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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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Die großherzogliche Negierung sei nicht gesonnen, zu einem gegenseitigen
Herunterschrauben der Transportpreise auf Unkosten ihrer Zollkassen und zu
dem dadurch genährten Kampfe beider Verkehrswege noch ferner die Hand zu
bieten, es sei sehr möglich, daß manche der Uferstaaten ein lebhaftes Interesse,
großes Interesse an der Steigerung des Elbverkehrö und der Ermäßigung der
betreffenden Zölle hätten, da aber für Mecklenburg solche Interessen nicht im
Spiele ständen und es ein wesentlich verschiedenes, mit der Landesverfassung
sehr enge verwachsenes Abgabcsystem besitze, so habe die Regierung die drin¬
gendste Veranlassung, die ihr aus dem Durchgangsverkehr zufließenden Ein¬
nahmen festzuhalten." -- (Protokolle der Commission S. 233 u, 23i.) -- In
der mecklenburgischen Steuerverfassung liegt das wahre Hinderniß der Beseitigung
der Transitzölle; ein System wie das, welches der "grundgesetzliche Erbvergleich
Von feststellt, kann nicht ergiebig sein, da es jeder rationellen Besteue¬
rung widerspricht, die Ritterschaft und die Landbegütcrten, welche zusammen
die Hälfte alles Grund und Bodens besitzen, sind mit allen Gutsproducten
zollfrei, und können alle eignen Bedürfnisse steuerfrei vom Auslande beziehen,
zollpflichtig sind die Bürger der kleinen Städte, zollfrei die Bürger von Rostock.
Dabei gibt es eine Masse von Binnen-, Neben- und Wehrzöllen, je weiter
eine Waare ins, Land kommt, oder je mehr Zollstätten eine aus dem Lande
gehende Waare berührt, desto- mehr Zoll wird gegeben. Wie kann man von
einem solchen Steuerwesen bedeutende Erträge und wachsendes Gedeihen des
Volkswohlstandes erwarten? Ist eS nicht aber etwas zu viel verlangt, daß
der deutsche Verkehr schwere Opfer bringen und fortfahren soll, jährlich circa
3i0,000 Thlr. an Passagezöllen an Mecklenburg zu zahlen, um ein mittel-
alierliches Durcheinander von Privilegien, Eremtionen und Prägravationen
zu Gunsten des kleinen Herrcnthums im Großherzogthume aufrecht zu erhalten?

Wir siud grundsätzlich Gegner aller restriktiven volkswirtschaftlichen
Politik, aber es fragt sich doch, ob in diesem Falle, wo eine so hartnäckige
Mißachtung aller Vcrkehröinteressen stattfindet, nicht ein System von scharfen
Differentialzöllen angebracht wäre, um Mecklenburg zum Nachgeben zu bringen;
wenn Preußen dies ernstlich ins Auge faßte, würde eS ihm nicht schwer fallen
können, bedeutende Zugeständnisse zu erreichen.




Die preußische Bankpolitik.

Als wir vor einiger Zeit die preußische Negierung gegen die heftigen
Vorwürfe zu vertheidige" suchten, welche ihr von so vielen Seiten wegen des
Verbotes des fremden Papiergeldes gemacht wurden, konnten wir nicht umhin,


Die großherzogliche Negierung sei nicht gesonnen, zu einem gegenseitigen
Herunterschrauben der Transportpreise auf Unkosten ihrer Zollkassen und zu
dem dadurch genährten Kampfe beider Verkehrswege noch ferner die Hand zu
bieten, es sei sehr möglich, daß manche der Uferstaaten ein lebhaftes Interesse,
großes Interesse an der Steigerung des Elbverkehrö und der Ermäßigung der
betreffenden Zölle hätten, da aber für Mecklenburg solche Interessen nicht im
Spiele ständen und es ein wesentlich verschiedenes, mit der Landesverfassung
sehr enge verwachsenes Abgabcsystem besitze, so habe die Regierung die drin¬
gendste Veranlassung, die ihr aus dem Durchgangsverkehr zufließenden Ein¬
nahmen festzuhalten." — (Protokolle der Commission S. 233 u, 23i.) — In
der mecklenburgischen Steuerverfassung liegt das wahre Hinderniß der Beseitigung
der Transitzölle; ein System wie das, welches der „grundgesetzliche Erbvergleich
Von feststellt, kann nicht ergiebig sein, da es jeder rationellen Besteue¬
rung widerspricht, die Ritterschaft und die Landbegütcrten, welche zusammen
die Hälfte alles Grund und Bodens besitzen, sind mit allen Gutsproducten
zollfrei, und können alle eignen Bedürfnisse steuerfrei vom Auslande beziehen,
zollpflichtig sind die Bürger der kleinen Städte, zollfrei die Bürger von Rostock.
Dabei gibt es eine Masse von Binnen-, Neben- und Wehrzöllen, je weiter
eine Waare ins, Land kommt, oder je mehr Zollstätten eine aus dem Lande
gehende Waare berührt, desto- mehr Zoll wird gegeben. Wie kann man von
einem solchen Steuerwesen bedeutende Erträge und wachsendes Gedeihen des
Volkswohlstandes erwarten? Ist eS nicht aber etwas zu viel verlangt, daß
der deutsche Verkehr schwere Opfer bringen und fortfahren soll, jährlich circa
3i0,000 Thlr. an Passagezöllen an Mecklenburg zu zahlen, um ein mittel-
alierliches Durcheinander von Privilegien, Eremtionen und Prägravationen
zu Gunsten des kleinen Herrcnthums im Großherzogthume aufrecht zu erhalten?

