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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Literatur.

Neue ethnographische Werke: Anthropologie der Naturvölker von
I)i>. Th. Waitz, Prof. in Marburg. Erster Theil. (Leipzig, Fr. Fleischer) und Grunv-
zügc der Ethnographicvon or. M. Perty, Prof. in Bern (Leipzig und Heidel¬
berg. C. F. Wintersche Verlagshandlung). -- Das erste dieser Werke behandelt d>e
Fragen über die Einheit des Menschengeschlechts und den Naturzustand des Men¬
schen, und kommt nach sehr gründlicher und vorsichtiger Prüfung des Für und
Wider zu folgenden Ergebnissen: Die uns bis jetzt bekannten Thatsachen erlauben
die Annahme der Arteinheit des Menschengeschlechts, ja diese Ansicht ist sogar w>t
geringeren Schwierigkeiten verbunden, als die entgegengesetzte der Artverschiedenheit,
weil jede Anzahl von Arten, die man aufstellen möchte, als gleich willkürlich er¬
scheint. Es gibt wahrscheinlich keine specifischen Verschiedenheiten innerhalb des
Menschengeschlechts in geistiger Rücksicht. Es ist nicht zu erweisen, daß ursprüng¬
liche Verschiedenheiten der geistigen Begabung bei der Entwicklung der Völker ""t-
wirken. Die Bedingungen, von denen die nationalen Eigenthümlichkeiten der Völker
abhängen, zu analisircn, ist unmöglich. Die Civilisation ist, trotzdem daß sie ^
Summe des Wohlseins der Menschen nicht steigert, das Entwicklungsziel der Mens^
seit. Diesem Ziel entspricht ebenso wenig ein friedliches Stillleben in sich abgeschl^
heuer kleiner Stämme, als eine alle Volker der Erde einförmig und gleichmüßig ^
fassende Civilisation, sondern nur eine Vertheilung der Aufgaben an die einzelnen
Völker nach Maßgabe der Naturumgebung und der geistigen Eigenthümlichkeiten der¬
selben. -- Das andere Werk bespricht zunächst ähnliche Fragen, wobei es zum The>
auf andere Resultate kommt, gibt dann eine Uebersicht über die Rassen, Sta"""e
und Völker der Erde, die es zu charakterisiren versucht und bringt in einem dritte"
Hauptstück die Ansichten des Verfassers über das Leben der Menschheit, die Bedingung"'
der Cultur, die Sprache, Schrift, Kunst und Wissenschaft, Sitte, Familie und Staat,
Krieg und Religion. Besonders interessant sind die angehängten statistischen Angabe"
über die Lebensdauer in den verschiedenen Ländern und Bcrufsnrtem, über das Zahle"'
Verhältniß der Geschlechter u. s. w. Das Ganze ist übrigens mehr eine populäre T>a^
Stellung, als das Resultat wissenschaftlicher Betrachtung. --e

Die Fälschung der g nec n S a es e- d urch die Augsburger Allgemein
Zeitung. Sendschreiben an Herrn Baron von Cotta (Frankfurt a. M. Verlag
von H. L. Brönner). -- Wer es noch nicht weiß, wie das genannte Blatt in de"
letzten Monaten sich abgemüht hat, das deutsche Interesse an der italienischen Fr^
zu verfälschen, Preußens Maßregeln zu verdächtigen und mit einer Ausdauer "n
Redefertigkeit, welche el.ner bessern Sache würdig wäre, das östreichische Scheindeutscl)'
thun und den östreichischen Scheinfortschritt mit lauter Stimme zu verherrliche"'
findet hier die actenmäßigcn Belege zusammengestellt. Die Sprache des Verfasst
ist gewandt, seine Beweisführung gegen Oestreich überzeugend.




Verantwortlicher Redacteur: v. Moritz Busch -- Verlag von F. L. Herbig
> in Leipzig.
Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
Literatur.

Neue ethnographische Werke: Anthropologie der Naturvölker von
I)i>. Th. Waitz, Prof. in Marburg. Erster Theil. (Leipzig, Fr. Fleischer) und Grunv-
zügc der Ethnographicvon or. M. Perty, Prof. in Bern (Leipzig und Heidel¬
berg. C. F. Wintersche Verlagshandlung). — Das erste dieser Werke behandelt d>e
Fragen über die Einheit des Menschengeschlechts und den Naturzustand des Men¬
schen, und kommt nach sehr gründlicher und vorsichtiger Prüfung des Für und
Wider zu folgenden Ergebnissen: Die uns bis jetzt bekannten Thatsachen erlauben
die Annahme der Arteinheit des Menschengeschlechts, ja diese Ansicht ist sogar w>t
geringeren Schwierigkeiten verbunden, als die entgegengesetzte der Artverschiedenheit,
weil jede Anzahl von Arten, die man aufstellen möchte, als gleich willkürlich er¬
scheint. Es gibt wahrscheinlich keine specifischen Verschiedenheiten innerhalb des
Menschengeschlechts in geistiger Rücksicht. Es ist nicht zu erweisen, daß ursprüng¬
liche Verschiedenheiten der geistigen Begabung bei der Entwicklung der Völker »»t-
wirken. Die Bedingungen, von denen die nationalen Eigenthümlichkeiten der Völker
abhängen, zu analisircn, ist unmöglich. Die Civilisation ist, trotzdem daß sie ^
Summe des Wohlseins der Menschen nicht steigert, das Entwicklungsziel der Mens^
seit. Diesem Ziel entspricht ebenso wenig ein friedliches Stillleben in sich abgeschl^
heuer kleiner Stämme, als eine alle Volker der Erde einförmig und gleichmüßig ^
fassende Civilisation, sondern nur eine Vertheilung der Aufgaben an die einzelnen
Völker nach Maßgabe der Naturumgebung und der geistigen Eigenthümlichkeiten der¬
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Stellung, als das Resultat wissenschaftlicher Betrachtung. —e

