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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Oestreichs die Hände zu reichen. Bei den Verhandlungen des wiener Con-
gresses befürworteten besonders Talleyrand und Castlereagh die Restitution
des Veltlin an Graubündten; aber in Uebereinstimmung mit den Wünschen
der Bewohner setzte Metternich seine Bereinigung mit der Lombardei durch
und realisirte hierdurch einen langgehegten Plan des Hauses Oestreich, wenn¬
gleich jetzt seit der Acquisition des venetianischen Territoriums das Thal und
seine Pässe nicht mehr ganz die militärische Wichtigkeit besaßen, wie früher.
Als iutegrirender Theil in den Complex der östreichischen Monarchie auf¬
genommen, geht die weitere Geschichte des Veltlin in die des gesammten
lombardisch-venetianischen Königreichs auf; und es mag aus dieser, was hier
nicht unsres Amtes, zu erklären sein, daß bei der Erhebung des Jahres 1848.
wie bei der jetzigen die Veltliner unter den ersten waren, welche die Waffen
gegen den Herrscher erhoben, den sie einige Jahrzehnte früher selbst gewählt.
Wiederum in unsern Tagen sollen die Loose des Krieges das Schicksal Ita¬
liens entscheiden, und wenn sich in die Erzählung der verschuldeten und un¬
verschuldeten Leiden eines kleinsten Theils das der historischen Betrachtung
doch nicht unwürdige Gefühl des Mitleids eindrängen darf, so wird um so
Wehr die Hoffnung, mehr noch der Wunsch sein Recht haben, daß aus der
gegenwärtigen Krise, wenn auch vielleicht durch manche trauervolle Uebergänge
hindurch, ein gedeihliches und erfreuliches Resultat für das ganze Land her¬
vorgehen möge, auf welchem die drei letzten Jahrhunderte seiner Geschichte
als drückender Alp gelastet haben und lasten.




Die Erzgebirgen
i.
Lebensweise und Charakter.

Wenn das Erzgebirge zu den am wenigsten besuchten Berglandschaften
torddeuischlands gehört, wenn es vom Strom der Lustreisenden bisher fast
^nz unberührt geblieben ist. so erklärt sich dies zunächst aus seiner Natur,
er großen Mehrzahl der Sommervögel, welche alljährlich die neuergrünte
^ete die Flügel regen läßt, ist es bei ihren Ausflügen mehr um schöne oder
^"Märkische" Naturbilder, weniger oder gar nicht um das eigenthümliche
^en zu thun, welches die oder jene Gegend in ihren Bewohnern repräsen-
Schöne oder romantische Landschaften aber besitzt das Erzgebirge nur
'u Mäßiger Anzahl. Es ist für den. welcher sich nur durch starke Eindrücke
Fetisch angeregt findet, im Allgemeinen ein ziemlich prosaisches Stück Welt.


^"nzl'oder III. 1359, iz

Oestreichs die Hände zu reichen. Bei den Verhandlungen des wiener Con-
gresses befürworteten besonders Talleyrand und Castlereagh die Restitution
des Veltlin an Graubündten; aber in Uebereinstimmung mit den Wünschen
der Bewohner setzte Metternich seine Bereinigung mit der Lombardei durch
und realisirte hierdurch einen langgehegten Plan des Hauses Oestreich, wenn¬
gleich jetzt seit der Acquisition des venetianischen Territoriums das Thal und
seine Pässe nicht mehr ganz die militärische Wichtigkeit besaßen, wie früher.
Als iutegrirender Theil in den Complex der östreichischen Monarchie auf¬
genommen, geht die weitere Geschichte des Veltlin in die des gesammten
lombardisch-venetianischen Königreichs auf; und es mag aus dieser, was hier
nicht unsres Amtes, zu erklären sein, daß bei der Erhebung des Jahres 1848.
wie bei der jetzigen die Veltliner unter den ersten waren, welche die Waffen
gegen den Herrscher erhoben, den sie einige Jahrzehnte früher selbst gewählt.
Wiederum in unsern Tagen sollen die Loose des Krieges das Schicksal Ita¬
liens entscheiden, und wenn sich in die Erzählung der verschuldeten und un¬
verschuldeten Leiden eines kleinsten Theils das der historischen Betrachtung
doch nicht unwürdige Gefühl des Mitleids eindrängen darf, so wird um so
Wehr die Hoffnung, mehr noch der Wunsch sein Recht haben, daß aus der
gegenwärtigen Krise, wenn auch vielleicht durch manche trauervolle Uebergänge
hindurch, ein gedeihliches und erfreuliches Resultat für das ganze Land her¬
vorgehen möge, auf welchem die drei letzten Jahrhunderte seiner Geschichte
als drückender Alp gelastet haben und lasten.




