Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Ufer des Stromes, ja nicht einmal das linke ganz, da die wichtigsten Punkte
an der Mündung, das Amt Ritzebüttel, Kurhaven und die Insel Neuwerk zum
hamburgischen Gebiet gehören; es gibt ferner, wie erwähnt, nicht die geringste
Gegenleistung für die Abgabe, und hat endlich sicher gegen den Geist, wenn
auch nicht gegen den Buchstaben des Vertrages von 18i6 allen nach Harburg,
seinem Freihafen, gehenden Schiffen, Freiheit vom Staber Zoll gewährt. Es
würde seitens der andern Uferstaaten wenig helfen, dagegen zu Protestiren, da
niemand Hannover verwehren konnte, den Zoll, den es von Harburg mit
der einen Hand -eingestrichen, mit der andern zurückzugeben. Uns scheint dem¬
nach die Sache so zu stehen: der Staber Zoll ist zu evident im Widerspruch
mit dem allgemeinen Streben des modernen Handelsverkehrs, alle Unkosten des
Transportes so sehr wie möglich zu vermindern und in dem allgemeinen
Wettbewerb die freie Concurrenz und die natürlichen Bedingungen des Handels
allein gelten zu lassen, insonderheit nichts ohne Gegenleistung zü zahlen, als
daß er sich noch lange halten könnte, er wird fallen wie der Sundzoll aus
Ende seines Daseins gelangt ist, andrerseits aber haben die Elbuferstaaten
sowol als auswärtige Mächte durch Verträge Hannover gegenüber den Staber
Zoll anerkannt, es wird daher, wie wir meinen, auf eine Ablösung heraus¬
kommen müssen, bei der Hannover seine Jahreseinnahme capitalisirt und, wie
Dänemark beim Sundzoll, mit einem gewissen Abzug von den übrigen inter-
esstrten Staaten ausgezahlt erhält. -- Im nächsten Aufsatze werden wir die
übrigen Elbzölle besprechen.




Das Fiirstenthum und die OasenstM Herat.

Seitdem die einander entgegengesetzten Bestrebungen Rußlands und Eng¬
lands, auch in Mittelasien sich begegnen und beide Weltmächte ihren Einfluß
auf die dortigen Regierungen und Völkerschaften zu erweitern suchen, hat die
Oase Herat, über welche die einem Heeresmarsch am wenigsten Schwierig¬
keiten darbietende Straße aus Persien durch Afghanistan nach Indien führt,
schon einige Mal die Aufmerksamkeit von ganz Europa, ja der ganzen civili-
sirten Welt auf sich gelenkt. In den dreißiger Jahren des neunzehnten Jahr¬
hunderts war Herat die Ursache oder das Ziel des in seinem Beginn so glück¬
lichen, am Ende aber so unglücklichen Kriegszugs der Engländer gegen Afgha¬
nistan und dessen Hauptstadt Kabul, wo damals russischer Einfluß sich geltend
gemacht hatte. Schon damals war es Rußland, welches den jungen Be¬
herrscher von Persien, Mohammed Schah, in">dem ausschweifenden Plane be¬
stärkte, die Macht Persiens, wie ehemals unter den Sefi, über Herat und


Ufer des Stromes, ja nicht einmal das linke ganz, da die wichtigsten Punkte
an der Mündung, das Amt Ritzebüttel, Kurhaven und die Insel Neuwerk zum
hamburgischen Gebiet gehören; es gibt ferner, wie erwähnt, nicht die geringste
Gegenleistung für die Abgabe, und hat endlich sicher gegen den Geist, wenn
auch nicht gegen den Buchstaben des Vertrages von 18i6 allen nach Harburg,
seinem Freihafen, gehenden Schiffen, Freiheit vom Staber Zoll gewährt. Es
würde seitens der andern Uferstaaten wenig helfen, dagegen zu Protestiren, da
niemand Hannover verwehren konnte, den Zoll, den es von Harburg mit
der einen Hand -eingestrichen, mit der andern zurückzugeben. Uns scheint dem¬
nach die Sache so zu stehen: der Staber Zoll ist zu evident im Widerspruch
mit dem allgemeinen Streben des modernen Handelsverkehrs, alle Unkosten des
Transportes so sehr wie möglich zu vermindern und in dem allgemeinen
Wettbewerb die freie Concurrenz und die natürlichen Bedingungen des Handels
allein gelten zu lassen, insonderheit nichts ohne Gegenleistung zü zahlen, als
daß er sich noch lange halten könnte, er wird fallen wie der Sundzoll aus
Ende seines Daseins gelangt ist, andrerseits aber haben die Elbuferstaaten
sowol als auswärtige Mächte durch Verträge Hannover gegenüber den Staber
Zoll anerkannt, es wird daher, wie wir meinen, auf eine Ablösung heraus¬
kommen müssen, bei der Hannover seine Jahreseinnahme capitalisirt und, wie
Dänemark beim Sundzoll, mit einem gewissen Abzug von den übrigen inter-
esstrten Staaten ausgezahlt erhält. — Im nächsten Aufsatze werden wir die
übrigen Elbzölle besprechen.




