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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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Ankunft sich mit Billets zu versehen haben, weil nur eine bestimmte Anzahl
Personen in das Schauspielhaus Eingang findet."

Goethe gab während Ifflands Anwesenheit, am 26. 26. 27. 28. 30. April,
1. 2. und 3. Mai Frühstücke, denen Jffland mit Frau und 20-- 30 andern Per¬
sonen beiwohnte. Die Kosten dieses Gastspiels Ifflands betrugen 316 Thlr. 16 Gr.
oder S0 Carolin zur Bestreitung de,r Reisekosten von Berlin nach Weimar und
zurück, wie auch sür eine oder andere Schreiberei.




Ein Bürgerhaus vor sechshundert Znhren.

Paris im dreizehnten Jahrhundert von Anton Springer. Mit einem
Plan. Leipzig, S. Hirzel. --

Das angezeigte Werk ist die graziöse und seine Arbeit eines deutschen
Gelehrten. Der Versasser geht von der Ueberzeugung aus, daß Paris schon
im Mittelalter, vielleicht in noch höherm Grade als jetzt, die einflußreichste
Culturstätte des europäischen Continents gewesen sei. Nachdem er auf die
Einwirkungen, welche sie aus Deutschland ausgeübt, aufmerksam gemacht hat,
entrollt er vor den Augen des Lesers ein Bild der alten Weltstadt in jener
gewaltigen Zeit, wo die Kraft des Bürgerthums zuerst anfing, aus das Leben
der Völker entscheidenden Einfluß zu gewinnen. Er zeichnet mit sicherer Hand
die topographischen Umrisse des alten Paris, schildert das Aussehn seiner
Straßen und Häuser, das Treiben des Marktes und der Universität, das
Wesen der Zünfte, die Physiognomie deö Handels, Volksfeste, sittliches, wissen¬
schaftliches Leben und Künste, Ein reicher Apparat von Belegen und erklä¬
renden Bemerkungen, so wie ein Plan der alten Sode sind angefügt. . Vor¬
zugsweise hübsch ist die Lebendigkeit der Schilderung, es ist kaum möglich,
daß ein modemer Tourist unterhaltender die Zustände des jetzigen Paris be¬
schreiben kann. Die große Mühe und der unendliche Fleiß, mit welchem die
einzelnen Züge aus den Gesetzen der Könige, den Cartularien der Kirche,
aus Steuerrollcn, Zunftregeln, Marktordnungen, Chroniken, Reimgedichten,
Jnventaren zusammengetragen sind,' bemerkt der Leser kaum. Wie ein gutes
Mosaikbild ist das Ganze mit feinem Gefühl auch für das Wirksame, und
Schöne in der Erzählung zusammengefügt. Wenn etwas zu wünschen übrig
bleibt, so ist es das Weiterführen der Schilderung auch auf die folgenden
Jahrhunderte bis zum Eintritt der neuen Zeit. Jedenfalls ist der deutsche
Versasser ebensogut Vazu befähigt, eine Geschichte von Paris zu schreiben, als
einer der jetzt lebenden französischen Historiker; schwerlich wird ein Franzose


Ankunft sich mit Billets zu versehen haben, weil nur eine bestimmte Anzahl
Personen in das Schauspielhaus Eingang findet."

Goethe gab während Ifflands Anwesenheit, am 26. 26. 27. 28. 30. April,
1. 2. und 3. Mai Frühstücke, denen Jffland mit Frau und 20— 30 andern Per¬
sonen beiwohnte. Die Kosten dieses Gastspiels Ifflands betrugen 316 Thlr. 16 Gr.
oder S0 Carolin zur Bestreitung de,r Reisekosten von Berlin nach Weimar und
zurück, wie auch sür eine oder andere Schreiberei.




Ein Bürgerhaus vor sechshundert Znhren.

Paris im dreizehnten Jahrhundert von Anton Springer. Mit einem
Plan. Leipzig, S. Hirzel. —

Das angezeigte Werk ist die graziöse und seine Arbeit eines deutschen
Gelehrten. Der Versasser geht von der Ueberzeugung aus, daß Paris schon
im Mittelalter, vielleicht in noch höherm Grade als jetzt, die einflußreichste
Culturstätte des europäischen Continents gewesen sei. Nachdem er auf die
Einwirkungen, welche sie aus Deutschland ausgeübt, aufmerksam gemacht hat,
entrollt er vor den Augen des Lesers ein Bild der alten Weltstadt in jener
gewaltigen Zeit, wo die Kraft des Bürgerthums zuerst anfing, aus das Leben
der Völker entscheidenden Einfluß zu gewinnen. Er zeichnet mit sicherer Hand
die topographischen Umrisse des alten Paris, schildert das Aussehn seiner
Straßen und Häuser, das Treiben des Marktes und der Universität, das
Wesen der Zünfte, die Physiognomie deö Handels, Volksfeste, sittliches, wissen¬
schaftliches Leben und Künste, Ein reicher Apparat von Belegen und erklä¬
renden Bemerkungen, so wie ein Plan der alten Sode sind angefügt. . Vor¬
zugsweise hübsch ist die Lebendigkeit der Schilderung, es ist kaum möglich,
daß ein modemer Tourist unterhaltender die Zustände des jetzigen Paris be¬
schreiben kann. Die große Mühe und der unendliche Fleiß, mit welchem die
einzelnen Züge aus den Gesetzen der Könige, den Cartularien der Kirche,
aus Steuerrollcn, Zunftregeln, Marktordnungen, Chroniken, Reimgedichten,
Jnventaren zusammengetragen sind,' bemerkt der Leser kaum. Wie ein gutes
Mosaikbild ist das Ganze mit feinem Gefühl auch für das Wirksame, und
Schöne in der Erzählung zusammengefügt. Wenn etwas zu wünschen übrig
bleibt, so ist es das Weiterführen der Schilderung auch auf die folgenden
Jahrhunderte bis zum Eintritt der neuen Zeit. Jedenfalls ist der deutsche
Versasser ebensogut Vazu befähigt, eine Geschichte von Paris zu schreiben, als
einer der jetzt lebenden französischen Historiker; schwerlich wird ein Franzose


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/200>, abgerufen am 27.04.2024.