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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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gehen, d. h. er muß nicht blos die Memoiren der Kammerherren und Kammer¬
diener durchblättern, sondern sich aus den Archiven eine detaillirte Kenntniß
der sittlichen Zustände aneignen. --


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6 Lie. --

Die Geschichte ist allerliebst erzählt, mit aller Anmuth und allem Esprit
einer gebildeten Französin, und dabei mit jenem realistischen Talent, welches
aus der Gewohnheit einer lebhaften Conversation hervorgeht; aber die Grund¬
lage der Erzählung ist verfehlt, denn die träumerisch-poetische Natur, wie sie
hier geschildert wird, kann sich im wirklichen Leben niemals zu jener männ¬
lichen Selbstständigkeit erheben, die nothwendig ist, um sich die Liebe, Achtung
und daS Zutrauen der andern Menschen zu erwerben. Es ist merkwürdig,
wie sehr die Epidemie der domines ineompris, an der wir früher in Deutsch¬
land litten, in der jungen französischen Literatur um sich gegriffen hat. --


I-o roi des montsgllos psr üllmonck l"out. I'frih, l-. IlselivU.e Le Cie. --

Eine Episode aus dem griechischen Räuberleben, mit seiner Lebendigkeit
und einem Humor erzählt, die in uns das Gefühl der Naturwahrheit erregen
und die einen vollkommen heitern Eindruck hinterlassen würden, wenn uns der
Verfasser die Greuel erspart hätte, die er zur Charakteristik seines Näuber-
hauptmannS anführt. Sie mögen der Wirklichkeit entsprechen, aber der glück¬
liche Ton der Dichtung wird dadurch auf eine unangenehme Weise unter-
. Krochen. --




Ultramontane Spielereien.
Thomas Morus. Historische Tragödie von Oscar von Redwitz. Mainz,
Franz Kirchheim. --

Daß in poetischer Beziehung die Werke des Herrn von Redwitz , die be¬
rühmte Amaranth mit eingeschlossen, auf einer ziemlich niedrigen Stufe stehen,
und daß der Dichter mit jedem neuen Werk einen Schritt tiefer steigt, ist heute
von der Kritik so allgemein anerkannt, daß man nicht weiter darauf einzugehen
braucht. Der Dichter selbst ist natürlich anderer Meinung, allein die poetische
Form, in der er seine Kritiker zurechtweist, ist nicht geeignet, das Publicum
von seinem poetischen Talent zu überzeugen.


Wollt einen Adler 'an die Kette legen,
Wie wird sein Fittig sich zur Sonne mühn! --
Und wer ein Sänger ist von Gottes Gnaden,
Was wollen Menschen dem am Singen schaden !

gehen, d. h. er muß nicht blos die Memoiren der Kammerherren und Kammer¬
diener durchblättern, sondern sich aus den Archiven eine detaillirte Kenntniß
der sittlichen Zustände aneignen. —


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6 Lie. —

Die Geschichte ist allerliebst erzählt, mit aller Anmuth und allem Esprit
einer gebildeten Französin, und dabei mit jenem realistischen Talent, welches
aus der Gewohnheit einer lebhaften Conversation hervorgeht; aber die Grund¬
lage der Erzählung ist verfehlt, denn die träumerisch-poetische Natur, wie sie
hier geschildert wird, kann sich im wirklichen Leben niemals zu jener männ¬
lichen Selbstständigkeit erheben, die nothwendig ist, um sich die Liebe, Achtung
und daS Zutrauen der andern Menschen zu erwerben. Es ist merkwürdig,
wie sehr die Epidemie der domines ineompris, an der wir früher in Deutsch¬
land litten, in der jungen französischen Literatur um sich gegriffen hat. —


I-o roi des montsgllos psr üllmonck l»out. I'frih, l-. IlselivU.e Le Cie. —

Eine Episode aus dem griechischen Räuberleben, mit seiner Lebendigkeit
und einem Humor erzählt, die in uns das Gefühl der Naturwahrheit erregen
und die einen vollkommen heitern Eindruck hinterlassen würden, wenn uns der
Verfasser die Greuel erspart hätte, die er zur Charakteristik seines Näuber-
hauptmannS anführt. Sie mögen der Wirklichkeit entsprechen, aber der glück¬
liche Ton der Dichtung wird dadurch auf eine unangenehme Weise unter-
. Krochen. —




