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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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dungen. Wer kennt nicht die strengen Verbote des Opiums, Tabakrauchens, aller
geistigen Getränke, auf deren strenge Erfüllung die Sultane persönlich achteten?
Aber allmälig ist dieser Zweig der Staatsverwaltung in Verfall gerathen, und
man braucht nur den heutigen Zustand der Straßen zu betrachten, um sich
von dieser traurigen Wahrheit zu überzeugen. Der Verein beschloß daher die
Bildung eines Ausschusses für öffentliche Gesundheitspflege, und da der Ver¬
ein nicht in der Lage ist, selbst die nöthigen Abänderungen zu treffen, so soll
dieser Ausschuß nur der Negierung die Mängel und die Maßregeln bezeichnen,
welche die dringendsten und am leichtesten ausführbar sind. Wie sehr diese
Bemühungen Anerkennung gefunden haben, zeigt am deutlichsten eine Petition
eines Theils der Bevölkerung von Pera an den Verein, worin er diesen um
Vermittlung bei der Negierung bittet, damit diese zur Anlegung einer Wasser¬
leitung die nöthigen Maßregeln ergreife. Schwerlich kann sich eine Umwälzung
in den Ansichten der Einwohner besser offenbaren, als wenn sie jetzt die früher
so verachteten Aerzte um Vermittlung zwischen sich und der Negierung angehen.




Max Duncker.

Geschichte des Alterthums von M. Duncker. Vierter Band. Berlin, Duncker und
Humblot. --

Indem wir den neuen Band der Geschichte des Alterthums anzeigen,
können wir uns nicht erwehren, zugleich einen Blick auf die Person des Ver¬
fassers zu werfen. Nach langem Sträuben verläßt Duncker den preußischen
Staatsdienst, dem er mit vollster Seele angehörte, und folgt einem ehrenvollen
Rufe nach Tübingen; er verläßt ihn, weil die Partei, die bei der Lenkung
unserer Politik das große Wort geführt, diejenige politische Gesinnung, aus
welcher unsere vom König beschwvrene Verfassung hervorgegangen ist, sür un¬
berechtigt erklärt und den akademischen Lehrern, die das Unglück haben, ihr
anzugehören, nur die Wahl läßt, entweder aus ihre akademische Wirksamkeit
oder auf die Ausübung ihrer Bürgerrechte und Bürgerpflichten zu verzichten.
In frühern Zeiten hat der preußische Staat den Ruf seiner Intelligenz haupt¬
sächlich dadurch begründet, daß er alle bedeutenderen Kräfte Deutschlands zu
gewinnen wußte. Jetzt scheint das Umgekehrte statt zu finden, und in diesem
Fall richten sich die feindseligen Maßregeln der Kreuzzeitungspartei gegen einen
Mann, der fester und entschlossener als irgend ein anderer in den unruhigen
Zeiten die conservative Sache, die Sache Preußens vertreten; in einem Augen¬
blick, wo auch seine wissenschaftliche Bedeutung durch ein großes von der ge-


dungen. Wer kennt nicht die strengen Verbote des Opiums, Tabakrauchens, aller
geistigen Getränke, auf deren strenge Erfüllung die Sultane persönlich achteten?
Aber allmälig ist dieser Zweig der Staatsverwaltung in Verfall gerathen, und
man braucht nur den heutigen Zustand der Straßen zu betrachten, um sich
von dieser traurigen Wahrheit zu überzeugen. Der Verein beschloß daher die
Bildung eines Ausschusses für öffentliche Gesundheitspflege, und da der Ver¬
ein nicht in der Lage ist, selbst die nöthigen Abänderungen zu treffen, so soll
dieser Ausschuß nur der Negierung die Mängel und die Maßregeln bezeichnen,
welche die dringendsten und am leichtesten ausführbar sind. Wie sehr diese
Bemühungen Anerkennung gefunden haben, zeigt am deutlichsten eine Petition
eines Theils der Bevölkerung von Pera an den Verein, worin er diesen um
Vermittlung bei der Negierung bittet, damit diese zur Anlegung einer Wasser¬
leitung die nöthigen Maßregeln ergreife. Schwerlich kann sich eine Umwälzung
in den Ansichten der Einwohner besser offenbaren, als wenn sie jetzt die früher
so verachteten Aerzte um Vermittlung zwischen sich und der Negierung angehen.




Max Duncker.

Geschichte des Alterthums von M. Duncker. Vierter Band. Berlin, Duncker und
Humblot. —

Indem wir den neuen Band der Geschichte des Alterthums anzeigen,
können wir uns nicht erwehren, zugleich einen Blick auf die Person des Ver¬
fassers zu werfen. Nach langem Sträuben verläßt Duncker den preußischen
Staatsdienst, dem er mit vollster Seele angehörte, und folgt einem ehrenvollen
Rufe nach Tübingen; er verläßt ihn, weil die Partei, die bei der Lenkung
unserer Politik das große Wort geführt, diejenige politische Gesinnung, aus
welcher unsere vom König beschwvrene Verfassung hervorgegangen ist, sür un¬
berechtigt erklärt und den akademischen Lehrern, die das Unglück haben, ihr
anzugehören, nur die Wahl läßt, entweder aus ihre akademische Wirksamkeit
oder auf die Ausübung ihrer Bürgerrechte und Bürgerpflichten zu verzichten.
In frühern Zeiten hat der preußische Staat den Ruf seiner Intelligenz haupt¬
sächlich dadurch begründet, daß er alle bedeutenderen Kräfte Deutschlands zu
gewinnen wußte. Jetzt scheint das Umgekehrte statt zu finden, und in diesem
Fall richten sich die feindseligen Maßregeln der Kreuzzeitungspartei gegen einen
Mann, der fester und entschlossener als irgend ein anderer in den unruhigen
Zeiten die conservative Sache, die Sache Preußens vertreten; in einem Augen¬
blick, wo auch seine wissenschaftliche Bedeutung durch ein großes von der ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/240>, abgerufen am 30.04.2024.