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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band.

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Die Vertheidiger des Nechtsprincips müßten sich damit begnügen, und sie
könnten es um so mehr, als auch dieser Abschluß der Frage kein endgiltiger wäre,
da das Vorrücken deutscher Sprache und Art auf der Halbinsel doch allmälig
einen Zustand herbeiführen würde, der es für den skandinavischen Staat, in
welchen Dänemark einst aufgehen wird, zur Unmöglichkeit macht, eine andere
Grenze festzuhalten, als die, welche die Natur in dem Meere gesetzt hat.

Blicken wir auf die Gegenwart, so wird aller Wahrscheinlichkeit nach in
der zuletzt angedeuteten Richtung nichts geschehen; wol aber könnten die Di¬
plomaten des deutschen Bundes ein derartiges vorläufiges Abkommen dadurch
vorbereiten, daß sie das Recht benutzen, das ihnen die Worte der Proclama-
tion des Königs von Dänemark von 1852 geben, "der für das Herzogthum
Schleswig auszuarbeitende Gesetzentwurf wird insbesondere die erforderlichen
Bestimmungen enthalten, um der dünischen und deutschen Nationalität in dem
gedachten Herzogthum völlig gleiche Berechtigung und kräftigen Schutz zu
verschaffen," die Danisirungsmaßregeln des kopenhagener Cavinets und vor¬
züglich das mit einer an Ruchlosigkeit grenzenden Ungerechtigkeit entworfene
und ausgeführte Sprachrescript vor das frankfurter Forum zu ziehen. Auf
diese Weise würde die Sprachgrenze vorläufig festgestellt, ihre Verwandlung
in eine politische angebahnt, und das Weitere könnte abgewartet werden.
Mit Sicherheit dürfen wir darauf rechnen, daß die nächsten zehn Jahre Con-
juncturen bringen werden, die klug benutzt, mindestens Südschleswig mit
M. B. Deutschland vereinigen müssen.




Die deutsche allgemeine Kunstausstellung in München.

Der in diesen Blättern vor etwa einem Halbjahr ausgesprochene Wunsch:
es möge das Beispiel der Manchesternusstellung auch bei uns Nachfolge fin¬
den, geht früher als wir es dachten in Erfüllung. Vor uns liegt die Ein¬
ladung zur "deutschen allgemeinen und historischen Kunstausstellung in Mün¬
chen", welche am 15. Juli den Anfang nehmen und das Beste, was "seit
Carstens im Vaterlande geschaffen worden", zur Anschauung bringen soll.
Wie dieses Unternehmen, sür dessen erfolgreiche Verwirklichung wir nur das
Beste wünschen, zu Stande kam, ist wohlbekannt. Die Münchener Akademie
feiert in diesem Jahre ihr fünfzigjähriges Bestehen. Zur würdigen Begehung
des Festes wurde ursprünglich beabsichtigt, durch eine Kunstausstellung ein
anschauliches und vollständiges Bild der Entwicklung der Akademie dem Publi-
cum vorzuführen, und die Hauptwerke aller Künstler, welche der Münchner
Akademie ihre Bildung verdanken, in derselben zu vereinigen, Nun schwebte


Grcnzl'oder I. 1858. 63

Die Vertheidiger des Nechtsprincips müßten sich damit begnügen, und sie
könnten es um so mehr, als auch dieser Abschluß der Frage kein endgiltiger wäre,
da das Vorrücken deutscher Sprache und Art auf der Halbinsel doch allmälig
einen Zustand herbeiführen würde, der es für den skandinavischen Staat, in
welchen Dänemark einst aufgehen wird, zur Unmöglichkeit macht, eine andere
Grenze festzuhalten, als die, welche die Natur in dem Meere gesetzt hat.

Blicken wir auf die Gegenwart, so wird aller Wahrscheinlichkeit nach in
der zuletzt angedeuteten Richtung nichts geschehen; wol aber könnten die Di¬
plomaten des deutschen Bundes ein derartiges vorläufiges Abkommen dadurch
vorbereiten, daß sie das Recht benutzen, das ihnen die Worte der Proclama-
tion des Königs von Dänemark von 1852 geben, „der für das Herzogthum
Schleswig auszuarbeitende Gesetzentwurf wird insbesondere die erforderlichen
Bestimmungen enthalten, um der dünischen und deutschen Nationalität in dem
gedachten Herzogthum völlig gleiche Berechtigung und kräftigen Schutz zu
verschaffen," die Danisirungsmaßregeln des kopenhagener Cavinets und vor¬
züglich das mit einer an Ruchlosigkeit grenzenden Ungerechtigkeit entworfene
und ausgeführte Sprachrescript vor das frankfurter Forum zu ziehen. Auf
diese Weise würde die Sprachgrenze vorläufig festgestellt, ihre Verwandlung
in eine politische angebahnt, und das Weitere könnte abgewartet werden.
Mit Sicherheit dürfen wir darauf rechnen, daß die nächsten zehn Jahre Con-
juncturen bringen werden, die klug benutzt, mindestens Südschleswig mit
M. B. Deutschland vereinigen müssen.




Die deutsche allgemeine Kunstausstellung in München.

Der in diesen Blättern vor etwa einem Halbjahr ausgesprochene Wunsch:
es möge das Beispiel der Manchesternusstellung auch bei uns Nachfolge fin¬
den, geht früher als wir es dachten in Erfüllung. Vor uns liegt die Ein¬
ladung zur „deutschen allgemeinen und historischen Kunstausstellung in Mün¬
chen", welche am 15. Juli den Anfang nehmen und das Beste, was „seit
Carstens im Vaterlande geschaffen worden", zur Anschauung bringen soll.
Wie dieses Unternehmen, sür dessen erfolgreiche Verwirklichung wir nur das
Beste wünschen, zu Stande kam, ist wohlbekannt. Die Münchener Akademie
feiert in diesem Jahre ihr fünfzigjähriges Bestehen. Zur würdigen Begehung
des Festes wurde ursprünglich beabsichtigt, durch eine Kunstausstellung ein
anschauliches und vollständiges Bild der Entwicklung der Akademie dem Publi-
cum vorzuführen, und die Hauptwerke aller Künstler, welche der Münchner
Akademie ihre Bildung verdanken, in derselben zu vereinigen, Nun schwebte


Grcnzl'oder I. 1858. 63
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105276/505>, abgerufen am 28.04.2024.