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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band.

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digkeit etwas von ihrem Gifte mitgetheilt hatte. Kurz und gut, wir müssen
uns schon auf dem Thierkreise halten, und sie Karl nur 12 Mal des Jahres
holen lassen, und sie dann so verpallisadiren, daß sie ihm auch nicht eine Steck¬
nadel heimlich beibringen könne, ob bei Ihnen, bei mir oder noch an einem
dritten Orte, das ist alles einerlei, diesmal habe ich geglaubt, nun ich ihren
Wünschen ganz entspreche, daß sie dieses aufmuntern werde sich zu bessern, und
meine gänzliche Uneigennützigkeit anzuerkennen. Vielleicht sehe ich Sie morgen.
Die Strümpfe könnte die Frau S. besorgen, so auch von Schuhen was er braucht,
ich schicke ihr sodann das Geld dafür ins Haus -- übrigens bitte ich, sogleich
was Karl braucht, für ihn zu kaufen und anzuschaffen ohne mich zu fragen,
mir aber jedesmal, ohne das Ende deS Quartals abzuwarten, den Betrag,
welchen ich sogleich tilgen werde, bekannt zu machen. Für die künftige Prü¬
fung werde ich Karl einen neuen Rock besorgen.

Noch eins. Sie gibt vor, aus Ihrem Hause von einer Person Nachrich¬
ten zu erhalten -- im Falle^ Sie Karl nicht bis zu dem Hause durch Czerny
begleiten können lassen, muß es unterbleiben, trau schau wem! Karl darf
keine andere Vorstellung von ihr erhalten, als welche ich ihm früher schon
gemacht, nämlich sie als Mutter zu ehren, aber ja nichts von ihr nach¬
zuahmen, hierfür muß man ihm stark warnen. Der Ihrige


L. v. Beethoven.
Ur. 26.

Wien am 12. November 1817.


Veränderte Verhältnisse könnten wohl machen, daß ich Karl nicht länger
als bis zum Ende dieses Vierteljahres bei Ihnen lassen kann, insofern bin ich
gezwungen, Ihnen für das künftige Vierteljahr auszusagen, so hart mir diese
Aufkündigung ist, so leidet die Beschränktheit meiner Umstände nicht, Sie dessen
entheben zu können, weil ich sonst gern und als geringen Zoll meiner Dank¬
barkeit Ihnen in dem Augenblick, wo ich Karl von Ihnen genommen, gern
auch ein ganzes Vierteljahr Geld mit größtem Vergnügen eingehändigt hätte,
ich wünschte, daß Sie diese meine Gesinnungen hierin ja als wahr und rein
erkennen mögen, sollte ich unterdessen Karl wieder das künftige Vierteljahr,
vom Februar an gerechnet, bei Ihnen lassen können, so werde ich Ihnen die¬
ses im Monat Januar 1818 gleich anfangs zu wissen machen, um diese Be¬
günstigung muß ich Sie bitten, und ich hoffe, Sie werden mich hierin nicht
umsonst bitten lassen, genieße ich immer vollkommne Gesundheit, so daß ich
wieder mehr verdienen kann, so werde ich Ihnen noch außerdem meine
Dankbarkeit erzeigen, da ich viel zu sehr weiß, wie viel Sie doch für Karl
thun, was Ihnen eigentlich gar nicht zuzumuthen wäre, und wirklich kann ich

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digkeit etwas von ihrem Gifte mitgetheilt hatte. Kurz und gut, wir müssen
uns schon auf dem Thierkreise halten, und sie Karl nur 12 Mal des Jahres
holen lassen, und sie dann so verpallisadiren, daß sie ihm auch nicht eine Steck¬
nadel heimlich beibringen könne, ob bei Ihnen, bei mir oder noch an einem
dritten Orte, das ist alles einerlei, diesmal habe ich geglaubt, nun ich ihren
Wünschen ganz entspreche, daß sie dieses aufmuntern werde sich zu bessern, und
meine gänzliche Uneigennützigkeit anzuerkennen. Vielleicht sehe ich Sie morgen.
Die Strümpfe könnte die Frau S. besorgen, so auch von Schuhen was er braucht,
ich schicke ihr sodann das Geld dafür ins Haus — übrigens bitte ich, sogleich
was Karl braucht, für ihn zu kaufen und anzuschaffen ohne mich zu fragen,
mir aber jedesmal, ohne das Ende deS Quartals abzuwarten, den Betrag,
welchen ich sogleich tilgen werde, bekannt zu machen. Für die künftige Prü¬
fung werde ich Karl einen neuen Rock besorgen.

Noch eins. Sie gibt vor, aus Ihrem Hause von einer Person Nachrich¬
ten zu erhalten — im Falle^ Sie Karl nicht bis zu dem Hause durch Czerny
begleiten können lassen, muß es unterbleiben, trau schau wem! Karl darf
keine andere Vorstellung von ihr erhalten, als welche ich ihm früher schon
gemacht, nämlich sie als Mutter zu ehren, aber ja nichts von ihr nach¬
zuahmen, hierfür muß man ihm stark warnen. Der Ihrige


L. v. Beethoven.
Ur. 26.

Wien am 12. November 1817.


Veränderte Verhältnisse könnten wohl machen, daß ich Karl nicht länger
als bis zum Ende dieses Vierteljahres bei Ihnen lassen kann, insofern bin ich
gezwungen, Ihnen für das künftige Vierteljahr auszusagen, so hart mir diese
Aufkündigung ist, so leidet die Beschränktheit meiner Umstände nicht, Sie dessen
entheben zu können, weil ich sonst gern und als geringen Zoll meiner Dank¬
barkeit Ihnen in dem Augenblick, wo ich Karl von Ihnen genommen, gern
auch ein ganzes Vierteljahr Geld mit größtem Vergnügen eingehändigt hätte,
ich wünschte, daß Sie diese meine Gesinnungen hierin ja als wahr und rein
erkennen mögen, sollte ich unterdessen Karl wieder das künftige Vierteljahr,
vom Februar an gerechnet, bei Ihnen lassen können, so werde ich Ihnen die¬
ses im Monat Januar 1818 gleich anfangs zu wissen machen, um diese Be¬
günstigung muß ich Sie bitten, und ich hoffe, Sie werden mich hierin nicht
umsonst bitten lassen, genieße ich immer vollkommne Gesundheit, so daß ich
wieder mehr verdienen kann, so werde ich Ihnen noch außerdem meine
Dankbarkeit erzeigen, da ich viel zu sehr weiß, wie viel Sie doch für Karl
thun, was Ihnen eigentlich gar nicht zuzumuthen wäre, und wirklich kann ich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_103666/70>, abgerufen am 03.05.2024.