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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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aber würde sehr gering sein und wenn man sie in zweckmäßiger Weise erhöbe,
so daß die Abfertigung sür die Schiffer mit keinem erheblichen Verlust von
Zeit und Kosten verbunden wäre, so würde man schwerlich Klagen über das
Drückende der Flußzölle für den Verkehr hören. Diese Wasserweggelder machen
aber nur einen sehr geringen Theil des Betrages der Flußzölle aus, die Bud¬
gets von Hannover, Mecklenburg, Lauenburg, Nassau, Hessen-Darmstadt zeigen
vielmehr sehr erhebliche Ueberschüsse und Reineinnahmen, welche lediglich als
Durchgangszölle, also ganz unprovuctiv für den Verkehr, im Interesse der be¬
treffenden Einzelstaaten erhoben werden. Daß diese Zölle vertragsmäßig be¬
gründet sind, kann in den meisten Fällen nicht bestritten werden, aber dies
beweist nur, daß man das Aufhören derselben nicht sofort decretiren kann,
keineswegs, daß nicht ihre Verminderung gebieterisch durch die volkswirthschaft-
lichen Interessen gefordert wäre. Wenn man sagt, die Flußzölle, welche der
Schiffer entrichte, lasse sich derselbe vom Waarenempfänger ersetzen und dieser
schlage sie aus den Preis der Waare, so daß die Abgabe in ihrer endlichen
Wirkung von den Consumenten getragen werde, die als Steuerpflichtige sonst
aus andre Weise die Summe aufbringen müßten, welche die Flußzölle
eintragen, so ist das ein Raisonnement, welches die ersten Grundlagen deS
Verkehres mißkennt und keine Widerlegung verdient, mit demselben Argument
ließen sich die oppressivsten Zölle vollkommen rechtfertigen. In Folge der
Vereinigung des Steuervereins mit dem Zollverein und des zwischen diesem
und Bremen letzthin abgeschlossnen Handelsvertrages hat die Erhebung der
Weserzölle bis auf weiteres aufgehört. Der Sundzoll wird abgelöst, die ihm
entsprechenden Landtransitzölle erheblich ermäßigt. Wenn die Elbzölle schon
an sich drückend sind, so wird dieser Druck sich künstig noch viel empfindlicher
fühlbar machen, sobald die entsprechenden Belastungen andrer Ströme oder
concurrirender Landstraßen wegfallen oder vermindert werden und die gleichen
Abgaben vom Elbtrcmsport unverändert fortbestehen. Was den Staber Zoll
betrifft, so haben wir im ersten Artikel bereits auf eine Ablösung, ähnlich der
deS Sundzolles hingewiesen, aber auch für die Verminderung der oberelbischen
Zölle muß etwas geschehen. Möge Preußen es als seine Aufgabe erkennen,
nicht nur für den Elbverkehr eigne Opfer zu bringen, sondern vornehmlich
energisch gegen die engherzigen Sonderinteressen gewisser Uferstaaten aufzutre¬
ten, die Sympathien deö deutschen Handels werden ihm hierbei zur Seite stehen.

Nachschrift.

Seitdem der erste Artikel über die Elbzölle geschrieben, ist
uns in einer interessanten Korrespondenz der Times über den Staber Zoll noch
folgendes Factum bekannt geworden. Damit Georg I. seinen Lieblingswunsch,
das Kurfürstenthum Hannover zu vergrößern, erfüllen könne, gaben die eng¬
lischen Minister Walpole und Townshend 220,000 Pf. Se. aus der englischen
Kasse zum Ankauf des Herzogthums Bremen, womit die Erhebung des Staber


aber würde sehr gering sein und wenn man sie in zweckmäßiger Weise erhöbe,
so daß die Abfertigung sür die Schiffer mit keinem erheblichen Verlust von
Zeit und Kosten verbunden wäre, so würde man schwerlich Klagen über das
Drückende der Flußzölle für den Verkehr hören. Diese Wasserweggelder machen
aber nur einen sehr geringen Theil des Betrages der Flußzölle aus, die Bud¬
gets von Hannover, Mecklenburg, Lauenburg, Nassau, Hessen-Darmstadt zeigen
vielmehr sehr erhebliche Ueberschüsse und Reineinnahmen, welche lediglich als
Durchgangszölle, also ganz unprovuctiv für den Verkehr, im Interesse der be¬
treffenden Einzelstaaten erhoben werden. Daß diese Zölle vertragsmäßig be¬
gründet sind, kann in den meisten Fällen nicht bestritten werden, aber dies
beweist nur, daß man das Aufhören derselben nicht sofort decretiren kann,
keineswegs, daß nicht ihre Verminderung gebieterisch durch die volkswirthschaft-
lichen Interessen gefordert wäre. Wenn man sagt, die Flußzölle, welche der
Schiffer entrichte, lasse sich derselbe vom Waarenempfänger ersetzen und dieser
schlage sie aus den Preis der Waare, so daß die Abgabe in ihrer endlichen
Wirkung von den Consumenten getragen werde, die als Steuerpflichtige sonst
aus andre Weise die Summe aufbringen müßten, welche die Flußzölle
eintragen, so ist das ein Raisonnement, welches die ersten Grundlagen deS
Verkehres mißkennt und keine Widerlegung verdient, mit demselben Argument
ließen sich die oppressivsten Zölle vollkommen rechtfertigen. In Folge der
Vereinigung des Steuervereins mit dem Zollverein und des zwischen diesem
und Bremen letzthin abgeschlossnen Handelsvertrages hat die Erhebung der
Weserzölle bis auf weiteres aufgehört. Der Sundzoll wird abgelöst, die ihm
entsprechenden Landtransitzölle erheblich ermäßigt. Wenn die Elbzölle schon
an sich drückend sind, so wird dieser Druck sich künstig noch viel empfindlicher
fühlbar machen, sobald die entsprechenden Belastungen andrer Ströme oder
concurrirender Landstraßen wegfallen oder vermindert werden und die gleichen
Abgaben vom Elbtrcmsport unverändert fortbestehen. Was den Staber Zoll
betrifft, so haben wir im ersten Artikel bereits auf eine Ablösung, ähnlich der
deS Sundzolles hingewiesen, aber auch für die Verminderung der oberelbischen
Zölle muß etwas geschehen. Möge Preußen es als seine Aufgabe erkennen,
nicht nur für den Elbverkehr eigne Opfer zu bringen, sondern vornehmlich
energisch gegen die engherzigen Sonderinteressen gewisser Uferstaaten aufzutre¬
ten, die Sympathien deö deutschen Handels werden ihm hierbei zur Seite stehen.

