Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

kannte Kaiserkanal angelegt werden mußte. Die südöstlichen Chinesen aber
sind all den Küsten kühne Schiffer, Kaufs.irteisahrer und Seeräuber, im Innern
wo rauhe Gebirge den Menschen abhärten, seinen Muskeln Spannkraft geben
und durch das ihm auferlegte Ringen mit einer dürftigen Natur seine Energie
wecken und wach erhalten, ebenfalls ein kräftiges, unerschrockenes Geschlecht.
Von hier aus kommen jene "Normannen Ostasiens", welche den indischen
Ocean durch ihre Raubzüge unsicher machen, von hier die zahllosen Ansiedler
auf den Eilanden dieses Meeres, von hier großentheils die Colvuistenscharen,
welche in den letztern Jahren selbst nach Californien und Australien gingen
und sich überall durch Fleiß, Mäßigkeit und Unternehmungslust auszeichneten,
hier endlich, und zwar in der Provinz Kwangsi, begann auch der Aufstand,
den wir im Felgenden zu charakterisiren haben.

Nicht vergessen darf dabei werden, daß in Kwangsi und einigen Theilen
der Nachbarprovinzen die Hauptwohnsitze deö oben erwähnten, von den
Chinesen nur unterworfenen, nicht ausgerotteten, nicht einmal völlig gebändigten
Urvolks sind. Die Chinesen, die hier wohnen, scheinen durch zwei Reihen¬
folgen von Einwanderungen hierhergekommen zu sein, die aber so weit aus¬
einanderliegen, daß man einen Unterschied macht zwischen "Altangesessenen"
(Punti) und "Fremdlingen" (Ki Kia). Aber auch die letzteren sind meist
schon seit mehren Generationen angesiedelt und haben im Lande zahlreiche,
wenn auch nicht so große und wohlhabende Ortschaften inne, als die Puuti.
Die Ki Kia kamen meist aus Kanton, von wo sie bis auf den Ausbruch der
Revolution beständigen Zuwachs bekommen haben. Das Verhältniß zwischen
diesen verschiedenen Classen der Bevölkerung war kein freundliches, im Gegen¬
theil, eS fanden häufige Fehden zwischen ihnen statt. Wie wichtig aber dieser,
so wie die zuletzt berührte" Umstände für daS Verständniß der ganzen Bewe¬
gung ist, wird der nächste Abschnitt zeigen.




Die mecklenburgischen Transitzölle.

Eins der drückendsten Hindernisse für die freie und naturgemäße Ent¬
wicklung des deutschen Nerkehrslebens bilden die Transit- oder Durchfuhrzölle.
Wir habe" seinerzeit die Ungerechtigkeit der Durchgangsabgaben hervorgehoben,
mit denen Dänemark den Waarenzug zwischen Nord- und Ostsee belegte, um
die Sundzolleinnahme ungeschmälert zu erhalten, wir dürfen aber auch da nicht
schweigen, wo deutsche Regierungen im einseitigen Hinblick auf finanzielle Vor¬
theile den gesammten deutscheu Verkehr ohne Aequivalent auf das ungebühr¬
lichste belasten. Kein Staat thut dies in solchem Maße wie Mecklenburg, keine


Grenzboten. IV. 48S7. 22

kannte Kaiserkanal angelegt werden mußte. Die südöstlichen Chinesen aber
sind all den Küsten kühne Schiffer, Kaufs.irteisahrer und Seeräuber, im Innern
wo rauhe Gebirge den Menschen abhärten, seinen Muskeln Spannkraft geben
und durch das ihm auferlegte Ringen mit einer dürftigen Natur seine Energie
wecken und wach erhalten, ebenfalls ein kräftiges, unerschrockenes Geschlecht.
Von hier aus kommen jene „Normannen Ostasiens", welche den indischen
Ocean durch ihre Raubzüge unsicher machen, von hier die zahllosen Ansiedler
auf den Eilanden dieses Meeres, von hier großentheils die Colvuistenscharen,
welche in den letztern Jahren selbst nach Californien und Australien gingen
und sich überall durch Fleiß, Mäßigkeit und Unternehmungslust auszeichneten,
hier endlich, und zwar in der Provinz Kwangsi, begann auch der Aufstand,
den wir im Felgenden zu charakterisiren haben.