Das Fiirstenthum und die OasenstM Herat.

Seitdem die einander entgegengesetzten Bestrebungen Rußlands und Eng¬
lands, auch in Mittelasien sich begegnen und beide Weltmächte ihren Einfluß
auf die dortigen Regierungen und Völkerschaften zu erweitern suchen, hat die
Oase Herat, über welche die einem Heeresmarsch am wenigsten Schwierig¬
keiten darbietende Straße aus Persien durch Afghanistan nach Indien führt,
schon einige Mal die Aufmerksamkeit von ganz Europa, ja der ganzen civili-
sirten Welt auf sich gelenkt. In den dreißiger Jahren des neunzehnten Jahr¬
hunderts war Herat die Ursache oder das Ziel des in seinem Beginn so glück¬
lichen, am Ende aber so unglücklichen Kriegszugs der Engländer gegen Afgha¬
nistan und dessen Hauptstadt Kabul, wo damals russischer Einfluß sich geltend
gemacht hatte. Schon damals war es Rußland, welches den jungen Be¬
herrscher von Persien, Mohammed Schah, in«>dem ausschweifenden Plane be¬
stärkte, die Macht Persiens, wie ehemals unter den Sefi, über Herat und


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0254" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/103387"/>
            <p xml:id="ID_897" prev="#ID_896"> Ufer des Stromes, ja nicht einmal das linke ganz, da die wichtigsten Punkte<lb/>
an der Mündung, das Amt Ritzebüttel, Kurhaven und die Insel Neuwerk zum<lb/>
hamburgischen Gebiet gehören; es gibt ferner, wie erwähnt, nicht die geringste<lb/>
Gegenleistung für die Abgabe, und hat endlich sicher gegen den Geist, wenn<lb/>
auch nicht gegen den Buchstaben des Vertrages von 18i6 allen nach Harburg,<lb/>
seinem Freihafen, gehenden Schiffen, Freiheit vom Staber Zoll gewährt. Es<lb/>
würde seitens der andern Uferstaaten wenig helfen, dagegen zu Protestiren, da<lb/>
niemand Hannover verwehren konnte, den Zoll, den es von Harburg mit<lb/>
der einen Hand -eingestrichen, mit der andern zurückzugeben. Uns scheint dem¬<lb/>
nach die Sache so zu stehen: der Staber Zoll ist zu evident im Widerspruch<lb/>
mit dem allgemeinen Streben des modernen Handelsverkehrs, alle Unkosten des<lb/>
Transportes so sehr wie möglich zu vermindern und in dem allgemeinen<lb/>
Wettbewerb die freie Concurrenz und die natürlichen Bedingungen des Handels<lb/>
allein gelten zu lassen, insonderheit nichts ohne Gegenleistung zü zahlen, als<lb/>
daß er sich noch lange halten könnte, er wird fallen wie der Sundzoll aus<lb/>
Ende seines Daseins gelangt ist, andrerseits aber haben die Elbuferstaaten<lb/>
sowol als auswärtige Mächte durch Verträge Hannover gegenüber den Staber<lb/>
Zoll anerkannt, es wird daher, wie wir meinen, auf eine Ablösung heraus¬<lb/>
kommen müssen, bei der Hannover seine Jahreseinnahme capitalisirt und, wie<lb/>
Dänemark beim Sundzoll, mit einem gewissen Abzug von den übrigen inter-<lb/>
esstrten Staaten ausgezahlt erhält. &#x2014; Im nächsten Aufsatze werden wir die<lb/>
übrigen Elbzölle besprechen.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Das Fiirstenthum und die OasenstM Herat.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_898" next="#ID_899"> Seitdem die einander entgegengesetzten Bestrebungen Rußlands und Eng¬<lb/>
lands, auch in Mittelasien sich begegnen und beide Weltmächte ihren Einfluß<lb/>
auf die dortigen Regierungen und Völkerschaften zu erweitern suchen, hat die<lb/>
Oase Herat, über welche die einem Heeresmarsch am wenigsten Schwierig¬<lb/>
keiten darbietende Straße aus Persien durch Afghanistan nach Indien führt,<lb/>