Die Erzgebirgen
i.
Lebensweise und Charakter.

Wenn das Erzgebirge zu den am wenigsten besuchten Berglandschaften
torddeuischlands gehört, wenn es vom Strom der Lustreisenden bisher fast
^nz unberührt geblieben ist. so erklärt sich dies zunächst aus seiner Natur,
er großen Mehrzahl der Sommervögel, welche alljährlich die neuergrünte
^ete die Flügel regen läßt, ist es bei ihren Ausflügen mehr um schöne oder
^"Märkische" Naturbilder, weniger oder gar nicht um das eigenthümliche
^en zu thun, welches die oder jene Gegend in ihren Bewohnern repräsen-
Schöne oder romantische Landschaften aber besitzt das Erzgebirge nur
'u Mäßiger Anzahl. Es ist für den. welcher sich nur durch starke Eindrücke
Fetisch angeregt findet, im Allgemeinen ein ziemlich prosaisches Stück Welt.


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[0111] Oestreichs die Hände zu reichen. Bei den Verhandlungen des wiener Con- gresses befürworteten besonders Talleyrand und Castlereagh die Restitution des Veltlin an Graubündten; aber in Uebereinstimmung mit den Wünschen der Bewohner setzte Metternich seine Bereinigung mit der Lombardei durch und realisirte hierdurch einen langgehegten Plan des Hauses Oestreich, wenn¬ gleich jetzt seit der Acquisition des venetianischen Territoriums das Thal und seine Pässe nicht mehr ganz die militärische Wichtigkeit besaßen, wie früher. Als iutegrirender Theil in den Complex der östreichischen Monarchie auf¬ genommen, geht die weitere Geschichte des Veltlin in die des gesammten lombardisch-venetianischen Königreichs auf; und es mag aus dieser, was hier nicht unsres Amtes, zu erklären sein, daß bei der Erhebung des Jahres 1848. wie bei der jetzigen die Veltliner unter den ersten waren, welche die Waffen gegen den Herrscher erhoben, den sie einige Jahrzehnte früher selbst gewählt. Wiederum in unsern Tagen sollen die Loose des Krieges das Schicksal Ita¬ liens entscheiden, und wenn sich in die Erzählung der verschuldeten und un¬ verschuldeten Leiden eines kleinsten Theils das der historischen Betrachtung doch nicht unwürdige Gefühl des Mitleids eindrängen darf, so wird um so Wehr die Hoffnung, mehr noch der Wunsch sein Recht haben, daß aus der gegenwärtigen Krise, wenn auch vielleicht durch manche trauervolle Uebergänge hindurch, ein gedeihliches und erfreuliches Resultat für das ganze Land her¬ vorgehen möge, auf welchem die drei letzten Jahrhunderte seiner Geschichte als drückender Alp gelastet haben und lasten. Die Erzgebirgen i. Lebensweise und Charakter. Wenn das Erzgebirge zu den am wenigsten besuchten Berglandschaften torddeuischlands gehört, wenn es vom Strom der Lustreisenden bisher fast ^nz unberührt geblieben ist. so erklärt sich dies zunächst aus seiner Natur, er großen Mehrzahl der Sommervögel, welche alljährlich die neuergrünte ^ete die Flügel regen läßt, ist es bei ihren Ausflügen mehr um schöne oder ^"Märkische" Naturbilder, weniger oder gar nicht um das eigenthümliche ^en zu thun, welches die oder jene Gegend in ihren Bewohnern repräsen- Schöne oder romantische Landschaften aber besitzt das Erzgebirge nur 'u Mäßiger Anzahl. Es ist für den. welcher sich nur durch starke Eindrücke Fetisch angeregt findet, im Allgemeinen ein ziemlich prosaisches Stück Welt. ^"nzl'oder III. 1359, iz

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/111>, abgerufen am 27.04.2024.