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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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einer Fcldhcrrnnatur anvertraut ist. -- Napoleon ist ein Feldherr; der schwere Ernst
dieser nicht mehr abzuleugnenden Wahrheit will erwogen sein.

2) Im Rheinfeldzug, wenn er stattfindet, werden wir wahrscheinlich auf unsere
eignen Kräfte beschränkt sein; von den Oestreichern haben wir nicht sehr viel zu er¬
warten; eine französisch-italienische Armee von 250,000 Mann wird sie nach dem,,
s 5 was geschehn ist, völlig in Schach halten können.




Ungedruckte Briefe.
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Immermann an Fouquö.

Daß mich Ihr Brief im Innersten kränken und erschüttern würde, werden Sie
geahnt haben, als Sie denselben absandten, wenn Sie nicht mit dem bisherigen
Verhältniß, auch den Glauben an die Wahrheit meiner Aeußerungen gegen Sie ver¬
warfen. Daß ich, der Zurückgewiesene, nicht zudringlich sein werde, verbürgt Ihnen
mein Wort. Diese Zeilen sind aber nothwendig, weil ich aus Ihrem Schreiben nicht
klar entnehmen kann, weshalb Sie von mir scheiden, und mein Herz mich treibt,
bis zum letzten Augenblick ein Mißverständniß anzunehmen.

Es ist ein doppelter Fall möglich.

Entweder hat der Lieutenant Diese Ihnen von mir Handlungen aus der Ge¬
schichte der Studcntenstreitigkcit zu Halle hinterbracht, die nicht aus den nachher von
mir darzulegenden Ansichten rein entsprungen, sondern unzweifelhaft als gemein,
feige und schlecht zu betrachten sind. Ist dieß geschehen, so glaube ich, die Bitte
thun zu dürfen, daß Sie mir das Hinterbrachte mittheilen, damit ich im Stande
bin, mich in Ihrer Achtung herzustellen.

Dieser Fall ist jedoch der unwahrscheinlichere, weil Ihr Gefühl bereits das ge¬
than haben würde, was ich mir jetzt erbitte, und weil die Quelle Ihnen verdächtig
sein mußte, wenn anders Herr Diese der Wahrheit getreu blieb und sich als meinen
früheren Widersacher ankündigte.

Tritt der zweite Fall ein, wie ich leider nur zu sehr fürchte, daß Sie bloß
durch meine in 2 kleinen Schriften (doch erfahre ich nicht einmal, ob Sie meine
Schriften oder die Schrift der Gegner gelesen haben) ausgesprochenen Ansichten
und die daraus unmittelbar entsprungenen Handlungen beleidigt, mir jede fernere
Annäherung aufgekündigt haben, so gilt es hier ein Glaubensbekenntniß, um jede
mögliche Irrung abzuschneiden.

Ich habe bekannt und bin noch der Ueberzeugung:

1) daß es jedes Menschen Pflicht sei, zur Bestrafung von Verbrechen, welche
die Ruhe der Gesellschaft stören, zu wirken, und ihn kein Corporationsverband von
derselben abwendig machen dürfe;

2) daß geheime Studentenverbindungen höchst schädliche Uebel feien, und jeder
rechtliche akademische Bürger streben müsse, sie zu zerstören, wo sich ein von ihnen
gestifteter Schade zeigt; ^


einer Fcldhcrrnnatur anvertraut ist. — Napoleon ist ein Feldherr; der schwere Ernst
dieser nicht mehr abzuleugnenden Wahrheit will erwogen sein.

2) Im Rheinfeldzug, wenn er stattfindet, werden wir wahrscheinlich auf unsere
eignen Kräfte beschränkt sein; von den Oestreichern haben wir nicht sehr viel zu er¬
warten; eine französisch-italienische Armee von 250,000 Mann wird sie nach dem,,
s 5 was geschehn ist, völlig in Schach halten können.




Ungedruckte Briefe.
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Immermann an Fouquö.

