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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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vierten Fcldbataillone seiner Jnfanterieregimenter ins Feld führen zu können,
braucht Napoleon noch vier bis sechs Wochen. Eine andere Rücksicht ist aber
"Uf das äußerst langsame Rußland, welches nothwendig in den Krieg ein¬
treten müßte, falls Deutschland eintritt, und welches kaum in sechs Wochen
^rdig mit seinen Rüstungen ist, höchstens, versprochen hat, daß es bis dahin
fertig sein wolle. Die kleineren Verhältnisse, welche Napoleon Zeitgewinn
Nothwendig oder wünschenswert!) machen, wie z. B. die militärische Organi¬
sation der bisher befreiten italienischen Staaten, das Heranziehen von Bela¬
gerungsgeschütz wollen wir neben den großen und entscheidenden Verhältnissen
Lar nicht einmal in Anschlag bringen. Auch dieses nicht, daß die jetzige
drückende Hitze Vieh und Menschen im Helde auf eine unnennbare Weise be¬
lästigt.

Unser Wort an Deutschland in diesen Tagen ist: Lasset euch vor allen
tilgen nicht von Napoleons Mäßigung blenden. Und, freilich, thut ihr das
"'ehe, so ist der allgemeine Krieg ziemlich gewiß. Für diesen Fall hüte
euch vor allen Dingen vor dem Giulaythum in eueren Heeren. Ich fürchte,
°s spukt nur allzusehr darin.

Ein letzter Fall wäre der. daß Oestreich sich absolut nachgiebig bewiese
^ud. mit Entschädigungen in Deutschland vertröstet. Frieden mit Napoleon
schlösse. Abtretungen in Italien machte, und mindestens zusahe, wie Na¬
poleon den Krieg am Rhein führt. Wir wollen gern glauben, daß dieser
^all unmöglich sei; indessen man darf absolut nichts für ganz unmöglich
halten.




Von der preußischen Grenze.")

Was der Waffenstillstand zu bedeuten hat, weiß zu dieser Stunde wol nur
^'ner; doch läßt sich wenigstens einiges vermuthen. -- Als Napoleon in Genua
Endete, verhieß er Vertreibung der Oestreichs aus Italien. Seitdem hat er zwei
^ge erfochten, und es ist weiter nichts erfolgt, was ihn in der Erreichung jenes
^>es aufhalten könnte, als die preußische Mobilisirung. -- Wenn also dieser Waffcn-
uKstand, was uns aus verschiedenen Gründen wahrscheinlich ist, im Ernst zu Frie-
^nszwcckcn geschlossen; wenn es unmöglich ist, daß die Oestreicher freiwillig aus
^tcUi<in gehn; -- so ist der Schluß wol nicht zu gewagt, daß der Kaiser Napoleon
^res die preußische Mobilisirung bewogen ist, von dem Inhalt seiner Proclamation
.^iustchn. Daß Gras Walcwski sich vor einigen Wochen ziemlich gleichgiltig über
teres Factum aussprach, will nichts sagen.

Die Gründe sind nicht schwer aufzufinden.

^^Es ist von Seiten Preußens mit einem gewissen Geräusch die Absicht einer



Anm. der Red.
^ *)-- Durch die mittlerweile erfolgte Nachricht vom Friedensschluß --
. ? Papst Chef der italienischen Conföderation!., sind die obigen Bemerkungen zum Theil
"v>ge.

vierten Fcldbataillone seiner Jnfanterieregimenter ins Feld führen zu können,
braucht Napoleon noch vier bis sechs Wochen. Eine andere Rücksicht ist aber
"Uf das äußerst langsame Rußland, welches nothwendig in den Krieg ein¬
treten müßte, falls Deutschland eintritt, und welches kaum in sechs Wochen
^rdig mit seinen Rüstungen ist, höchstens, versprochen hat, daß es bis dahin
fertig sein wolle. Die kleineren Verhältnisse, welche Napoleon Zeitgewinn
Nothwendig oder wünschenswert!) machen, wie z. B. die militärische Organi¬
sation der bisher befreiten italienischen Staaten, das Heranziehen von Bela¬
gerungsgeschütz wollen wir neben den großen und entscheidenden Verhältnissen
Lar nicht einmal in Anschlag bringen. Auch dieses nicht, daß die jetzige
drückende Hitze Vieh und Menschen im Helde auf eine unnennbare Weise be¬
lästigt.

Unser Wort an Deutschland in diesen Tagen ist: Lasset euch vor allen
tilgen nicht von Napoleons Mäßigung blenden. Und, freilich, thut ihr das
"'ehe, so ist der allgemeine Krieg ziemlich gewiß. Für diesen Fall hüte
euch vor allen Dingen vor dem Giulaythum in eueren Heeren. Ich fürchte,
°s spukt nur allzusehr darin.

Ein letzter Fall wäre der. daß Oestreich sich absolut nachgiebig bewiese
^ud. mit Entschädigungen in Deutschland vertröstet. Frieden mit Napoleon
schlösse. Abtretungen in Italien machte, und mindestens zusahe, wie Na¬
poleon den Krieg am Rhein führt. Wir wollen gern glauben, daß dieser
^all unmöglich sei; indessen man darf absolut nichts für ganz unmöglich
halten.