Nicht vergessen darf dabei werden, daß in Kwangsi und einigen Theilen
der Nachbarprovinzen die Hauptwohnsitze deö oben erwähnten, von den
Chinesen nur unterworfenen, nicht ausgerotteten, nicht einmal völlig gebändigten
Urvolks sind. Die Chinesen, die hier wohnen, scheinen durch zwei Reihen¬
folgen von Einwanderungen hierhergekommen zu sein, die aber so weit aus¬
einanderliegen, daß man einen Unterschied macht zwischen „Altangesessenen"
(Punti) und „Fremdlingen" (Ki Kia). Aber auch die letzteren sind meist
schon seit mehren Generationen angesiedelt und haben im Lande zahlreiche,
wenn auch nicht so große und wohlhabende Ortschaften inne, als die Puuti.
Die Ki Kia kamen meist aus Kanton, von wo sie bis auf den Ausbruch der
Revolution beständigen Zuwachs bekommen haben. Das Verhältniß zwischen
diesen verschiedenen Classen der Bevölkerung war kein freundliches, im Gegen¬
theil, eS fanden häufige Fehden zwischen ihnen statt. Wie wichtig aber dieser,
so wie die zuletzt berührte» Umstände für daS Verständniß der ganzen Bewe¬
gung ist, wird der nächste Abschnitt zeigen.




Die mecklenburgischen Transitzölle.

Eins der drückendsten Hindernisse für die freie und naturgemäße Ent¬
wicklung des deutschen Nerkehrslebens bilden die Transit- oder Durchfuhrzölle.
Wir habe» seinerzeit die Ungerechtigkeit der Durchgangsabgaben hervorgehoben,
mit denen Dänemark den Waarenzug zwischen Nord- und Ostsee belegte, um
die Sundzolleinnahme ungeschmälert zu erhalten, wir dürfen aber auch da nicht
schweigen, wo deutsche Regierungen im einseitigen Hinblick auf finanzielle Vor¬
theile den gesammten deutscheu Verkehr ohne Aequivalent auf das ungebühr¬
lichste belasten. Kein Staat thut dies in solchem Maße wie Mecklenburg, keine


