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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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unrecht sein würde, die erstere zu wählen, so darf man doch nicht vergessen,
daß das Interesse einer zahlreichen Partei mit den Ansprüchen der gesunden
Vernunft im Kampfe begriffen ist. Wenn wir daher behaupten, daß man
niemals die Thorheit begehen kann, aus Kansas einen Sklavenstaat zu
machen, so lassen wir die wichtige Thatsache unbeachtet, daß der Süden
ungemein dabei interessirt ist, die Sklaverei aufrecht zu erhalten, und sie über
ein neues Territorium zu verbreiten. Ueberall zeigt uns die Geschichte der Skla¬
verei in Amerika einen gegenwärtigen Gewinn, der mit einem Verlust am Ende
erkauft wird; dem Kinde wird eine verarmte Erbschaft hinterlassen, um dem Vater
einen augenblicklichen Profit zu verschaffen. Um einen Ersatz dafür zu haben,
daß das Land fast sich selbst überlassen bleibt und folglich nicht im Werthe
steigt, ist es von der.größten Wichtigkeit für die Pflanzer des Südens, den
Werth ihres SklaveneigenthumS aufrecht zu erhalten oder ihn noch zu ver¬
größern. Obgleich sie nur eine eingebildete Quelle des Reichthums sind, ist
doch das Steigen der Preise für Sklaven wichtiger für den Pflanzer, als daS
Steigen der Preise für Land, da er verhältnißmäßig mehr Geld in den
ersteren als in dem letzteren angelegt hat. Und um dies Resultat zu
erlangen, gibt es kein besseres Mittel, als die Vergrößerung des Sklaven¬
territoriums, da dies der Eröffnung eines neuen Marktes sür Sklaven gleich¬
kommt.

Aus Virginien allein beziehen die Staaten am Mississippi jährlich mehr
als zehntausend Sklaven, was, wie man eingestehen muß, wohl zur Zucht
von Sklaven ermuthigt.

Man sagt, daß Gouverneur Wise den Pflanzern in Virginia erklärt
habe, daß der Werth ihrer Sklaven von eintausend auf drei- oder sogar fünf¬
tausend Dollars steigen würde, wenn man Californien zu einem Sklaven¬
staate machen könnte.

Daher hat jeder Sklavenhalter ein augenblickliches persönliches Interesse
daran, den Boden der Sklaverei zu vergrößern, sollte dies auch am Ende den
Ruin ' deS Landes und der Entwickelung seiner Hilfsquellen herbeiführen."




Korrespondenzen.
81".

-- Wer als Fremder durch die Straßen der großen Weltstadt
London wandert, wird manchmal im dichtesten Gedränge von dem Rufe überrascht:
'VVsrt! Alleon" (Wahre Euch vor Taschendieben!) Die anscheinend so menschenfreund¬
liche Warnung bringt unter dem dichtgcschaartcn Haufen der Fußgänger meistens
eine solche Aufregung hervor, daß er zu einem verwirrten Knäuel wird, in dem


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unrecht sein würde, die erstere zu wählen, so darf man doch nicht vergessen,
daß das Interesse einer zahlreichen Partei mit den Ansprüchen der gesunden
Vernunft im Kampfe begriffen ist. Wenn wir daher behaupten, daß man
niemals die Thorheit begehen kann, aus Kansas einen Sklavenstaat zu
machen, so lassen wir die wichtige Thatsache unbeachtet, daß der Süden
ungemein dabei interessirt ist, die Sklaverei aufrecht zu erhalten, und sie über
ein neues Territorium zu verbreiten. Ueberall zeigt uns die Geschichte der Skla¬
verei in Amerika einen gegenwärtigen Gewinn, der mit einem Verlust am Ende
erkauft wird; dem Kinde wird eine verarmte Erbschaft hinterlassen, um dem Vater
einen augenblicklichen Profit zu verschaffen. Um einen Ersatz dafür zu haben,
daß das Land fast sich selbst überlassen bleibt und folglich nicht im Werthe
steigt, ist es von der.größten Wichtigkeit für die Pflanzer des Südens, den
Werth ihres SklaveneigenthumS aufrecht zu erhalten oder ihn noch zu ver¬
größern. Obgleich sie nur eine eingebildete Quelle des Reichthums sind, ist
doch das Steigen der Preise für Sklaven wichtiger für den Pflanzer, als daS
Steigen der Preise für Land, da er verhältnißmäßig mehr Geld in den
ersteren als in dem letzteren angelegt hat. Und um dies Resultat zu
erlangen, gibt es kein besseres Mittel, als die Vergrößerung des Sklaven¬
territoriums, da dies der Eröffnung eines neuen Marktes sür Sklaven gleich¬
kommt.

Aus Virginien allein beziehen die Staaten am Mississippi jährlich mehr
als zehntausend Sklaven, was, wie man eingestehen muß, wohl zur Zucht
von Sklaven ermuthigt.

Man sagt, daß Gouverneur Wise den Pflanzern in Virginia erklärt
habe, daß der Werth ihrer Sklaven von eintausend auf drei- oder sogar fünf¬
tausend Dollars steigen würde, wenn man Californien zu einem Sklaven¬
staate machen könnte.

Daher hat jeder Sklavenhalter ein augenblickliches persönliches Interesse
daran, den Boden der Sklaverei zu vergrößern, sollte dies auch am Ende den
Ruin ' deS Landes und der Entwickelung seiner Hilfsquellen herbeiführen."




Korrespondenzen.
81».

— Wer als Fremder durch die Straßen der großen Weltstadt
London wandert, wird manchmal im dichtesten Gedränge von dem Rufe überrascht:
'VVsrt! Alleon» (Wahre Euch vor Taschendieben!) Die anscheinend so menschenfreund¬
liche Warnung bringt unter dem dichtgcschaartcn Haufen der Fußgänger meistens
eine solche Aufregung hervor, daß er zu einem verwirrten Knäuel wird, in dem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/123>, abgerufen am 30.04.2024.