schon einige Mal die Aufmerksamkeit von ganz Europa, ja der ganzen civili-<lb/>
sirten Welt auf sich gelenkt. In den dreißiger Jahren des neunzehnten Jahr¬<lb/>
hunderts war Herat die Ursache oder das Ziel des in seinem Beginn so glück¬<lb/>
lichen, am Ende aber so unglücklichen Kriegszugs der Engländer gegen Afgha¬<lb/>
nistan und dessen Hauptstadt Kabul, wo damals russischer Einfluß sich geltend<lb/>
gemacht hatte. Schon damals war es Rußland, welches den jungen Be¬<lb/>
herrscher von Persien, Mohammed Schah, in«&gt;dem ausschweifenden Plane be¬<lb/>
stärkte, die Macht Persiens, wie ehemals unter den Sefi, über Herat und</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0254] Ufer des Stromes, ja nicht einmal das linke ganz, da die wichtigsten Punkte an der Mündung, das Amt Ritzebüttel, Kurhaven und die Insel Neuwerk zum hamburgischen Gebiet gehören; es gibt ferner, wie erwähnt, nicht die geringste Gegenleistung für die Abgabe, und hat endlich sicher gegen den Geist, wenn auch nicht gegen den Buchstaben des Vertrages von 18i6 allen nach Harburg, seinem Freihafen, gehenden Schiffen, Freiheit vom Staber Zoll gewährt. Es würde seitens der andern Uferstaaten wenig helfen, dagegen zu Protestiren, da niemand Hannover verwehren konnte, den Zoll, den es von Harburg mit der einen Hand -eingestrichen, mit der andern zurückzugeben. Uns scheint dem¬ nach die Sache so zu stehen: der Staber Zoll ist zu evident im Widerspruch mit dem allgemeinen Streben des modernen Handelsverkehrs, alle Unkosten des Transportes so sehr wie möglich zu vermindern und in dem allgemeinen Wettbewerb die freie Concurrenz und die natürlichen Bedingungen des Handels allein gelten zu lassen, insonderheit nichts ohne Gegenleistung zü zahlen, als daß er sich noch lange halten könnte, er wird fallen wie der Sundzoll aus Ende seines Daseins gelangt ist, andrerseits aber haben die Elbuferstaaten sowol als auswärtige Mächte durch Verträge Hannover gegenüber den Staber Zoll anerkannt, es wird daher, wie wir meinen, auf eine Ablösung heraus¬ kommen müssen, bei der Hannover seine Jahreseinnahme capitalisirt und, wie Dänemark beim Sundzoll, mit einem gewissen Abzug von den übrigen inter- esstrten Staaten ausgezahlt erhält. — Im nächsten Aufsatze werden wir die übrigen Elbzölle besprechen. Das Fiirstenthum und die OasenstM Herat. Seitdem die einander entgegengesetzten Bestrebungen Rußlands und Eng¬ lands, auch in Mittelasien sich begegnen und beide Weltmächte ihren Einfluß auf die dortigen Regierungen und Völkerschaften zu erweitern suchen, hat die Oase Herat, über welche die einem Heeresmarsch am wenigsten Schwierig¬ keiten darbietende Straße aus Persien durch Afghanistan nach Indien führt, schon einige Mal die Aufmerksamkeit von ganz Europa, ja der ganzen civili- sirten Welt auf sich gelenkt. In den dreißiger Jahren des neunzehnten Jahr¬ hunderts war Herat die Ursache oder das Ziel des in seinem Beginn so glück¬ lichen, am Ende aber so unglücklichen Kriegszugs der Engländer gegen Afgha¬ nistan und dessen Hauptstadt Kabul, wo damals russischer Einfluß sich geltend gemacht hatte. Schon damals war es Rußland, welches den jungen Be¬ herrscher von Persien, Mohammed Schah, in«>dem ausschweifenden Plane be¬ stärkte, die Macht Persiens, wie ehemals unter den Sefi, über Herat und

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/254
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/254>, abgerufen am 27.04.2024.