Die Fälschung der g nec n S a es e- d urch die Augsburger Allgemein
Zeitung. Sendschreiben an Herrn Baron von Cotta (Frankfurt a. M. Verlag
von H. L. Brönner). — Wer es noch nicht weiß, wie das genannte Blatt in de»
letzten Monaten sich abgemüht hat, das deutsche Interesse an der italienischen Fr^
zu verfälschen, Preußens Maßregeln zu verdächtigen und mit einer Ausdauer »n
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thun und den östreichischen Scheinfortschritt mit lauter Stimme zu verherrliche"'
findet hier die actenmäßigcn Belege zusammengestellt. Die Sprache des Verfasst
ist gewandt, seine Beweisführung gegen Oestreich überzeugend.




Verantwortlicher Redacteur: v. Moritz Busch — Verlag von F. L. Herbig
> in Leipzig.
Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
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[0294] Literatur. Neue ethnographische Werke: Anthropologie der Naturvölker von I)i>. Th. Waitz, Prof. in Marburg. Erster Theil. (Leipzig, Fr. Fleischer) und Grunv- zügc der Ethnographicvon or. M. Perty, Prof. in Bern (Leipzig und Heidel¬ berg. C. F. Wintersche Verlagshandlung). — Das erste dieser Werke behandelt d>e Fragen über die Einheit des Menschengeschlechts und den Naturzustand des Men¬ schen, und kommt nach sehr gründlicher und vorsichtiger Prüfung des Für und Wider zu folgenden Ergebnissen: Die uns bis jetzt bekannten Thatsachen erlauben die Annahme der Arteinheit des Menschengeschlechts, ja diese Ansicht ist sogar w>t geringeren Schwierigkeiten verbunden, als die entgegengesetzte der Artverschiedenheit, weil jede Anzahl von Arten, die man aufstellen möchte, als gleich willkürlich er¬ scheint. Es gibt wahrscheinlich keine specifischen Verschiedenheiten innerhalb des Menschengeschlechts in geistiger Rücksicht. Es ist nicht zu erweisen, daß ursprüng¬ liche Verschiedenheiten der geistigen Begabung bei der Entwicklung der Völker »»t- wirken. Die Bedingungen, von denen die nationalen Eigenthümlichkeiten der Völker abhängen, zu analisircn, ist unmöglich. Die Civilisation ist, trotzdem daß sie ^ Summe des Wohlseins der Menschen nicht steigert, das Entwicklungsziel der Mens^ seit. Diesem Ziel entspricht ebenso wenig ein friedliches Stillleben in sich abgeschl^ heuer kleiner Stämme, als eine alle Volker der Erde einförmig und gleichmüßig ^ fassende Civilisation, sondern nur eine Vertheilung der Aufgaben an die einzelnen Völker nach Maßgabe der Naturumgebung und der geistigen Eigenthümlichkeiten der¬ selben. — Das andere Werk bespricht zunächst ähnliche Fragen, wobei es zum The> auf andere Resultate kommt, gibt dann eine Uebersicht über die Rassen, Sta»»»e und Völker der Erde, die es zu charakterisiren versucht und bringt in einem dritte» Hauptstück die Ansichten des Verfassers über das Leben der Menschheit, die Bedingung"' der Cultur, die Sprache, Schrift, Kunst und Wissenschaft, Sitte, Familie und Staat, Krieg und Religion. Besonders interessant sind die angehängten statistischen Angabe" über die Lebensdauer in den verschiedenen Ländern und Bcrufsnrtem, über das Zahle»' Verhältniß der Geschlechter u. s. w. Das Ganze ist übrigens mehr eine populäre T>a^ Stellung, als das Resultat wissenschaftlicher Betrachtung. —e Die Fälschung der g nec n S a es e- d urch die Augsburger Allgemein Zeitung. Sendschreiben an Herrn Baron von Cotta (Frankfurt a. M. Verlag von H. L. Brönner). — Wer es noch nicht weiß, wie das genannte Blatt in de» letzten Monaten sich abgemüht hat, das deutsche Interesse an der italienischen Fr^ zu verfälschen, Preußens Maßregeln zu verdächtigen und mit einer Ausdauer »n Redefertigkeit, welche el.ner bessern Sache würdig wäre, das östreichische Scheindeutscl)' thun und den östreichischen Scheinfortschritt mit lauter Stimme zu verherrliche"' findet hier die actenmäßigcn Belege zusammengestellt. Die Sprache des Verfasst ist gewandt, seine Beweisführung gegen Oestreich überzeugend. Verantwortlicher Redacteur: v. Moritz Busch — Verlag von F. L. Herbig > in Leipzig. Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/294>, abgerufen am 27.04.2024.