Grenzboten. IV. 48S7. 22
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0177" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/104912"/>
            <p xml:id="ID_516" prev="#ID_515"> kannte Kaiserkanal angelegt werden mußte. Die südöstlichen Chinesen aber<lb/>
sind all den Küsten kühne Schiffer, Kaufs.irteisahrer und Seeräuber, im Innern<lb/>
wo rauhe Gebirge den Menschen abhärten, seinen Muskeln Spannkraft geben<lb/>
und durch das ihm auferlegte Ringen mit einer dürftigen Natur seine Energie<lb/>
wecken und wach erhalten, ebenfalls ein kräftiges, unerschrockenes Geschlecht.<lb/>
Von hier aus kommen jene &#x201E;Normannen Ostasiens", welche den indischen<lb/>
Ocean durch ihre Raubzüge unsicher machen, von hier die zahllosen Ansiedler<lb/>
auf den Eilanden dieses Meeres, von hier großentheils die Colvuistenscharen,<lb/>
welche in den letztern Jahren selbst nach Californien und Australien gingen<lb/>
und sich überall durch Fleiß, Mäßigkeit und Unternehmungslust auszeichneten,<lb/>
hier endlich, und zwar in der Provinz Kwangsi, begann auch der Aufstand,<lb/>
den wir im Felgenden zu charakterisiren haben.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_517"> Nicht vergessen darf dabei werden, daß in Kwangsi und einigen Theilen<lb/>
der Nachbarprovinzen die Hauptwohnsitze deö oben erwähnten, von den<lb/>
Chinesen nur unterworfenen, nicht ausgerotteten, nicht einmal völlig gebändigten<lb/>
Urvolks sind. Die Chinesen, die hier wohnen, scheinen durch zwei Reihen¬<lb/>
folgen von Einwanderungen hierhergekommen zu sein, die aber so weit aus¬<lb/>
einanderliegen, daß man einen Unterschied macht zwischen &#x201E;Altangesessenen"<lb/>
(Punti) und &#x201E;Fremdlingen" (Ki Kia). Aber auch die letzteren sind meist<lb/>
schon seit mehren Generationen angesiedelt und haben im Lande zahlreiche,<lb/>
wenn auch nicht so große und wohlhabende Ortschaften inne, als die Puuti.<lb/>
Die Ki Kia kamen meist aus Kanton, von wo sie bis auf den Ausbruch der<lb/>
Revolution beständigen Zuwachs bekommen haben. Das Verhältniß zwischen<lb/>
diesen verschiedenen Classen der Bevölkerung war kein freundliches, im Gegen¬<lb/>
theil, eS fanden häufige Fehden zwischen ihnen statt. Wie wichtig aber dieser,<lb/>
so wie die zuletzt berührte» Umstände für daS Verständniß der ganzen Bewe¬<lb/>
gung ist, wird der nächste Abschnitt zeigen.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die mecklenburgischen Transitzölle.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_518" next="#ID_519"> Eins der drückendsten Hindernisse für die freie und naturgemäße Ent¬<lb/>
wicklung des deutschen Nerkehrslebens bilden die Transit- oder Durchfuhrzölle.<lb/>
Wir habe» seinerzeit die Ungerechtigkeit der Durchgangsabgaben hervorgehoben,<lb/>
mit denen Dänemark den Waarenzug zwischen Nord- und Ostsee belegte, um<lb/>
die Sundzolleinnahme ungeschmälert zu erhalten, wir dürfen aber auch da nicht<lb/>
schweigen, wo deutsche Regierungen im einseitigen Hinblick auf finanzielle Vor¬<lb/>
theile den gesammten deutscheu Verkehr ohne Aequivalent auf das ungebühr¬<lb/>
lichste belasten. Kein Staat thut dies in solchem Maße wie Mecklenburg, keine</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten. IV. 48S7. 22</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0177] kannte Kaiserkanal angelegt werden mußte. Die südöstlichen Chinesen aber sind all den Küsten kühne Schiffer, Kaufs.irteisahrer und Seeräuber, im Innern wo rauhe Gebirge den Menschen abhärten, seinen Muskeln Spannkraft geben und durch das ihm auferlegte Ringen mit einer dürftigen Natur seine Energie wecken und wach erhalten, ebenfalls ein kräftiges, unerschrockenes Geschlecht. Von hier aus kommen jene „Normannen Ostasiens", welche den indischen Ocean durch ihre Raubzüge unsicher machen, von hier die zahllosen Ansiedler auf den Eilanden dieses Meeres, von hier großentheils die Colvuistenscharen, welche in den letztern Jahren selbst nach Californien und Australien gingen und sich überall durch Fleiß, Mäßigkeit und Unternehmungslust auszeichneten, hier endlich, und zwar in der Provinz Kwangsi, begann auch der Aufstand, den wir im Felgenden zu charakterisiren haben. Nicht vergessen darf dabei werden, daß in Kwangsi und einigen Theilen der Nachbarprovinzen die Hauptwohnsitze deö oben erwähnten, von den Chinesen nur unterworfenen, nicht ausgerotteten, nicht einmal völlig gebändigten Urvolks sind. Die Chinesen, die hier wohnen, scheinen durch zwei Reihen¬ folgen von Einwanderungen hierhergekommen zu sein, die aber so weit aus¬ einanderliegen, daß man einen Unterschied macht zwischen „Altangesessenen" (Punti) und „Fremdlingen" (Ki Kia). Aber auch die letzteren sind meist schon seit mehren Generationen angesiedelt und haben im Lande zahlreiche, wenn auch nicht so große und wohlhabende Ortschaften inne, als die Puuti. Die Ki Kia kamen meist aus Kanton, von wo sie bis auf den Ausbruch der Revolution beständigen Zuwachs bekommen haben. Das Verhältniß zwischen diesen verschiedenen Classen der Bevölkerung war kein freundliches, im Gegen¬ theil, eS fanden häufige Fehden zwischen ihnen statt. Wie wichtig aber dieser, so wie die zuletzt berührte» Umstände für daS Verständniß der ganzen Bewe¬ gung ist, wird der nächste Abschnitt zeigen. Die mecklenburgischen Transitzölle. Eins der drückendsten Hindernisse für die freie und naturgemäße Ent¬ wicklung des deutschen Nerkehrslebens bilden die Transit- oder Durchfuhrzölle. Wir habe» seinerzeit die Ungerechtigkeit der Durchgangsabgaben hervorgehoben, mit denen Dänemark den Waarenzug zwischen Nord- und Ostsee belegte, um die Sundzolleinnahme ungeschmälert zu erhalten, wir dürfen aber auch da nicht schweigen, wo deutsche Regierungen im einseitigen Hinblick auf finanzielle Vor¬ theile den gesammten deutscheu Verkehr ohne Aequivalent auf das ungebühr¬ lichste belasten. Kein Staat thut dies in solchem Maße wie Mecklenburg, keine Grenzboten. IV. 48S7. 22

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/177
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/177>, abgerufen am 30.04.2024.