Ultramontane Spielereien.
Thomas Morus. Historische Tragödie von Oscar von Redwitz. Mainz,
Franz Kirchheim. —

Daß in poetischer Beziehung die Werke des Herrn von Redwitz , die be¬
rühmte Amaranth mit eingeschlossen, auf einer ziemlich niedrigen Stufe stehen,
und daß der Dichter mit jedem neuen Werk einen Schritt tiefer steigt, ist heute
von der Kritik so allgemein anerkannt, daß man nicht weiter darauf einzugehen
braucht. Der Dichter selbst ist natürlich anderer Meinung, allein die poetische
Form, in der er seine Kritiker zurechtweist, ist nicht geeignet, das Publicum
von seinem poetischen Talent zu überzeugen.


Wollt einen Adler 'an die Kette legen,
Wie wird sein Fittig sich zur Sonne mühn! —
Und wer ein Sänger ist von Gottes Gnaden,
Was wollen Menschen dem am Singen schaden !

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[0142] gehen, d. h. er muß nicht blos die Memoiren der Kammerherren und Kammer¬ diener durchblättern, sondern sich aus den Archiven eine detaillirte Kenntniß der sittlichen Zustände aneignen. — Un'ü II^^U-Q '5,6 .Mttf-lU!'^ ^is^^»l-M:AM>j^!N?1V/M^.'^ msriage on provinev psr inne t,voviv et'^uncl. ?frih. 1^. »»ekelte 6 Lie. — Die Geschichte ist allerliebst erzählt, mit aller Anmuth und allem Esprit einer gebildeten Französin, und dabei mit jenem realistischen Talent, welches aus der Gewohnheit einer lebhaften Conversation hervorgeht; aber die Grund¬ lage der Erzählung ist verfehlt, denn die träumerisch-poetische Natur, wie sie hier geschildert wird, kann sich im wirklichen Leben niemals zu jener männ¬ lichen Selbstständigkeit erheben, die nothwendig ist, um sich die Liebe, Achtung und daS Zutrauen der andern Menschen zu erwerben. Es ist merkwürdig, wie sehr die Epidemie der domines ineompris, an der wir früher in Deutsch¬ land litten, in der jungen französischen Literatur um sich gegriffen hat. — I-o roi des montsgllos psr üllmonck l»out. I'frih, l-. IlselivU.e Le Cie. — Eine Episode aus dem griechischen Räuberleben, mit seiner Lebendigkeit und einem Humor erzählt, die in uns das Gefühl der Naturwahrheit erregen und die einen vollkommen heitern Eindruck hinterlassen würden, wenn uns der Verfasser die Greuel erspart hätte, die er zur Charakteristik seines Näuber- hauptmannS anführt. Sie mögen der Wirklichkeit entsprechen, aber der glück¬ liche Ton der Dichtung wird dadurch auf eine unangenehme Weise unter- . Krochen. — Ultramontane Spielereien. Thomas Morus. Historische Tragödie von Oscar von Redwitz. Mainz, Franz Kirchheim. — Daß in poetischer Beziehung die Werke des Herrn von Redwitz , die be¬ rühmte Amaranth mit eingeschlossen, auf einer ziemlich niedrigen Stufe stehen, und daß der Dichter mit jedem neuen Werk einen Schritt tiefer steigt, ist heute von der Kritik so allgemein anerkannt, daß man nicht weiter darauf einzugehen braucht. Der Dichter selbst ist natürlich anderer Meinung, allein die poetische Form, in der er seine Kritiker zurechtweist, ist nicht geeignet, das Publicum von seinem poetischen Talent zu überzeugen. Wollt einen Adler 'an die Kette legen, Wie wird sein Fittig sich zur Sonne mühn! — Und wer ein Sänger ist von Gottes Gnaden, Was wollen Menschen dem am Singen schaden !

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/142>, abgerufen am 27.04.2024.