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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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bombardiren, nachdem er sich in gebührender Schußweite von Kronstäbe gehalten
hatte. Widersprüche ohne Ende von der ersten bis zur letzten Seite und ausge¬
wärmter Klatsch, der längst vergessen sein sollte. Schlimmer aber ist das, was in
dem Buche neu ist. Mittheilungen, wie er sie aus seinen vertrauten Instructionen
macht, hätten von einem so hochstehenden Offizier nie gemacht werden sollen. Das
ist eine Plandcrhastigkcit sonder gleichen, die in früheren Zeiten einem Admiral
den Kopf gekostet hätte. Bei der jetzt herrschenden milderen Anschauungsweise
wird man sich begnügen, ihm den Rücken zu kehren. Wenn Sir Charles noch
100 Jahre lebt, und England in diesen 100 Jahren 100 Kriege hat, wird es
schwerlich einer Regierung mehr einfallen, diesem schwatzhaften Polterer eine seiner
Flotten anzuvertrauen. Sie thäte besser, sich im Nothfalle einen Admiral von Ame¬
rika zu borgen. --

Die Napiers sind ein schreib- und zanksüchtiges Völklein, dafür haben sie seit
lange den Ruf. Ein neuer Beweis dafür liegt -- wenn es noch eines Beweises
bedürfte -- in der kürzlich erschienenen Biographie des berühmten Generals Sir
Charles James Napier vor. Es ist derselbe, dem eben erst ein Standbild in
Trafalgarsquarc neben der Nelsonsäule gesetzt wurde, und der Biograph ist sein
Bruder der Generallieutenant Sir William Napier. Wer wollte es diesem verarge",
daß er die großen Verdienste des Bruders mit warmen Farben schildert! Aber wozu
dieses ewige Poltern gegen das Vaterland, das dem verstorbenen Helden, spät
allerdings, aber dann auch einen gewaltigen Wirkungskreis eröffnet, eine ""getheilte
Anerkennung gezollt hatte. Nur selten greisen Könige und Regierungen aus Millionen
beim ersten Zuge den Mann heraus, der ihnen am besten dienen kann, und wem
das Glück beschicken ist, im Mannesalter nach seinem vollen Werthe erkannt zu
werden, der hat in einem großen Reiche wie England wahrhaftig wenig Grund zu
klagen, daß ihm Unrecht geschehen sei. -- Den hier gerügten Napierismus des
Biographen abgerechnet, liest sich das Buch sehr gut, und der Held desselben ist
interessant genug, um gelesen zu werden. --




Literatur.
Neuigkeiten der deutschen Sprach- und Alterthumswissenschaft.

-- Es fehlt
diesem Blatte der Raum, sachwissenschastlichc Werke mit der eingehenden
Ausführlichkeit zu besprechen, welche bei einer Literaturzeitung wünschenswerth ist;
deshalb wird hier eine kurze Erwähnung der Interessen, durch welche die Wissen¬
schaft der deutschen Sprache und Alterthümer in'de" letzten Jahren vorzugsweise
bewegt wurde, die ausführliche Kritik der einzelnen Bücher vertreten müssen. -- Durch
mehre Jahre stände" die Untersuchungen über die Urgeschichte der deutschen
Stämme und die Bewegungen derselbe" während der Völkerwanderung oben an.
Es ergab sich endlich, daß mit den bisherigen Hilfsmitteln viele Zweifel nicht zu lösen
sind, und so ist die weitere Ermittelung in das schon längst wünschenswerte
Stadium "euer Detailforschungen getreten; auch die AlterthumSvcrcine haben


bombardiren, nachdem er sich in gebührender Schußweite von Kronstäbe gehalten
hatte. Widersprüche ohne Ende von der ersten bis zur letzten Seite und ausge¬
wärmter Klatsch, der längst vergessen sein sollte. Schlimmer aber ist das, was in
dem Buche neu ist. Mittheilungen, wie er sie aus seinen vertrauten Instructionen
macht, hätten von einem so hochstehenden Offizier nie gemacht werden sollen. Das
ist eine Plandcrhastigkcit sonder gleichen, die in früheren Zeiten einem Admiral
den Kopf gekostet hätte. Bei der jetzt herrschenden milderen Anschauungsweise
wird man sich begnügen, ihm den Rücken zu kehren. Wenn Sir Charles noch
100 Jahre lebt, und England in diesen 100 Jahren 100 Kriege hat, wird es
schwerlich einer Regierung mehr einfallen, diesem schwatzhaften Polterer eine seiner
Flotten anzuvertrauen. Sie thäte besser, sich im Nothfalle einen Admiral von Ame¬
rika zu borgen. —

Die Napiers sind ein schreib- und zanksüchtiges Völklein, dafür haben sie seit
lange den Ruf. Ein neuer Beweis dafür liegt — wenn es noch eines Beweises
bedürfte — in der kürzlich erschienenen Biographie des berühmten Generals Sir
Charles James Napier vor. Es ist derselbe, dem eben erst ein Standbild in
Trafalgarsquarc neben der Nelsonsäule gesetzt wurde, und der Biograph ist sein
Bruder der Generallieutenant Sir William Napier. Wer wollte es diesem verarge»,
daß er die großen Verdienste des Bruders mit warmen Farben schildert! Aber wozu
dieses ewige Poltern gegen das Vaterland, das dem verstorbenen Helden, spät
allerdings, aber dann auch einen gewaltigen Wirkungskreis eröffnet, eine »»getheilte
Anerkennung gezollt hatte. Nur selten greisen Könige und Regierungen aus Millionen
beim ersten Zuge den Mann heraus, der ihnen am besten dienen kann, und wem
das Glück beschicken ist, im Mannesalter nach seinem vollen Werthe erkannt zu
werden, der hat in einem großen Reiche wie England wahrhaftig wenig Grund zu
klagen, daß ihm Unrecht geschehen sei. — Den hier gerügten Napierismus des
Biographen abgerechnet, liest sich das Buch sehr gut, und der Held desselben ist
interessant genug, um gelesen zu werden. —




Literatur.
Neuigkeiten der deutschen Sprach- und Alterthumswissenschaft.

— Es fehlt
diesem Blatte der Raum, sachwissenschastlichc Werke mit der eingehenden
Ausführlichkeit zu besprechen, welche bei einer Literaturzeitung wünschenswerth ist;
deshalb wird hier eine kurze Erwähnung der Interessen, durch welche die Wissen¬
schaft der deutschen Sprache und Alterthümer in'de» letzten Jahren vorzugsweise
bewegt wurde, die ausführliche Kritik der einzelnen Bücher vertreten müssen. — Durch
mehre Jahre stände» die Untersuchungen über die Urgeschichte der deutschen
Stämme und die Bewegungen derselbe» während der Völkerwanderung oben an.
Es ergab sich endlich, daß mit den bisherigen Hilfsmitteln viele Zweifel nicht zu lösen
sind, und so ist die weitere Ermittelung in das schon längst wünschenswerte
Stadium »euer Detailforschungen getreten; auch die AlterthumSvcrcine haben


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/360>, abgerufen am 27.04.2024.