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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band.

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hoffen, daß bet der definitiven Lösung anch Preußen an diese Sachlage denken
werde.

Was hier über die Stellung Neuenburgs zu Preußen gesagt wurde, ist nicht
neu, es ist mehr oder weniger deutlich auch aus den preußischen Blättern heraus¬
zulesen. Alle Gründe sprechen auch bei Preußen dasür, einen blutigen Zusammenstoß,
welcher kaum eine vortheilhafte Losung des Conflictes bringen kaun, zu vermeiden.
Daß auch die Regierung des Königs so empfindet, das scheint uns die Aufschiebung
der Mobilmachung bis zum 15. anzudeuten. Wenn Preußen auf der Freilassung
der Gefangenen vor dem Spruch'besteht, so fordert es nur sein Recht, denn es hat
die gegenwärtige politische Verfassung des Cantons Neuenburg nicht Nur nicht an¬
erkannt, sondern dieselbe stets als eine unrechtmäßige betrachtet und von seinem
Standpunkt betrachten müssen. Und es ist die Schuld des Bundesrathes, daß er
nicht schon vor Jahren bei günstigerer Zcitlage seine Rechte aus Neuenburg mit den
entgegenstehenden Preußens in versöhnender Weise auszugleichen versucht hat.

Wenn Preußen serner die Freilassung der Gefangenen nicht als Tausch an¬
nehmen will gegen eine Verzichtleistung auf seine Rechte an Neuenburg, so ist auch
diese Auffassung vom preußischen Standpunkt aus vollständig berechtigt. Denn eS
fordert die Freilassung aus Grund derselben Souveränetätsrechte, welche ihm sowol
durch die Verträge von 181i>, als durch die neuen Erklärungen der Großmächte
bestätigt sind. Daß aber die Verhandlungen, welche der Freilassung der Gefange¬
nen folgen, keinen andern Zweck haben können, als Preußen auf seine Rechte an
Neuenburg verzichten zu machen, das wird sicher in Berlin ebensogut erkannt, als
es den übrigen entscheidenden Mächten in Europa unzweifelhaft ist. Wenn man
das Recht hat, die Intentionen der preußischen Negierung nach den maßgebenden
Persönlichkeiten zu beurtheilen, so erscheint die Sachlage so, daß der König von
Preußen nnr gewillt ist, den durch die Umstände gebotenen und sür Preußen selbst
wünschenswerthen Verzicht als eine Action allerhöchsten freien Willens und eines
hochherzigen Entschlusses auszusprechen.

Die Schweiz würde schlimmer als unklug handeln, wenn sie sich dieser For¬
derung noch länger entziehen wollte, da sie durch ihre Gewährung in der Sache
erreichen kann, was ihr zum Heile gereicht und den Frieden Europas erhält.




Erklärung.

In fünf Nummern der Novellenzeitung vom vorigen Jahre,
No. 28, 29, 31, 50 und 41, ist ein Aufsatz erschienen, welcher ein Carneval in
Dresden überschrieben ist, und meinen Namen als Einsender trägt. Diese Arbeit
ist mir erst jetzt zu Gesicht gekommen. Da ich zu derselben in durchaus keinem
Zusammenhange stehe, weder als Verfasser, noch als Einsender, so sehe ich mich
genöthigt, die mir zugeschriebene Autorschaft hiermit abzulehnen.


Robert Waldmütter,
Versasser der Nachtquartiere, Irrfahrten, Merlins Feiertag je.


Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Als verantwort!. Redacteur legitimirt! F. W. Grunow. -- Verlag von F. L. Herbig
in Leipzig.
Druck von C. E, Elbert in Leipzig.

hoffen, daß bet der definitiven Lösung anch Preußen an diese Sachlage denken
werde.

Was hier über die Stellung Neuenburgs zu Preußen gesagt wurde, ist nicht
neu, es ist mehr oder weniger deutlich auch aus den preußischen Blättern heraus¬
zulesen. Alle Gründe sprechen auch bei Preußen dasür, einen blutigen Zusammenstoß,
welcher kaum eine vortheilhafte Losung des Conflictes bringen kaun, zu vermeiden.
Daß auch die Regierung des Königs so empfindet, das scheint uns die Aufschiebung
der Mobilmachung bis zum 15. anzudeuten. Wenn Preußen auf der Freilassung
der Gefangenen vor dem Spruch'besteht, so fordert es nur sein Recht, denn es hat
die gegenwärtige politische Verfassung des Cantons Neuenburg nicht Nur nicht an¬
erkannt, sondern dieselbe stets als eine unrechtmäßige betrachtet und von seinem
Standpunkt betrachten müssen. Und es ist die Schuld des Bundesrathes, daß er
nicht schon vor Jahren bei günstigerer Zcitlage seine Rechte aus Neuenburg mit den
entgegenstehenden Preußens in versöhnender Weise auszugleichen versucht hat.

Wenn Preußen serner die Freilassung der Gefangenen nicht als Tausch an¬
nehmen will gegen eine Verzichtleistung auf seine Rechte an Neuenburg, so ist auch
diese Auffassung vom preußischen Standpunkt aus vollständig berechtigt. Denn eS
fordert die Freilassung aus Grund derselben Souveränetätsrechte, welche ihm sowol
durch die Verträge von 181i>, als durch die neuen Erklärungen der Großmächte
bestätigt sind. Daß aber die Verhandlungen, welche der Freilassung der Gefange¬
nen folgen, keinen andern Zweck haben können, als Preußen auf seine Rechte an
Neuenburg verzichten zu machen, das wird sicher in Berlin ebensogut erkannt, als
es den übrigen entscheidenden Mächten in Europa unzweifelhaft ist. Wenn man
das Recht hat, die Intentionen der preußischen Negierung nach den maßgebenden
Persönlichkeiten zu beurtheilen, so erscheint die Sachlage so, daß der König von
Preußen nnr gewillt ist, den durch die Umstände gebotenen und sür Preußen selbst
wünschenswerthen Verzicht als eine Action allerhöchsten freien Willens und eines
hochherzigen Entschlusses auszusprechen.

Die Schweiz würde schlimmer als unklug handeln, wenn sie sich dieser For¬
derung noch länger entziehen wollte, da sie durch ihre Gewährung in der Sache
erreichen kann, was ihr zum Heile gereicht und den Frieden Europas erhält.




Erklärung.

In fünf Nummern der Novellenzeitung vom vorigen Jahre,
No. 28, 29, 31, 50 und 41, ist ein Aufsatz erschienen, welcher ein Carneval in
Dresden überschrieben ist, und meinen Namen als Einsender trägt. Diese Arbeit
ist mir erst jetzt zu Gesicht gekommen. Da ich zu derselben in durchaus keinem
Zusammenhange stehe, weder als Verfasser, noch als Einsender, so sehe ich mich
genöthigt, die mir zugeschriebene Autorschaft hiermit abzulehnen.


Robert Waldmütter,
Versasser der Nachtquartiere, Irrfahrten, Merlins Feiertag je.


Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Als verantwort!. Redacteur legitimirt! F. W. Grunow. — Verlag von F. L. Herbig
in Leipzig.
Druck von C. E, Elbert in Leipzig.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103132/88>, abgerufen am 27.04.2024.