Von der preußischen Grenze.")

Was der Waffenstillstand zu bedeuten hat, weiß zu dieser Stunde wol nur
^'ner; doch läßt sich wenigstens einiges vermuthen. — Als Napoleon in Genua
Endete, verhieß er Vertreibung der Oestreichs aus Italien. Seitdem hat er zwei
^ge erfochten, und es ist weiter nichts erfolgt, was ihn in der Erreichung jenes
^>es aufhalten könnte, als die preußische Mobilisirung. — Wenn also dieser Waffcn-
uKstand, was uns aus verschiedenen Gründen wahrscheinlich ist, im Ernst zu Frie-
^nszwcckcn geschlossen; wenn es unmöglich ist, daß die Oestreicher freiwillig aus
^tcUi<in gehn; — so ist der Schluß wol nicht zu gewagt, daß der Kaiser Napoleon
^res die preußische Mobilisirung bewogen ist, von dem Inhalt seiner Proclamation
.^iustchn. Daß Gras Walcwski sich vor einigen Wochen ziemlich gleichgiltig über
teres Factum aussprach, will nichts sagen.

Die Gründe sind nicht schwer aufzufinden.

^^Es ist von Seiten Preußens mit einem gewissen Geräusch die Absicht einer



Anm. der Red.
^ *)— Durch die mittlerweile erfolgte Nachricht vom Friedensschluß —
. ? Papst Chef der italienischen Conföderation!., sind die obigen Bemerkungen zum Theil
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[0133] vierten Fcldbataillone seiner Jnfanterieregimenter ins Feld führen zu können, braucht Napoleon noch vier bis sechs Wochen. Eine andere Rücksicht ist aber "Uf das äußerst langsame Rußland, welches nothwendig in den Krieg ein¬ treten müßte, falls Deutschland eintritt, und welches kaum in sechs Wochen ^rdig mit seinen Rüstungen ist, höchstens, versprochen hat, daß es bis dahin fertig sein wolle. Die kleineren Verhältnisse, welche Napoleon Zeitgewinn Nothwendig oder wünschenswert!) machen, wie z. B. die militärische Organi¬ sation der bisher befreiten italienischen Staaten, das Heranziehen von Bela¬ gerungsgeschütz wollen wir neben den großen und entscheidenden Verhältnissen Lar nicht einmal in Anschlag bringen. Auch dieses nicht, daß die jetzige drückende Hitze Vieh und Menschen im Helde auf eine unnennbare Weise be¬ lästigt. Unser Wort an Deutschland in diesen Tagen ist: Lasset euch vor allen tilgen nicht von Napoleons Mäßigung blenden. Und, freilich, thut ihr das "'ehe, so ist der allgemeine Krieg ziemlich gewiß. Für diesen Fall hüte euch vor allen Dingen vor dem Giulaythum in eueren Heeren. Ich fürchte, °s spukt nur allzusehr darin. Ein letzter Fall wäre der. daß Oestreich sich absolut nachgiebig bewiese ^ud. mit Entschädigungen in Deutschland vertröstet. Frieden mit Napoleon schlösse. Abtretungen in Italien machte, und mindestens zusahe, wie Na¬ poleon den Krieg am Rhein führt. Wir wollen gern glauben, daß dieser ^all unmöglich sei; indessen man darf absolut nichts für ganz unmöglich halten. Von der preußischen Grenze.") Was der Waffenstillstand zu bedeuten hat, weiß zu dieser Stunde wol nur ^'ner; doch läßt sich wenigstens einiges vermuthen. — Als Napoleon in Genua Endete, verhieß er Vertreibung der Oestreichs aus Italien. Seitdem hat er zwei ^ge erfochten, und es ist weiter nichts erfolgt, was ihn in der Erreichung jenes ^>es aufhalten könnte, als die preußische Mobilisirung. — Wenn also dieser Waffcn- uKstand, was uns aus verschiedenen Gründen wahrscheinlich ist, im Ernst zu Frie- ^nszwcckcn geschlossen; wenn es unmöglich ist, daß die Oestreicher freiwillig aus ^tcUi<in gehn; — so ist der Schluß wol nicht zu gewagt, daß der Kaiser Napoleon ^res die preußische Mobilisirung bewogen ist, von dem Inhalt seiner Proclamation .^iustchn. Daß Gras Walcwski sich vor einigen Wochen ziemlich gleichgiltig über teres Factum aussprach, will nichts sagen. Die Gründe sind nicht schwer aufzufinden. ^^Es ist von Seiten Preußens mit einem gewissen Geräusch die Absicht einer Anm. der Red. ^ *)— Durch die mittlerweile erfolgte Nachricht vom Friedensschluß — . ? Papst Chef der italienischen Conföderation!., sind die obigen Bemerkungen zum Theil "v>ge.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/133>, abgerufen am 27.04.2024.