Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Aus der römischen Kaiserzeit.
Das Theater.

Bis zum Jahre 55 vor Christus hatte Rom noch kein steinernes Theater
besessen, zu jedem Feste, das mit Bühnenspielen gefeiert wurde, schlug man
für die Dauer dieser wenigen Tage ein hölzernes aus. Diese temporären
Theater waren zum Theil höchst prächtig, in der letzten Zeit der Republik
wurde die Bühne mit Elfenbein, mit Gold und Silber ausgelegt, das be¬
rühmte Theater des Scaurus hatte 360 Säulen, 3,000 Bronzestatuen, einen
Ueberfluß an Gemälden und prachtvollen Teppichen und soll 80,000 Zuschauer
gefaßt haben; die beiden Theater Curios konnten mit der ganzen Zuschauer¬
masse in ihren Angeln gedreht und so zu einem Amphitheater zusammen¬
geschoben werden. Aber alle diese kolossalen Bauten wurden, nachdem sie
ihren Zweck erfüllt, wieder abgebrochen und erst in dem genannten Jahre
vollendete Pompejus das erste für die Dauer'bestimmte Theater. Wegen die¬
ser Neuerung erfuhr er von den Anhängern der "guten alten Zeit" Tadel,
da nun dem Volke eine neue Verführung geboten sei, ganze Tage in müßigem
Gassen zu verbringen; angeblich wäre er hierdurch veranlaßt worden, seinen
Bau mit einem Venustempel zu krönen, zu dem die Sitzreihen des Gebäudes
nun gleich Stufen hinauszuführen schienen. Später hat Rom im Jahre
l3 vor Chr. noch zwei steinerne Theater erhalten, das eine von Cornelius
Valbus. das andere von August erbaut, welcher es dem Andenken seines früh
verstorbenen Schwestersohns Marcellus weihte. Die beiden ersten sind bis
auf die letzte Spur verschwunden, von dem Marcellustheater steht bekanntlich
noch eine bedeutende Ruine des halbkreisförmigen Zuschauerraums, die in den
Palazzo Orsini hineingebaut ist und deren untre Gewölbe zu Schlosser- und
andern Werkstätten "dienen. Außer diesen dreien hat Rom, so viel wir wissen,
kein steinernes Theater besessen; erforderten die Feste der Kaiserzeit mehr oder
andere Gebäude für Schauspiele, so wurden auch diese nur nach dem jedes¬
maligen Bedürfniß errichtet, um alsbald abgebrochen zu werden.

Die antiken Theater waren (mit Ausnahme der ausschließlich für musi-


Grenzbotm III. 1853. 36
Aus der römischen Kaiserzeit.
Das Theater.

Bis zum Jahre 55 vor Christus hatte Rom noch kein steinernes Theater
besessen, zu jedem Feste, das mit Bühnenspielen gefeiert wurde, schlug man
für die Dauer dieser wenigen Tage ein hölzernes aus. Diese temporären
Theater waren zum Theil höchst prächtig, in der letzten Zeit der Republik
wurde die Bühne mit Elfenbein, mit Gold und Silber ausgelegt, das be¬
rühmte Theater des Scaurus hatte 360 Säulen, 3,000 Bronzestatuen, einen
Ueberfluß an Gemälden und prachtvollen Teppichen und soll 80,000 Zuschauer
gefaßt haben; die beiden Theater Curios konnten mit der ganzen Zuschauer¬
masse in ihren Angeln gedreht und so zu einem Amphitheater zusammen¬
geschoben werden. Aber alle diese kolossalen Bauten wurden, nachdem sie
ihren Zweck erfüllt, wieder abgebrochen und erst in dem genannten Jahre
vollendete Pompejus das erste für die Dauer'bestimmte Theater. Wegen die¬
ser Neuerung erfuhr er von den Anhängern der „guten alten Zeit" Tadel,
da nun dem Volke eine neue Verführung geboten sei, ganze Tage in müßigem
Gassen zu verbringen; angeblich wäre er hierdurch veranlaßt worden, seinen
Bau mit einem Venustempel zu krönen, zu dem die Sitzreihen des Gebäudes
nun gleich Stufen hinauszuführen schienen. Später hat Rom im Jahre
l3 vor Chr. noch zwei steinerne Theater erhalten, das eine von Cornelius
Valbus. das andere von August erbaut, welcher es dem Andenken seines früh
verstorbenen Schwestersohns Marcellus weihte. Die beiden ersten sind bis
auf die letzte Spur verschwunden, von dem Marcellustheater steht bekanntlich
noch eine bedeutende Ruine des halbkreisförmigen Zuschauerraums, die in den
Palazzo Orsini hineingebaut ist und deren untre Gewölbe zu Schlosser- und
andern Werkstätten "dienen. Außer diesen dreien hat Rom, so viel wir wissen,
kein steinernes Theater besessen; erforderten die Feste der Kaiserzeit mehr oder
andere Gebäude für Schauspiele, so wurden auch diese nur nach dem jedes¬
maligen Bedürfniß errichtet, um alsbald abgebrochen zu werden.

