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Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band.

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erweitern, zu steigern, bis endlich die vielfältigen, zur Bildung deS Ganzen er¬
forderlichen Combinationen gewonnen sind, sondern er läßt meist den Grund¬
gedanken in seiner ursprünglichen Gestalt, in verschiedenen modulalorischen
Positionen kreislaufartig wiederkehren, ihn gleichsam durch mannigfache Regio¬
nen führend. Auch in seinen wunderbar süßen Liedern zeigt sich öfters ein
plötzlicher, die Stimme erschöpfender und erlahmender Wechsel ganzer, bald
hoch, bald tief liegender Perioden. Dazu gesellt sich noch eine, ohne Rücksicht
auf die gewählte Stimmenlage vorherrschend zur Anwendung gebrachte, aber
grade bei der konsonantenreichen deutschen Sprache zur 'größten Vorsicht auffor¬
dernde syllabische Tcrlbehandlung, die dem Sänger in vielen Fällen die Mög¬
lichkeit freier Tonbildung, und was damit zusammenhängt, schöner gesanglicher
Darstellung wesentlich erschwert.

Dem Verfasser in seinen weitern Auseinandersetzungen zu folgen, verbietet
uns für dies Mal der Raum. Es kam uns darauf an, unsre Leser frühzeitig
auf das mit Liebe, Sorgfalt und großem Fleiß ausgeführte Werk aufmerksam
zu machen; wir behalten uns später vor, über Schumann und seine Beziehung
zu den allgemeinen Culturverhältnissen der Zeit und zur Geschichte der Musik
tiefer eingehende Mittheilungen zu veröffentlichen.




Der Seekrieg in der Gegenwart.

Der Zweck des nachstehenden Aufsatzes ist ein Ueberblick über die
Theorie des modernen Seekriegs, und in der Hauptsache die Nachwei¬
sung, welche Stellung augenblicklich die verschiedenen Schiffsclassen, Drei-
und Zweidecker, Fregatte, Corvette u. s. w. in Hinsicht auf ihre Ver¬
wendung zueinander einnehmen, und wie weit diese Stellung seit der Anwendung
der bewegenden Kraft deö Dampfes in der Kriegsmarine eine andere
geworden ist.

Was im Wesentlichen die Umrisse der Kriegführung zur See, im Ver¬
gleich mit denen des Landkrieges verändert, ist die Verrückung und Verall¬
gemeinerung deS Begriffs Kriegstheater in jener, neben der strengen Begrenzung
desselben in dieser. Das Kriegstheater des Seekriegs ist ein allgemeines,
es ist die Gesammtheit der Meere, aus welcher nur die wenigen ausgeschlossen
werden können, deren Schlüssel sich in den Händen einer Macht befindet, wie z. B-
ausschließlich daS Marmarameer. Dagegen breitet sich ein Landkrieg, auch der größte
und mit den massenhaftesten Streitmitteln geführte, über eine verhältnißmäßig
enge räumliche Sphäre aus. ES gibt nur wenige europäische Landmächte,
die auf ihren Grenzen nicht ebenso viele Kriegstheater aufzuweisen haben,


erweitern, zu steigern, bis endlich die vielfältigen, zur Bildung deS Ganzen er¬
forderlichen Combinationen gewonnen sind, sondern er läßt meist den Grund¬
gedanken in seiner ursprünglichen Gestalt, in verschiedenen modulalorischen
Positionen kreislaufartig wiederkehren, ihn gleichsam durch mannigfache Regio¬
nen führend. Auch in seinen wunderbar süßen Liedern zeigt sich öfters ein
plötzlicher, die Stimme erschöpfender und erlahmender Wechsel ganzer, bald
hoch, bald tief liegender Perioden. Dazu gesellt sich noch eine, ohne Rücksicht
auf die gewählte Stimmenlage vorherrschend zur Anwendung gebrachte, aber
grade bei der konsonantenreichen deutschen Sprache zur 'größten Vorsicht auffor¬
dernde syllabische Tcrlbehandlung, die dem Sänger in vielen Fällen die Mög¬
lichkeit freier Tonbildung, und was damit zusammenhängt, schöner gesanglicher
Darstellung wesentlich erschwert.

Dem Verfasser in seinen weitern Auseinandersetzungen zu folgen, verbietet
uns für dies Mal der Raum. Es kam uns darauf an, unsre Leser frühzeitig
auf das mit Liebe, Sorgfalt und großem Fleiß ausgeführte Werk aufmerksam
zu machen; wir behalten uns später vor, über Schumann und seine Beziehung
zu den allgemeinen Culturverhältnissen der Zeit und zur Geschichte der Musik
tiefer eingehende Mittheilungen zu veröffentlichen.




Der Seekrieg in der Gegenwart.

Der Zweck des nachstehenden Aufsatzes ist ein Ueberblick über die
Theorie des modernen Seekriegs, und in der Hauptsache die Nachwei¬
sung, welche Stellung augenblicklich die verschiedenen Schiffsclassen, Drei-
und Zweidecker, Fregatte, Corvette u. s. w. in Hinsicht auf ihre Ver¬
wendung zueinander einnehmen, und wie weit diese Stellung seit der Anwendung
der bewegenden Kraft deö Dampfes in der Kriegsmarine eine andere
geworden ist.

Was im Wesentlichen die Umrisse der Kriegführung zur See, im Ver¬
gleich mit denen des Landkrieges verändert, ist die Verrückung und Verall¬
gemeinerung deS Begriffs Kriegstheater in jener, neben der strengen Begrenzung
desselben in dieser. Das Kriegstheater des Seekriegs ist ein allgemeines,
es ist die Gesammtheit der Meere, aus welcher nur die wenigen ausgeschlossen
werden können, deren Schlüssel sich in den Händen einer Macht befindet, wie z. B-
ausschließlich daS Marmarameer. Dagegen breitet sich ein Landkrieg, auch der größte
und mit den massenhaftesten Streitmitteln geführte, über eine verhältnißmäßig
enge räumliche Sphäre aus. ES gibt nur wenige europäische Landmächte,
die auf ihren Grenzen nicht ebenso viele Kriegstheater aufzuweisen haben,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 16, 1857, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341586_104734/530>, abgerufen am 30.04.2024.