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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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bei der englischen Aristokratie -- das alles sind doch Dinge, die sich nicht so leicht
aus dem Gedächtniß wischen,.

Noch ein Wort zum Schluß. W,ir sind der Entwicklung des Kaiserreichs mit
ununterbrochener Aufmerksamkeit gefolgt, wir haben die feste Ueberzeugung, daß
nicht blos im Interesse Frankreichs, sondern auch im Interesse Europas die Aufrecht-
haltung der napoleonischen Dynastie das Wünschenswerteste ist. Wir halten es
für möglich, daß das Kaiserreich allmälig seinen Ursprung vergessen macht, daß es
für die politische Bildung und für die wahren Bedürfnisse Frankreichs allmälig An- >
knüpsungspunktc findet. Jede neue Revolution, gleich viel ob orlcanistisch. oder
legitimistisch, oder republikanisch, würde die Zustände von Neuem in Verwirrung
setzen, würde eine neue Eroberung Frankreichs, die Herrschaft einer neuen Classe
constituiren. Der Kaiser hat bisher seine populäre Dictatur mit Geist, Geschick
und Entschlossenheit geführt, aber jede Dictatur ist nur als vorübergehender Zustand
denkbar, und zur Anknüpfung an die regelmäßigen, durch Sitten und Gesetze
firirten.Einrichtungen müßte doch einmal ein Anfang gemacht werden. Jede Ma߬
regel, welche diesen Anfang erschwert und weiter hinausschiebt, würde unsere Hoff¬
nung auf eine naturgemäße Entwicklung Frankreichs, vermindern.


I. S.
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Literatur.
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Neue Arbeiten auf dem Gebiet der Geschichte

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-- Eduard Dullcrs Vater,
ländische Geschichte von der ältesten Zeit bis zur Gegenwart, fortgesetzt von
Karl Hagen (Frankfurt a. M., Meidinger Sohn" bat mit dem 5. Bd. ihren Ab¬
schluß gesunden, ein sehr lesbares und zweckmäßiges Handbuch, wenn es auch keinen
Anspruch darauf macht, eine Arbeit aus den Quellen zu sein. -- Von dem Kloster-
leben Karls V. von Stirling, das wir bereits früher besprochen haben, ist eine
neue Ausgabe erschienen, übersetzt von Lindau, unter Jugrundlegung der dritten
Auflage des englischen Originals (Dresden, Kuntze). Sie enthält einige nicht un¬
wichtige Zusätze, nach der von Bakhuizen mitgetheilten Schrift i'ötiÄitv als
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Migncts Aufsätzen im Journal des Savants. Bekanntlich hat sich durch diese Ur¬
kunden herausgestellt, daß Karl V. in seiner klösterlichen Einsamkeit immer tiefer in
Bigotterie versank und seinem Sohn über die Verfolgung der Ketzer die blutigsten
Rathschläge ertheilte. - Dieselbe Zeit behandelt ein Werk, auf das wir hier nur
vorläufig aufmerksam machen, indem wir uns vorbehalten, nach der Vollendung
desselben gründlicher darauf einzngehein Der Abfall der Niederlande und die
Entstehung des holländischen Freistaats, aus dem Englischen des John Lothrop
Motley. f. Bd. (Dresden, Kuntze). Schon vor dem 'Erscheinen dieser Schrift
(1856) war die gelehrte Welt durch die Empfehlung Prcscotts. der auf die Arbeit
seines gelehrten und geistvollen Landsmanns hinwies, darauf aufmerksam gemacht
worden; Studium und künstlerische Darstellung verdienen ein sehr großes Interesse.


bei der englischen Aristokratie — das alles sind doch Dinge, die sich nicht so leicht
aus dem Gedächtniß wischen,.

Noch ein Wort zum Schluß. W,ir sind der Entwicklung des Kaiserreichs mit
ununterbrochener Aufmerksamkeit gefolgt, wir haben die feste Ueberzeugung, daß
nicht blos im Interesse Frankreichs, sondern auch im Interesse Europas die Aufrecht-
haltung der napoleonischen Dynastie das Wünschenswerteste ist. Wir halten es
für möglich, daß das Kaiserreich allmälig seinen Ursprung vergessen macht, daß es
für die politische Bildung und für die wahren Bedürfnisse Frankreichs allmälig An- >
knüpsungspunktc findet. Jede neue Revolution, gleich viel ob orlcanistisch. oder
legitimistisch, oder republikanisch, würde die Zustände von Neuem in Verwirrung
setzen, würde eine neue Eroberung Frankreichs, die Herrschaft einer neuen Classe
constituiren. Der Kaiser hat bisher seine populäre Dictatur mit Geist, Geschick
und Entschlossenheit geführt, aber jede Dictatur ist nur als vorübergehender Zustand
denkbar, und zur Anknüpfung an die regelmäßigen, durch Sitten und Gesetze
firirten.Einrichtungen müßte doch einmal ein Anfang gemacht werden. Jede Ma߬
regel, welche diesen Anfang erschwert und weiter hinausschiebt, würde unsere Hoff¬
nung auf eine naturgemäße Entwicklung Frankreichs, vermindern.


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Neue Arbeiten auf dem Gebiet der Geschichte

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— Eduard Dullcrs Vater,
ländische Geschichte von der ältesten Zeit bis zur Gegenwart, fortgesetzt von
Karl Hagen (Frankfurt a. M., Meidinger Sohn» bat mit dem 5. Bd. ihren Ab¬
schluß gesunden, ein sehr lesbares und zweckmäßiges Handbuch, wenn es auch keinen
Anspruch darauf macht, eine Arbeit aus den Quellen zu sein. — Von dem Kloster-
leben Karls V. von Stirling, das wir bereits früher besprochen haben, ist eine
neue Ausgabe erschienen, übersetzt von Lindau, unter Jugrundlegung der dritten
Auflage des englischen Originals (Dresden, Kuntze). Sie enthält einige nicht un¬
wichtige Zusätze, nach der von Bakhuizen mitgetheilten Schrift i'ötiÄitv als
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Migncts Aufsätzen im Journal des Savants. Bekanntlich hat sich durch diese Ur¬
kunden herausgestellt, daß Karl V. in seiner klösterlichen Einsamkeit immer tiefer in
Bigotterie versank und seinem Sohn über die Verfolgung der Ketzer die blutigsten
Rathschläge ertheilte. - Dieselbe Zeit behandelt ein Werk, auf das wir hier nur
vorläufig aufmerksam machen, indem wir uns vorbehalten, nach der Vollendung
desselben gründlicher darauf einzngehein Der Abfall der Niederlande und die
Entstehung des holländischen Freistaats, aus dem Englischen des John Lothrop
Motley. f. Bd. (Dresden, Kuntze). Schon vor dem 'Erscheinen dieser Schrift
(1856) war die gelehrte Welt durch die Empfehlung Prcscotts. der auf die Arbeit
seines gelehrten und geistvollen Landsmanns hinwies, darauf aufmerksam gemacht
worden; Studium und künstlerische Darstellung verdienen ein sehr großes Interesse.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/204>, abgerufen am 28.04.2024.