Die antiken Theater waren (mit Ausnahme der ausschließlich für musi-


Grenzbotm III. 1853. 36
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0289" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/106100"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Aus der römischen Kaiserzeit.</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> Das Theater.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_802"> Bis zum Jahre 55 vor Christus hatte Rom noch kein steinernes Theater<lb/>
besessen, zu jedem Feste, das mit Bühnenspielen gefeiert wurde, schlug man<lb/>
für die Dauer dieser wenigen Tage ein hölzernes aus. Diese temporären<lb/>
Theater waren zum Theil höchst prächtig, in der letzten Zeit der Republik<lb/>
wurde die Bühne mit Elfenbein, mit Gold und Silber ausgelegt, das be¬<lb/>
rühmte Theater des Scaurus hatte 360 Säulen, 3,000 Bronzestatuen, einen<lb/>
Ueberfluß an Gemälden und prachtvollen Teppichen und soll 80,000 Zuschauer<lb/>
gefaßt haben; die beiden Theater Curios konnten mit der ganzen Zuschauer¬<lb/>
masse in ihren Angeln gedreht und so zu einem Amphitheater zusammen¬<lb/>
geschoben werden. Aber alle diese kolossalen Bauten wurden, nachdem sie<lb/>
ihren Zweck erfüllt, wieder abgebrochen und erst in dem genannten Jahre<lb/>
vollendete Pompejus das erste für die Dauer'bestimmte Theater. Wegen die¬<lb/>
ser Neuerung erfuhr er von den Anhängern der &#x201E;guten alten Zeit" Tadel,<lb/>
da nun dem Volke eine neue Verführung geboten sei, ganze Tage in müßigem<lb/>
Gassen zu verbringen; angeblich wäre er hierdurch veranlaßt worden, seinen<lb/>
Bau mit einem Venustempel zu krönen, zu dem die Sitzreihen des Gebäudes<lb/>
nun gleich Stufen hinauszuführen schienen. Später hat Rom im Jahre<lb/>
l3 vor Chr. noch zwei steinerne Theater erhalten, das eine von Cornelius<lb/>
Valbus. das andere von August erbaut, welcher es dem Andenken seines früh<lb/>
verstorbenen Schwestersohns Marcellus weihte. Die beiden ersten sind bis<lb/>
auf die letzte Spur verschwunden, von dem Marcellustheater steht bekanntlich<lb/>
noch eine bedeutende Ruine des halbkreisförmigen Zuschauerraums, die in den<lb/>
Palazzo Orsini hineingebaut ist und deren untre Gewölbe zu Schlosser- und<lb/>
andern Werkstätten "dienen. Außer diesen dreien hat Rom, so viel wir wissen,<lb/>
kein steinernes Theater besessen; erforderten die Feste der Kaiserzeit mehr oder<lb/>
andere Gebäude für Schauspiele, so wurden auch diese nur nach dem jedes¬<lb/>
maligen Bedürfniß errichtet, um alsbald abgebrochen zu werden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_803" next="#ID_804"> Die antiken Theater waren (mit Ausnahme der ausschließlich für musi-</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Grenzbotm III. 1853. 36</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0289] Aus der römischen Kaiserzeit. Das Theater. Bis zum Jahre 55 vor Christus hatte Rom noch kein steinernes Theater besessen, zu jedem Feste, das mit Bühnenspielen gefeiert wurde, schlug man für die Dauer dieser wenigen Tage ein hölzernes aus. Diese temporären Theater waren zum Theil höchst prächtig, in der letzten Zeit der Republik wurde die Bühne mit Elfenbein, mit Gold und Silber ausgelegt, das be¬ rühmte Theater des Scaurus hatte 360 Säulen, 3,000 Bronzestatuen, einen Ueberfluß an Gemälden und prachtvollen Teppichen und soll 80,000 Zuschauer gefaßt haben; die beiden Theater Curios konnten mit der ganzen Zuschauer¬ masse in ihren Angeln gedreht und so zu einem Amphitheater zusammen¬ geschoben werden. Aber alle diese kolossalen Bauten wurden, nachdem sie ihren Zweck erfüllt, wieder abgebrochen und erst in dem genannten Jahre vollendete Pompejus das erste für die Dauer'bestimmte Theater. Wegen die¬ ser Neuerung erfuhr er von den Anhängern der „guten alten Zeit" Tadel, da nun dem Volke eine neue Verführung geboten sei, ganze Tage in müßigem Gassen zu verbringen; angeblich wäre er hierdurch veranlaßt worden, seinen Bau mit einem Venustempel zu krönen, zu dem die Sitzreihen des Gebäudes nun gleich Stufen hinauszuführen schienen. Später hat Rom im Jahre l3 vor Chr. noch zwei steinerne Theater erhalten, das eine von Cornelius Valbus. das andere von August erbaut, welcher es dem Andenken seines früh verstorbenen Schwestersohns Marcellus weihte. Die beiden ersten sind bis auf die letzte Spur verschwunden, von dem Marcellustheater steht bekanntlich noch eine bedeutende Ruine des halbkreisförmigen Zuschauerraums, die in den Palazzo Orsini hineingebaut ist und deren untre Gewölbe zu Schlosser- und andern Werkstätten "dienen. Außer diesen dreien hat Rom, so viel wir wissen, kein steinernes Theater besessen; erforderten die Feste der Kaiserzeit mehr oder andere Gebäude für Schauspiele, so wurden auch diese nur nach dem jedes¬ maligen Bedürfniß errichtet, um alsbald abgebrochen zu werden. Die antiken Theater waren (mit Ausnahme der ausschließlich für musi- Grenzbotm III. 1853. 36

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/289
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/289>, abgerufen am 06.05.2024.