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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band.

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fernung von wenigen Schritten zu genießen. Nur die Hitze war ein wenig lästig,
um so mehr da auf der Höhe ein ziemlich kühler Nachtwind geherrscht hatte und
dies den Unterschied der Temperatur desto fühlbarer machte. Dennoch konnte ich
mich lange nicht von dem einzigen Schauspiel trennen und erst gegen Morgen mußte
ich mich entschließen den letzten Blick auf dasselbe zu werfen, um etwas nach Tages¬
anbruch in Castellamare wieder anzugelangcn und mir einige Stunden Ruhe zu
gönnen.

Dieser Tag war der heftigste, den wir bisher gesehen haben, und wenn auch seit¬
dem die Lava die große Landstraße zwischen Resina und dem Observatorium überschrit¬
ten und sich jenem Orte bedeutend genähert hat, so schreitet sie doch setzt langsamer
vorwärts und die Einwohner der bedrohten Stadt werden, wenn die Gefahr wirklich
herankommt, wenigstens sich und das Ihrige retten können und nur ihre Wohnungen
dem feindlichen Nachbar überlassen müssen, -- An demselben Sonntag hatte auch
auf der südlichen Seite des Berges die Lava das Atrio ti Cavallo verlassen und un
Verlauf weniger Stunden sich beinahe bis Bosco tre Cafe herab ergossen. Doch hat
sie bisher keinen Schaden angerichtet und scheint auch keine neuen Zuflüsse zu er¬
halten, da nur noch ein schwacher Rauchstreifen ihren Weg bezeichnet. Dennoch
kann man für das Ende noch nicht einstehen, da wenigstens die mit dem Berge
vertrauten Führer alles Bisherige nur für das Vorspiel einer großen Eruption zu
halten geneigt sind. Ob dieselbe aber bald folgen wird, oder ob Wochen, ob Monate
bis dahin vergehen, das läßt sich natürlich nicht bestimmen.




Eine Judenhochzeit in Jerusalem.
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Ich war zu einer Hochzeitfcier geladen") und begab mich in die Zionssynagoge,
wo der Ehachnm Baschi (Obcrrabbiner) und sein Bestim (Collegium) und der Bräu¬
tigam von seinen männlichen Verwandten umgeben, sich zum Gebete versammelten,
um dann in scierlichnn Zuge sich in die Wohnung der Braut zu begeben. Der
Chncham Baschi war mit einem weißen Gewände angethan und sein Haupt schmückte
ein weißer Turban, während die übrigen Chachamim bunt und mit blaugrauer Kopf¬
bedeckung erschienen waren.

Wir begegneten ans dem Wege zum bräutlichen Hause einer Schar weiß ge¬
kleideter Frauen mit langen weißen Kopsschleicrn, Den Zug beschloß ein ebenso
gekleidetes Mädchen, ein, Kind, das geschlossenen Anges von zwei Frauen geführt
wurde. Pauke und Pfeife mit dumpfen und grellen Tönen erschollen. Das Kind
war eine Braut und wurde feierlich zum Bade geleitet, um dann dem Gatten zu¬
geführtzu werde".



Aus L, A, Frankls "Nach Jenisainn", das soeben in Leipzig bei Baumgäriner er-
Menen ist ""h worüber wir demnächst ausführlicher berichten,

fernung von wenigen Schritten zu genießen. Nur die Hitze war ein wenig lästig,
um so mehr da auf der Höhe ein ziemlich kühler Nachtwind geherrscht hatte und
dies den Unterschied der Temperatur desto fühlbarer machte. Dennoch konnte ich
mich lange nicht von dem einzigen Schauspiel trennen und erst gegen Morgen mußte
ich mich entschließen den letzten Blick auf dasselbe zu werfen, um etwas nach Tages¬
anbruch in Castellamare wieder anzugelangcn und mir einige Stunden Ruhe zu
gönnen.

Dieser Tag war der heftigste, den wir bisher gesehen haben, und wenn auch seit¬
dem die Lava die große Landstraße zwischen Resina und dem Observatorium überschrit¬
ten und sich jenem Orte bedeutend genähert hat, so schreitet sie doch setzt langsamer
vorwärts und die Einwohner der bedrohten Stadt werden, wenn die Gefahr wirklich
herankommt, wenigstens sich und das Ihrige retten können und nur ihre Wohnungen
dem feindlichen Nachbar überlassen müssen, — An demselben Sonntag hatte auch
auf der südlichen Seite des Berges die Lava das Atrio ti Cavallo verlassen und un
Verlauf weniger Stunden sich beinahe bis Bosco tre Cafe herab ergossen. Doch hat
sie bisher keinen Schaden angerichtet und scheint auch keine neuen Zuflüsse zu er¬
halten, da nur noch ein schwacher Rauchstreifen ihren Weg bezeichnet. Dennoch
kann man für das Ende noch nicht einstehen, da wenigstens die mit dem Berge
vertrauten Führer alles Bisherige nur für das Vorspiel einer großen Eruption zu
halten geneigt sind. Ob dieselbe aber bald folgen wird, oder ob Wochen, ob Monate
bis dahin vergehen, das läßt sich natürlich nicht bestimmen.




Eine Judenhochzeit in Jerusalem.
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Ich war zu einer Hochzeitfcier geladen") und begab mich in die Zionssynagoge,
wo der Ehachnm Baschi (Obcrrabbiner) und sein Bestim (Collegium) und der Bräu¬
tigam von seinen männlichen Verwandten umgeben, sich zum Gebete versammelten,
um dann in scierlichnn Zuge sich in die Wohnung der Braut zu begeben. Der
Chncham Baschi war mit einem weißen Gewände angethan und sein Haupt schmückte
ein weißer Turban, während die übrigen Chachamim bunt und mit blaugrauer Kopf¬
bedeckung erschienen waren.

Wir begegneten ans dem Wege zum bräutlichen Hause einer Schar weiß ge¬
kleideter Frauen mit langen weißen Kopsschleicrn, Den Zug beschloß ein ebenso
gekleidetes Mädchen, ein, Kind, das geschlossenen Anges von zwei Frauen geführt
wurde. Pauke und Pfeife mit dumpfen und grellen Tönen erschollen. Das Kind
war eine Braut und wurde feierlich zum Bade geleitet, um dann dem Gatten zu¬
geführtzu werde».



Aus L, A, Frankls „Nach Jenisainn", das soeben in Leipzig bei Baumgäriner er-
Menen ist «„h worüber wir demnächst ausführlicher berichten,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_105810/47>, abgerufen am 06.05.2024.