jahre lang dem Schulwesen und der kirchlichen Verwaltung in der Rheinprovinz
mit Liebe und Aufopferung alle seine Kräfte widmete, nämlich erst als Gymnasial-
director, dann als Regierungs- und Provinzialschulrath und als Mitglied des
rheinischen Provinzialconsistoriums. 1850 nach Berlin in das Ministerium der geist¬
lichen und Unterrichtsangelcgenhciten berufen, sah er sich aus einen Platz gestellt,
von welchem aus er in die Centralpunkte der Regierung und Verwaltung des
Staats hineinblicken konnte, „durch dessen Macht und Weisheit das Schicksal der
deutschen Nation zum größten Theile bedingt ist." Er wirkte unter Eichhorn, in
den wesentlichsten Punkten mit diesem Minister einverstanden, bis der März 1848
neue Persönlichkeiten ans Nuder brachte. Was Elters in dieser ereignißreichen
Zeit erlebt hat, soll das vorliegende Wert schildern.-

Der erste Band enthält seine Erlebnisse bis zu seiner Berufung in die Rhein
provinz; Schilderungen aus seinem Jugendleben unter den jcverländcr Bauern,
seiner Studienjahre, die ihn frühzeitig mit merkwürdigen Zeitgenossen, wie dem
jetzt berühmten Geschichtschreiber Schlosser zusammenführten, dem er persönlich
sehr nahe stand; seines Aufenthalts in Frankfurt während jener alle deutschen
Herzen bald mit Bangigkeit, bald mit Begeisterung erfüllenden großen Zeit von
1813—1817, wo er unter andern den Freiherrn von Stein näher kennen lernte,
von dem in diesem Bande eine ausführliche Charakteristik versucht wird; endlich
seines. Aufenthalts in Bremen »ut interessanten Charakterbildern aus den Gesell¬
schaftskreisen der dortigen kaufmännischen Aristokratie, verglichen mit der ganz
anders gefärbten der ehemaligen freien Reichsstadt Frankfurt. — -Der zweite Band
soll die Lebensbilder enthalten, welche er während seiner 20jährigen Wirksamkeit
in der Rheinprovinz ausgenommen; der dritte und wichtigste endlich diejenigen
Anschauungen, die er in Berlin erhalten, so wie eine Beleuchtung der publicistischen
Parteikämpfe, zu deren genauerer Beobachtung er in der Rheinprovinz als Censor
und in Berlin als Mitglied der ministeriellen Censurcommissiön Gelegenheit und
Veranlassung hatte. Der Versasser gehört in kirchlicher Hinsicht der strenggläubigen,
in politischer der conservativen Richtung an, aber er steht weit ab von der sana-


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[0047] Literatur. Meine Wanderung durchs Leben. Ein Beitrag zur innern Geschichte der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von or. Gerd Elters, königlich prcusz. Geheimen Negierungsrathe a. D. — Die Beiträge zur Kenntniß der innern Ge¬ schichte Deutschlands im ersten Viertel dieses Jahrhunderts mehren sich in Gestalt von Denkwürdigkeiten, von bei den Ereignissen betheiligten Männern in erfreulicher Weise. Auch das vorliegende Werk, von dem der erste Theil soeben bei Brockhaus erschienen ist. ist ein dankenswerther Beitrag dieser Art. Der Versasser, dem sächsisch-friesischen Bauernstande am Gestade der Nordsee entsprossen, arbeitete sich durch eigne Kraft in der wissenschaftlich belebten und politisch aufgeregten Zeit von 481t) an zu einem tüchtigen Schulmann empor, als welcher er in Bremen an einer durch den Bürgermeister Smidt ins Leben gerufenen großartigen Schulanstalt wirkte, dann an die Spitze des Gymnasiums in Kreuznach trat, und alsdann 20 Jahre lang dem Schulwesen und der kirchlichen Verwaltung in der Rheinprovinz mit Liebe und Aufopferung alle seine Kräfte widmete, nämlich erst als Gymnasial- director, dann als Regierungs- und Provinzialschulrath und als Mitglied des rheinischen Provinzialconsistoriums. 1850 nach Berlin in das Ministerium der geist¬ lichen und Unterrichtsangelcgenhciten berufen, sah er sich aus einen Platz gestellt, von welchem aus er in die Centralpunkte der Regierung und Verwaltung des Staats hineinblicken konnte, „durch dessen Macht und Weisheit das Schicksal der deutschen Nation zum größten Theile bedingt ist." Er wirkte unter Eichhorn, in den wesentlichsten Punkten mit diesem Minister einverstanden, bis der März 1848 neue Persönlichkeiten ans Nuder brachte. Was Elters in dieser ereignißreichen Zeit erlebt hat, soll das vorliegende Wert schildern.- Der erste Band enthält seine Erlebnisse bis zu seiner Berufung in die Rhein provinz; Schilderungen aus seinem Jugendleben unter den jcverländcr Bauern, seiner Studienjahre, die ihn frühzeitig mit merkwürdigen Zeitgenossen, wie dem jetzt berühmten Geschichtschreiber Schlosser zusammenführten, dem er persönlich sehr nahe stand; seines Aufenthalts in Frankfurt während jener alle deutschen Herzen bald mit Bangigkeit, bald mit Begeisterung erfüllenden großen Zeit von 1813—1817, wo er unter andern den Freiherrn von Stein näher kennen lernte, von dem in diesem Bande eine ausführliche Charakteristik versucht wird; endlich seines. Aufenthalts in Bremen »ut interessanten Charakterbildern aus den Gesell¬ schaftskreisen der dortigen kaufmännischen Aristokratie, verglichen mit der ganz anders gefärbten der ehemaligen freien Reichsstadt Frankfurt. — -Der zweite Band soll die Lebensbilder enthalten, welche er während seiner 20jährigen Wirksamkeit in der Rheinprovinz ausgenommen; der dritte und wichtigste endlich diejenigen Anschauungen, die er in Berlin erhalten, so wie eine Beleuchtung der publicistischen Parteikämpfe, zu deren genauerer Beobachtung er in der Rheinprovinz als Censor und in Berlin als Mitglied der ministeriellen Censurcommissiön Gelegenheit und Veranlassung hatte. Der Versasser gehört in kirchlicher Hinsicht der strenggläubigen, in politischer der conservativen Richtung an, aber er steht weit ab von der sana-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/47>, abgerufen am 04.05.2024.