Wir siud grundsätzlich Gegner aller restriktiven volkswirtschaftlichen
Politik, aber es fragt sich doch, ob in diesem Falle, wo eine so hartnäckige
Mißachtung aller Vcrkehröinteressen stattfindet, nicht ein System von scharfen
Differentialzöllen angebracht wäre, um Mecklenburg zum Nachgeben zu bringen;
wenn Preußen dies ernstlich ins Auge faßte, würde eS ihm nicht schwer fallen
können, bedeutende Zugeständnisse zu erreichen.




Die preußische Bankpolitik.

Als wir vor einiger Zeit die preußische Negierung gegen die heftigen
Vorwürfe zu vertheidige» suchten, welche ihr von so vielen Seiten wegen des
Verbotes des fremden Papiergeldes gemacht wurden, konnten wir nicht umhin,


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[0181] Die großherzogliche Negierung sei nicht gesonnen, zu einem gegenseitigen Herunterschrauben der Transportpreise auf Unkosten ihrer Zollkassen und zu dem dadurch genährten Kampfe beider Verkehrswege noch ferner die Hand zu bieten, es sei sehr möglich, daß manche der Uferstaaten ein lebhaftes Interesse, großes Interesse an der Steigerung des Elbverkehrö und der Ermäßigung der betreffenden Zölle hätten, da aber für Mecklenburg solche Interessen nicht im Spiele ständen und es ein wesentlich verschiedenes, mit der Landesverfassung sehr enge verwachsenes Abgabcsystem besitze, so habe die Regierung die drin¬ gendste Veranlassung, die ihr aus dem Durchgangsverkehr zufließenden Ein¬ nahmen festzuhalten." — (Protokolle der Commission S. 233 u, 23i.) — In der mecklenburgischen Steuerverfassung liegt das wahre Hinderniß der Beseitigung der Transitzölle; ein System wie das, welches der „grundgesetzliche Erbvergleich Von feststellt, kann nicht ergiebig sein, da es jeder rationellen Besteue¬ rung widerspricht, die Ritterschaft und die Landbegütcrten, welche zusammen die Hälfte alles Grund und Bodens besitzen, sind mit allen Gutsproducten zollfrei, und können alle eignen Bedürfnisse steuerfrei vom Auslande beziehen, zollpflichtig sind die Bürger der kleinen Städte, zollfrei die Bürger von Rostock. Dabei gibt es eine Masse von Binnen-, Neben- und Wehrzöllen, je weiter eine Waare ins, Land kommt, oder je mehr Zollstätten eine aus dem Lande gehende Waare berührt, desto- mehr Zoll wird gegeben. Wie kann man von einem solchen Steuerwesen bedeutende Erträge und wachsendes Gedeihen des Volkswohlstandes erwarten? Ist eS nicht aber etwas zu viel verlangt, daß der deutsche Verkehr schwere Opfer bringen und fortfahren soll, jährlich circa 3i0,000 Thlr. an Passagezöllen an Mecklenburg zu zahlen, um ein mittel- alierliches Durcheinander von Privilegien, Eremtionen und Prägravationen zu Gunsten des kleinen Herrcnthums im Großherzogthume aufrecht zu erhalten? Wir siud grundsätzlich Gegner aller restriktiven volkswirtschaftlichen Politik, aber es fragt sich doch, ob in diesem Falle, wo eine so hartnäckige Mißachtung aller Vcrkehröinteressen stattfindet, nicht ein System von scharfen Differentialzöllen angebracht wäre, um Mecklenburg zum Nachgeben zu bringen; wenn Preußen dies ernstlich ins Auge faßte, würde eS ihm nicht schwer fallen können, bedeutende Zugeständnisse zu erreichen. Die preußische Bankpolitik. Als wir vor einiger Zeit die preußische Negierung gegen die heftigen Vorwürfe zu vertheidige» suchten, welche ihr von so vielen Seiten wegen des Verbotes des fremden Papiergeldes gemacht wurden, konnten wir nicht umhin,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/181>, abgerufen am 30.04.2024.