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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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Die Zeitungen in Nordamerika.

Nach einer amtlichen Mittheilung deS Congresses erschienen im Jahre 1830
in den Vereinigten Staaten von Nordamerika 330 Zeitungen in 730,000 Num¬
mern täglich, ISO Blätter in 76,000 Nummern dreimal wöchentlich, 123 Blätter
in 80,000 Nummern zweimal wöchentlich, 2000 Blätter in 2,873,000 Nummern
einmal wöchentlich, 30 Blätter in 300,000 Nummern zweimal monatlich,
100 Blätter in 900,000 Nummern einmal monatlich und 23 Blätter in
20,000 Nummern alle drei Monate. Im Ganzen erschienen 2800 Zeitungen
und Zeitschriften in 3 Millionen Nummern. Seit 1830 aber hat sich die Zahl
der nordamerikanischen Blätter so sehr vermehrt,- daß dieselbe gegenwärtig aus
etwa 6000 veranschlagt wird.

Die überraschende Meuge der nordamerikanischen Blätter hat zunächst
ihren Grund in der Theilung des Landes in viele Staaten und Landschaften
und in dem localen Charakter, welcher der amerikanischen Presse überwiegend
beiwohnt. Die innern Streitigkeiten in jedem Staate, die persönlichen Zwistig-
keiten, die Debatten der localen Legislaturen und die localen Wahlen beschäf¬
tigen vorzugsweise den amerikanischen Bürger: daher greift er zu den Zeitungen
seines Staates und seiner Grafschaft. Ein zweiter Grund für die Menge der
Zeitungen sind die Annoncen. In den Städten und Ortschaften Europas sind
die Zettelanschläge ein Hauptmittel für öffentliche Bekanntmachungen. Anders
in Amerika. Die Annonce muß in Amerika ihren Leser vielfach in der Ein¬
samkeit deS Waldes finden; sie ist daher genöthigt, ihren Weg durch die Zei¬
tung zu nehmen, und wo eine Zeitung nicht besteht, da ruft eben die Annonce
sie ins Leben. Die Zeitung ist überdies für den Kolonisten ein unabweisbares
Bedürfniß: sie theilt die Markttage des ganzen Districts mit, sie veröffentlicht
die Preise der Lebensmittel, sie lehrt ihn, wo er die zum Leben nothwen¬
digen Gegenstände kaufen kann; in Betreff der Politik registrirt sie die
Acte der Legislatur, bespricht die Wahlen, nennt die Candidaten und specificirt
ihre Eigenschaften und Meinungen. Kurz die Zeitung ist das Tagebuch des
Sqnatters und bisweilen seine einzige Bibliothek. Kein Wunder daher, daß,
so wie eine Ortschaft entsteht, alsbald auch eine Zeitung ins Leben tritt. Man
wird sich einen Begriff von der rapiden Zunahme der amerikanischen Zeitungen
machen, wenn man erfährt, daß im Jahre 1773 in den Bereinigten Staaten
nur 37 Zeitungen bestanden, von denen 36 nur wöchentlich und nur eine, der
Advertiser von Philadelphia, dreimal wöchentlich erschien, weil er in der Stadt
herausgegeben wurde, in welcher der Kongreß seinen Sitz hatte. 23 Jahre
später, im Jahr 1800, zählte man bereits gegen Zweihundert Zeitungen, von
denen 17 täglich erschienen.


Die Zeitungen in Nordamerika.

Nach einer amtlichen Mittheilung deS Congresses erschienen im Jahre 1830
in den Vereinigten Staaten von Nordamerika 330 Zeitungen in 730,000 Num¬
mern täglich, ISO Blätter in 76,000 Nummern dreimal wöchentlich, 123 Blätter
in 80,000 Nummern zweimal wöchentlich, 2000 Blätter in 2,873,000 Nummern
einmal wöchentlich, 30 Blätter in 300,000 Nummern zweimal monatlich,
100 Blätter in 900,000 Nummern einmal monatlich und 23 Blätter in
20,000 Nummern alle drei Monate. Im Ganzen erschienen 2800 Zeitungen
und Zeitschriften in 3 Millionen Nummern. Seit 1830 aber hat sich die Zahl
der nordamerikanischen Blätter so sehr vermehrt,- daß dieselbe gegenwärtig aus
etwa 6000 veranschlagt wird.

Die überraschende Meuge der nordamerikanischen Blätter hat zunächst
ihren Grund in der Theilung des Landes in viele Staaten und Landschaften
und in dem localen Charakter, welcher der amerikanischen Presse überwiegend
beiwohnt. Die innern Streitigkeiten in jedem Staate, die persönlichen Zwistig-
keiten, die Debatten der localen Legislaturen und die localen Wahlen beschäf¬
tigen vorzugsweise den amerikanischen Bürger: daher greift er zu den Zeitungen
seines Staates und seiner Grafschaft. Ein zweiter Grund für die Menge der
Zeitungen sind die Annoncen. In den Städten und Ortschaften Europas sind
die Zettelanschläge ein Hauptmittel für öffentliche Bekanntmachungen. Anders
in Amerika. Die Annonce muß in Amerika ihren Leser vielfach in der Ein¬
samkeit deS Waldes finden; sie ist daher genöthigt, ihren Weg durch die Zei¬
tung zu nehmen, und wo eine Zeitung nicht besteht, da ruft eben die Annonce
sie ins Leben. Die Zeitung ist überdies für den Kolonisten ein unabweisbares
Bedürfniß: sie theilt die Markttage des ganzen Districts mit, sie veröffentlicht
die Preise der Lebensmittel, sie lehrt ihn, wo er die zum Leben nothwen¬
digen Gegenstände kaufen kann; in Betreff der Politik registrirt sie die
Acte der Legislatur, bespricht die Wahlen, nennt die Candidaten und specificirt
ihre Eigenschaften und Meinungen. Kurz die Zeitung ist das Tagebuch des
Sqnatters und bisweilen seine einzige Bibliothek. Kein Wunder daher, daß,
so wie eine Ortschaft entsteht, alsbald auch eine Zeitung ins Leben tritt. Man
wird sich einen Begriff von der rapiden Zunahme der amerikanischen Zeitungen
machen, wenn man erfährt, daß im Jahre 1773 in den Bereinigten Staaten
nur 37 Zeitungen bestanden, von denen 36 nur wöchentlich und nur eine, der
Advertiser von Philadelphia, dreimal wöchentlich erschien, weil er in der Stadt
herausgegeben wurde, in welcher der Kongreß seinen Sitz hatte. 23 Jahre
später, im Jahr 1800, zählte man bereits gegen Zweihundert Zeitungen, von
denen 17 täglich erschienen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/160>, abgerufen am 30.04.2024.