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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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denen fünfhundert Jahre vorher tels erste Lied der deutschen Einwanderer mit
den guten Worten erklungen war: "In Gottes Namen fahren wir."

Erst die preußische Eroberung vollendete die Germanisirung deS Landes,
erst seit der Zeit erhielten die Echtester das Selbstgefühl, eine einige, kräf¬
tige Landsmannschaft Deutschlands zu sein im unauflöslichen Verbände mit
ihren Bruderstämmen. Was die slawischen Piaster des -13. Jahrhunderts be¬
gannen, beendeten die deutschen Hohenzollern des 18. Jahrhunderts.

(Fortsetzung in der nächsten Nummer).




Die Statistik.

Die Statistik feiert in diesem Moment ihr hundertjähriges Jubiläum als
Wissenschaft. Sie kann es mit gerechtem Stolz, denn sie hat sich manchen
Verdienstorden erworben. Früher meisthin Lurusgegenstand, ist sie in unserer
neuern Volkswirthschaft eW unentbehrliches Hausgeräth geworden.

"Die Statistik, sagt M Culloch, ist in der Staatswissenschaft das. waS
die Figuren in der Mathematik, sie erläutert und beweist." Martignac nannte
sie den "Katalog zu dem bändereichen Werk der menschlichen Bildung." Napo¬
leons Ausspruch: "die Statistik ist das Budget der Sachen, und ohne Budget
wird nichts Gutes" ist ebenso bekannt, wie Schlözers: "die Geschichte ist
eine fortlaufende Statistik und die Statistik eine stillstehende Geschichte." Aller¬
dings schreibt die Statistik Geschichte und sie bedient sich dazu der beredtesten
Sprache von allen, der Zahlen. Diese sind zwar für viele noch Hieroglyphen,
aber die hierophcmtischc Weisheit, die zu ihrem richtigen Verständniß erforder¬
lich ist, wird doch heutzutage immer mehr Gemeingut. Die Kapitalisten bauen
ihre Unternehmungen nach dem Gerüst der Statistik aus, die Regierungen ge¬
ben ihre Gesetze nach statistischen Vorlagen. In den Personallisten der östrei¬
chischen Beamten muß ihrer statistischen Kenntnisse ausdrücklich erwähnt werden
und das große Staatseramen in allen Branchen des Staatsdienstes in Preu¬
ßen hat sich reglemcntsmäßig besonders auch auf die statistischen Kenntnisse
des Candidaten zu erstrecken. Auf allen praktischen Gebieten spielt die Sta¬
tistik eine Hauptrolle. Bei dem vielfachen Interesse, das sie sonach hervor¬
ruft und das in neuerer Zeit durch den statistischen Congreß in Brüssel noch
genährt worden ist, dürfte der folgende kurze historische Abriß über die Ent¬
wicklung und den jetzigen Zustand der Wissenschaft manchem unserer Leser viel¬
leicht nicht unwillkommen sein. Systematische Statistiker d. h. logisch geordnete
Zahlenzusammenstellungen über Staatsverhältnisse und Völkerverkehr kennt
man erst in neuerer Zeit. Statistische Ermittlungen aber fanden schon im grauen


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denen fünfhundert Jahre vorher tels erste Lied der deutschen Einwanderer mit
den guten Worten erklungen war: „In Gottes Namen fahren wir."

Erst die preußische Eroberung vollendete die Germanisirung deS Landes,
erst seit der Zeit erhielten die Echtester das Selbstgefühl, eine einige, kräf¬
tige Landsmannschaft Deutschlands zu sein im unauflöslichen Verbände mit
ihren Bruderstämmen. Was die slawischen Piaster des -13. Jahrhunderts be¬
gannen, beendeten die deutschen Hohenzollern des 18. Jahrhunderts.

(Fortsetzung in der nächsten Nummer).




Die Statistik.

Die Statistik feiert in diesem Moment ihr hundertjähriges Jubiläum als
Wissenschaft. Sie kann es mit gerechtem Stolz, denn sie hat sich manchen
Verdienstorden erworben. Früher meisthin Lurusgegenstand, ist sie in unserer
neuern Volkswirthschaft eW unentbehrliches Hausgeräth geworden.

„Die Statistik, sagt M Culloch, ist in der Staatswissenschaft das. waS
die Figuren in der Mathematik, sie erläutert und beweist." Martignac nannte
sie den „Katalog zu dem bändereichen Werk der menschlichen Bildung." Napo¬
leons Ausspruch: „die Statistik ist das Budget der Sachen, und ohne Budget
wird nichts Gutes" ist ebenso bekannt, wie Schlözers: „die Geschichte ist
eine fortlaufende Statistik und die Statistik eine stillstehende Geschichte." Aller¬
dings schreibt die Statistik Geschichte und sie bedient sich dazu der beredtesten
Sprache von allen, der Zahlen. Diese sind zwar für viele noch Hieroglyphen,
aber die hierophcmtischc Weisheit, die zu ihrem richtigen Verständniß erforder¬
lich ist, wird doch heutzutage immer mehr Gemeingut. Die Kapitalisten bauen
ihre Unternehmungen nach dem Gerüst der Statistik aus, die Regierungen ge¬
ben ihre Gesetze nach statistischen Vorlagen. In den Personallisten der östrei¬
chischen Beamten muß ihrer statistischen Kenntnisse ausdrücklich erwähnt werden
und das große Staatseramen in allen Branchen des Staatsdienstes in Preu¬
ßen hat sich reglemcntsmäßig besonders auch auf die statistischen Kenntnisse
des Candidaten zu erstrecken. Auf allen praktischen Gebieten spielt die Sta¬
tistik eine Hauptrolle. Bei dem vielfachen Interesse, das sie sonach hervor¬
ruft und das in neuerer Zeit durch den statistischen Congreß in Brüssel noch
genährt worden ist, dürfte der folgende kurze historische Abriß über die Ent¬
wicklung und den jetzigen Zustand der Wissenschaft manchem unserer Leser viel¬
leicht nicht unwillkommen sein. Systematische Statistiker d. h. logisch geordnete
Zahlenzusammenstellungen über Staatsverhältnisse und Völkerverkehr kennt
man erst in neuerer Zeit. Statistische Ermittlungen aber fanden schon im grauen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/59>, abgerufen am 04.05.2024.