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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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ihr ein Loch unb stellt sie fest aufrecht; dann werden noch andere Tannen
ihrer sämmtliche" Zweige beraubt; mehre Fuhren dieser Zweige werden zwischen
den Aesten des auserkorenen Opfers befestigt, so daß eine grüne Pyramide
entsteht, und ist dann die Nacht eingebrochen, so wird die Tanne angezündet.
Eine dicke weiße Rauchsäule steigt wirbelnd gen Himmel. Dann bricht plötz¬
lich die Flamme hervor, und eine halbe Stunde lang steht ganz Starik unter
einem Feuerregen; das Nadelholz prasselt und zischt, und wie Raketen steigen
die Funken in die Luft. Unterdeß spielt die Musik moldauische Weisen, die
Bauern und auch wol die Badegäste bilden große Kreise und tanzen die Hora
bei der magische" Beleuchtung. Es ist ein echt moldauisches Schauspiel, aber
ich habe dabei vergnügtere Gesichter gesehn, als bei Feuerwerken, wo Namens-
züge im Brillantfeuer glänzten. -- Höchst wahrscheinlich werden einmal bei
einer solche" Gelegenheit sämmtliche Baraken ausbrennen, wenn sich ein plötz¬
licher Windstoß in das Bergnügen mischt. Ein kleiner Unfall hat schon einmal
stattgefunden. Vor zehn Jahren hatte ein Badegast den Einfall, ein solches
Feuerwerk auf einem der Bergabhänge zu gebe", was sich freilich sehr hübsch
ausnahm, aber den ganzen Wald in Brand steckte. In dem Badeorte war
es vor Hitze und Rauch nicht auszuhalten; die Gäste mußten fort. Etwa
achtzig preußische Morgen des schönsten Waldes waren vernichtet, als sich
endlich ein tüchtiger Platzregen der Sache annahm. -- Fährt man noch einige
Jahre fort, so rücksichtslos zu Hausen, so wird Starik seines schönsten Schmuckes,
der Bäume, vollständig beraubt sein.

Doch eS ist Zeit, der Schilderung des moldauische" Badeortes ein Ende
ZU machen. Trotz aller weitläufig beschriebenen Mühseligkeiten denkt Schreiber
dieser Zeilen mit Freude an Starik zurück, an die Gutmüthigkeit und Geselligkeit
seiner Moldauer, wenn sie ihr Geschäftsleben zu Hause lassen, an die wilde
Schönheit der Natur, und endlich an die Wirksamkeit der sieben Heilquellen.
Ueber den medicinischen Werth und chemischen Gehalt der Quellen verweise
>es als gläubiger Bekenner aus eine in Jassy erschienene Broschüre des als
Arzt und Mensch hochgeachteten Dr. Steegc.




Korrespondenzen.
Sklavenwescn.

Nichts bezeichnet mehr die große Leidenschaft¬
lichkeit, womit die Sklaveupartei im Süden der Vereinigten Staaten ihr Interesse ver¬
sieht, als der Gedanke, auf den einige ihrer Führer geriethen, den auswärtigen
Sklavenhandel, der seit fünfzig Jahren in den Vereinigten Staaten ans das strengste
verboten ist und auch factisch aufgehört hat, zu erneuern, -- namentlich die Ein¬
fuhr von Negern aus Afrika. Wer sich darüber empört fühlte oder gar der Be¬
sorgnis Raum gab, daß ein so furchtbarer Rückschritt sich verwirklichen könne, wird


Grenze>oder. I. 1Lo7.

ihr ein Loch unb stellt sie fest aufrecht; dann werden noch andere Tannen
ihrer sämmtliche» Zweige beraubt; mehre Fuhren dieser Zweige werden zwischen
den Aesten des auserkorenen Opfers befestigt, so daß eine grüne Pyramide
entsteht, und ist dann die Nacht eingebrochen, so wird die Tanne angezündet.
Eine dicke weiße Rauchsäule steigt wirbelnd gen Himmel. Dann bricht plötz¬
lich die Flamme hervor, und eine halbe Stunde lang steht ganz Starik unter
einem Feuerregen; das Nadelholz prasselt und zischt, und wie Raketen steigen
die Funken in die Luft. Unterdeß spielt die Musik moldauische Weisen, die
Bauern und auch wol die Badegäste bilden große Kreise und tanzen die Hora
bei der magische» Beleuchtung. Es ist ein echt moldauisches Schauspiel, aber
ich habe dabei vergnügtere Gesichter gesehn, als bei Feuerwerken, wo Namens-
züge im Brillantfeuer glänzten. — Höchst wahrscheinlich werden einmal bei
einer solche» Gelegenheit sämmtliche Baraken ausbrennen, wenn sich ein plötz¬
licher Windstoß in das Bergnügen mischt. Ein kleiner Unfall hat schon einmal
stattgefunden. Vor zehn Jahren hatte ein Badegast den Einfall, ein solches
Feuerwerk auf einem der Bergabhänge zu gebe», was sich freilich sehr hübsch
ausnahm, aber den ganzen Wald in Brand steckte. In dem Badeorte war
es vor Hitze und Rauch nicht auszuhalten; die Gäste mußten fort. Etwa
achtzig preußische Morgen des schönsten Waldes waren vernichtet, als sich
endlich ein tüchtiger Platzregen der Sache annahm. — Fährt man noch einige
Jahre fort, so rücksichtslos zu Hausen, so wird Starik seines schönsten Schmuckes,
der Bäume, vollständig beraubt sein.

Doch eS ist Zeit, der Schilderung des moldauische» Badeortes ein Ende
ZU machen. Trotz aller weitläufig beschriebenen Mühseligkeiten denkt Schreiber
dieser Zeilen mit Freude an Starik zurück, an die Gutmüthigkeit und Geselligkeit
seiner Moldauer, wenn sie ihr Geschäftsleben zu Hause lassen, an die wilde
Schönheit der Natur, und endlich an die Wirksamkeit der sieben Heilquellen.
Ueber den medicinischen Werth und chemischen Gehalt der Quellen verweise
>es als gläubiger Bekenner aus eine in Jassy erschienene Broschüre des als
Arzt und Mensch hochgeachteten Dr. Steegc.




Korrespondenzen.
Sklavenwescn.

Nichts bezeichnet mehr die große Leidenschaft¬
lichkeit, womit die Sklaveupartei im Süden der Vereinigten Staaten ihr Interesse ver¬
sieht, als der Gedanke, auf den einige ihrer Führer geriethen, den auswärtigen
Sklavenhandel, der seit fünfzig Jahren in den Vereinigten Staaten ans das strengste
verboten ist und auch factisch aufgehört hat, zu erneuern, — namentlich die Ein¬
fuhr von Negern aus Afrika. Wer sich darüber empört fühlte oder gar der Be¬
sorgnis Raum gab, daß ein so furchtbarer Rückschritt sich verwirklichen könne, wird


Grenze>oder. I. 1Lo7.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/161>, abgerufen am 27.04.2024.