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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band.

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Die Goldsrage.
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Der bekannte französische Nationalökonom Herr Michel Chevalier hat
kürzlich eine Schrift erscheinen lassen unter dem Titel "Ueber die wahrschein¬
liche Werthverringerung des Goldes, die commerciellen und socialen Folgen,
die daraus hervorgehen können, und die dadurch hervorgerufenen Maßregeln."
Herr Chevalier hat sich bereits früher mit volkswirthschaftlichen Untersuchungen
über die Edelmetalle mehrfach beschäftigt, und zwar schon zu einer Zeit, als
von den neuen großen Goldzuflüssen aus Kalifornien und Australien uoch gar
nicht die Rede war. Er hat namentlich im Jahre 1847 die älteren statistischen
Ermittlungen Alexander von Humboldts über die Productionsverhältnisse der
Edelmetalle wieder aufgenommen und zu vervollständigen versucht. Den da¬
mals von ihm aufgestellten Schätzungen zufolge betrug die gescnnmte Pro-
duction seit Entdeckung Amerikas bis zum Jahr 1847 (mit Einschluß des
aus dem Mittelalter überkommenen prüsumtiven Vorraths von circa 80 Mill.
Thlr. an Gold und circa 200 Mill. an Silber):

an Gold: 3,900 Mill. Thlr.; davon aus Amerika 2,700 Mill. Thlr.
an Silber: 8.125 " " ; " " " 8.125
zusammen 12,025 Mill. Thlr.; davon aus Amerika l0,82^Mill. Thlr.

Es sind jetzt seit der Auffindung des Goldreichthums Kaliforniens etwa
elf Jahre und seit dem Beginn der ebenso großartigen Goldausbeutung in
Australien etwa sieben Jahre verflossen. Die Vermehrung des in den Verkehr
gekommenen Goldquantums allein aus diesen beiden Productionsländern be¬
läuft sich bis Ende des vorigen Jahres (1858) nach einer eher zu niedrigen
als zu hohen Veranschlagung auf die enorme Summe von über,1.480 Mill.
Thlr. Daß diese Goldgewinnung bald wieder aufhören, oder auch nur auf
ein bedeutend geringeres Maß zurückgehen werde, darüber scheinen zuverläs¬
sige Anzeichen noch keineswegs vorzuliegen und man muß mithin darauf ge¬
faßt sein, daß im Verlauf der nächsten Jahre der Goldvorrath durch fort-


Grcnzboten II. 18L9. 21
Die Goldsrage.
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Der bekannte französische Nationalökonom Herr Michel Chevalier hat
kürzlich eine Schrift erscheinen lassen unter dem Titel „Ueber die wahrschein¬
liche Werthverringerung des Goldes, die commerciellen und socialen Folgen,
die daraus hervorgehen können, und die dadurch hervorgerufenen Maßregeln."
Herr Chevalier hat sich bereits früher mit volkswirthschaftlichen Untersuchungen
über die Edelmetalle mehrfach beschäftigt, und zwar schon zu einer Zeit, als
von den neuen großen Goldzuflüssen aus Kalifornien und Australien uoch gar
nicht die Rede war. Er hat namentlich im Jahre 1847 die älteren statistischen
Ermittlungen Alexander von Humboldts über die Productionsverhältnisse der
Edelmetalle wieder aufgenommen und zu vervollständigen versucht. Den da¬
mals von ihm aufgestellten Schätzungen zufolge betrug die gescnnmte Pro-
duction seit Entdeckung Amerikas bis zum Jahr 1847 (mit Einschluß des
aus dem Mittelalter überkommenen prüsumtiven Vorraths von circa 80 Mill.
Thlr. an Gold und circa 200 Mill. an Silber):

an Gold: 3,900 Mill. Thlr.; davon aus Amerika 2,700 Mill. Thlr.
an Silber: 8.125 „ „ ; „ „ „ 8.125
zusammen 12,025 Mill. Thlr.; davon aus Amerika l0,82^Mill. Thlr.

Es sind jetzt seit der Auffindung des Goldreichthums Kaliforniens etwa
elf Jahre und seit dem Beginn der ebenso großartigen Goldausbeutung in
Australien etwa sieben Jahre verflossen. Die Vermehrung des in den Verkehr
gekommenen Goldquantums allein aus diesen beiden Productionsländern be¬
läuft sich bis Ende des vorigen Jahres (1858) nach einer eher zu niedrigen
als zu hohen Veranschlagung auf die enorme Summe von über,1.480 Mill.
Thlr. Daß diese Goldgewinnung bald wieder aufhören, oder auch nur auf
ein bedeutend geringeres Maß zurückgehen werde, darüber scheinen zuverläs¬
sige Anzeichen noch keineswegs vorzuliegen und man muß mithin darauf ge¬
faßt sein, daß im Verlauf der nächsten Jahre der Goldvorrath durch fort-


Grcnzboten II. 18L9. 21
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[0171] Die Goldsrage. ' ' Der bekannte französische Nationalökonom Herr Michel Chevalier hat kürzlich eine Schrift erscheinen lassen unter dem Titel „Ueber die wahrschein¬ liche Werthverringerung des Goldes, die commerciellen und socialen Folgen, die daraus hervorgehen können, und die dadurch hervorgerufenen Maßregeln." Herr Chevalier hat sich bereits früher mit volkswirthschaftlichen Untersuchungen über die Edelmetalle mehrfach beschäftigt, und zwar schon zu einer Zeit, als von den neuen großen Goldzuflüssen aus Kalifornien und Australien uoch gar nicht die Rede war. Er hat namentlich im Jahre 1847 die älteren statistischen Ermittlungen Alexander von Humboldts über die Productionsverhältnisse der Edelmetalle wieder aufgenommen und zu vervollständigen versucht. Den da¬ mals von ihm aufgestellten Schätzungen zufolge betrug die gescnnmte Pro- duction seit Entdeckung Amerikas bis zum Jahr 1847 (mit Einschluß des aus dem Mittelalter überkommenen prüsumtiven Vorraths von circa 80 Mill. Thlr. an Gold und circa 200 Mill. an Silber): an Gold: 3,900 Mill. Thlr.; davon aus Amerika 2,700 Mill. Thlr. an Silber: 8.125 „ „ ; „ „ „ 8.125 zusammen 12,025 Mill. Thlr.; davon aus Amerika l0,82^Mill. Thlr. Es sind jetzt seit der Auffindung des Goldreichthums Kaliforniens etwa elf Jahre und seit dem Beginn der ebenso großartigen Goldausbeutung in Australien etwa sieben Jahre verflossen. Die Vermehrung des in den Verkehr gekommenen Goldquantums allein aus diesen beiden Productionsländern be¬ läuft sich bis Ende des vorigen Jahres (1858) nach einer eher zu niedrigen als zu hohen Veranschlagung auf die enorme Summe von über,1.480 Mill. Thlr. Daß diese Goldgewinnung bald wieder aufhören, oder auch nur auf ein bedeutend geringeres Maß zurückgehen werde, darüber scheinen zuverläs¬ sige Anzeichen noch keineswegs vorzuliegen und man muß mithin darauf ge¬ faßt sein, daß im Verlauf der nächsten Jahre der Goldvorrath durch fort- Grcnzboten II. 18L9. 21

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107046/171>, abgerufen am 03.05.2024.