Nachschrift.

Seitdem der erste Artikel über die Elbzölle geschrieben, ist
uns in einer interessanten Korrespondenz der Times über den Staber Zoll noch
folgendes Factum bekannt geworden. Damit Georg I. seinen Lieblingswunsch,
das Kurfürstenthum Hannover zu vergrößern, erfüllen könne, gaben die eng¬
lischen Minister Walpole und Townshend 220,000 Pf. Se. aus der englischen
Kasse zum Ankauf des Herzogthums Bremen, womit die Erhebung des Staber


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[0306] aber würde sehr gering sein und wenn man sie in zweckmäßiger Weise erhöbe, so daß die Abfertigung sür die Schiffer mit keinem erheblichen Verlust von Zeit und Kosten verbunden wäre, so würde man schwerlich Klagen über das Drückende der Flußzölle für den Verkehr hören. Diese Wasserweggelder machen aber nur einen sehr geringen Theil des Betrages der Flußzölle aus, die Bud¬ gets von Hannover, Mecklenburg, Lauenburg, Nassau, Hessen-Darmstadt zeigen vielmehr sehr erhebliche Ueberschüsse und Reineinnahmen, welche lediglich als Durchgangszölle, also ganz unprovuctiv für den Verkehr, im Interesse der be¬ treffenden Einzelstaaten erhoben werden. Daß diese Zölle vertragsmäßig be¬ gründet sind, kann in den meisten Fällen nicht bestritten werden, aber dies beweist nur, daß man das Aufhören derselben nicht sofort decretiren kann, keineswegs, daß nicht ihre Verminderung gebieterisch durch die volkswirthschaft- lichen Interessen gefordert wäre. Wenn man sagt, die Flußzölle, welche der Schiffer entrichte, lasse sich derselbe vom Waarenempfänger ersetzen und dieser schlage sie aus den Preis der Waare, so daß die Abgabe in ihrer endlichen Wirkung von den Consumenten getragen werde, die als Steuerpflichtige sonst aus andre Weise die Summe aufbringen müßten, welche die Flußzölle eintragen, so ist das ein Raisonnement, welches die ersten Grundlagen deS Verkehres mißkennt und keine Widerlegung verdient, mit demselben Argument ließen sich die oppressivsten Zölle vollkommen rechtfertigen. In Folge der Vereinigung des Steuervereins mit dem Zollverein und des zwischen diesem und Bremen letzthin abgeschlossnen Handelsvertrages hat die Erhebung der Weserzölle bis auf weiteres aufgehört. Der Sundzoll wird abgelöst, die ihm entsprechenden Landtransitzölle erheblich ermäßigt. Wenn die Elbzölle schon an sich drückend sind, so wird dieser Druck sich künstig noch viel empfindlicher fühlbar machen, sobald die entsprechenden Belastungen andrer Ströme oder concurrirender Landstraßen wegfallen oder vermindert werden und die gleichen Abgaben vom Elbtrcmsport unverändert fortbestehen. Was den Staber Zoll betrifft, so haben wir im ersten Artikel bereits auf eine Ablösung, ähnlich der deS Sundzolles hingewiesen, aber auch für die Verminderung der oberelbischen Zölle muß etwas geschehen. Möge Preußen es als seine Aufgabe erkennen, nicht nur für den Elbverkehr eigne Opfer zu bringen, sondern vornehmlich energisch gegen die engherzigen Sonderinteressen gewisser Uferstaaten aufzutre¬ ten, die Sympathien deö deutschen Handels werden ihm hierbei zur Seite stehen. Nachschrift. Seitdem der erste Artikel über die Elbzölle geschrieben, ist uns in einer interessanten Korrespondenz der Times über den Staber Zoll noch folgendes Factum bekannt geworden. Damit Georg I. seinen Lieblingswunsch, das Kurfürstenthum Hannover zu vergrößern, erfüllen könne, gaben die eng¬ lischen Minister Walpole und Townshend 220,000 Pf. Se. aus der englischen Kasse zum Ankauf des Herzogthums Bremen, womit die Erhebung des Staber

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/306>, abgerufen am 27.04.2024.