Daß mich Ihr Brief im Innersten kränken und erschüttern würde, werden Sie
geahnt haben, als Sie denselben absandten, wenn Sie nicht mit dem bisherigen
Verhältniß, auch den Glauben an die Wahrheit meiner Aeußerungen gegen Sie ver¬
warfen. Daß ich, der Zurückgewiesene, nicht zudringlich sein werde, verbürgt Ihnen
mein Wort. Diese Zeilen sind aber nothwendig, weil ich aus Ihrem Schreiben nicht
klar entnehmen kann, weshalb Sie von mir scheiden, und mein Herz mich treibt,
bis zum letzten Augenblick ein Mißverständniß anzunehmen.

Es ist ein doppelter Fall möglich.

Entweder hat der Lieutenant Diese Ihnen von mir Handlungen aus der Ge¬
schichte der Studcntenstreitigkcit zu Halle hinterbracht, die nicht aus den nachher von
mir darzulegenden Ansichten rein entsprungen, sondern unzweifelhaft als gemein,
feige und schlecht zu betrachten sind. Ist dieß geschehen, so glaube ich, die Bitte
thun zu dürfen, daß Sie mir das Hinterbrachte mittheilen, damit ich im Stande
bin, mich in Ihrer Achtung herzustellen.

Dieser Fall ist jedoch der unwahrscheinlichere, weil Ihr Gefühl bereits das ge¬
than haben würde, was ich mir jetzt erbitte, und weil die Quelle Ihnen verdächtig
sein mußte, wenn anders Herr Diese der Wahrheit getreu blieb und sich als meinen
früheren Widersacher ankündigte.

Tritt der zweite Fall ein, wie ich leider nur zu sehr fürchte, daß Sie bloß
durch meine in 2 kleinen Schriften (doch erfahre ich nicht einmal, ob Sie meine
Schriften oder die Schrift der Gegner gelesen haben) ausgesprochenen Ansichten
und die daraus unmittelbar entsprungenen Handlungen beleidigt, mir jede fernere
Annäherung aufgekündigt haben, so gilt es hier ein Glaubensbekenntniß, um jede
mögliche Irrung abzuschneiden.

Ich habe bekannt und bin noch der Ueberzeugung:

1) daß es jedes Menschen Pflicht sei, zur Bestrafung von Verbrechen, welche
die Ruhe der Gesellschaft stören, zu wirken, und ihn kein Corporationsverband von
derselben abwendig machen dürfe;

2) daß geheime Studentenverbindungen höchst schädliche Uebel feien, und jeder
rechtliche akademische Bürger streben müsse, sie zu zerstören, wo sich ein von ihnen
gestifteter Schade zeigt; ^


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[0052] einer Fcldhcrrnnatur anvertraut ist. — Napoleon ist ein Feldherr; der schwere Ernst dieser nicht mehr abzuleugnenden Wahrheit will erwogen sein. 2) Im Rheinfeldzug, wenn er stattfindet, werden wir wahrscheinlich auf unsere eignen Kräfte beschränkt sein; von den Oestreichern haben wir nicht sehr viel zu er¬ warten; eine französisch-italienische Armee von 250,000 Mann wird sie nach dem,, s 5 was geschehn ist, völlig in Schach halten können. Ungedruckte Briefe. ,S,>U!«^. '^^in-/ k^not, ,?>>l Immermann an Fouquö. Daß mich Ihr Brief im Innersten kränken und erschüttern würde, werden Sie geahnt haben, als Sie denselben absandten, wenn Sie nicht mit dem bisherigen Verhältniß, auch den Glauben an die Wahrheit meiner Aeußerungen gegen Sie ver¬ warfen. Daß ich, der Zurückgewiesene, nicht zudringlich sein werde, verbürgt Ihnen mein Wort. Diese Zeilen sind aber nothwendig, weil ich aus Ihrem Schreiben nicht klar entnehmen kann, weshalb Sie von mir scheiden, und mein Herz mich treibt, bis zum letzten Augenblick ein Mißverständniß anzunehmen. Es ist ein doppelter Fall möglich. Entweder hat der Lieutenant Diese Ihnen von mir Handlungen aus der Ge¬ schichte der Studcntenstreitigkcit zu Halle hinterbracht, die nicht aus den nachher von mir darzulegenden Ansichten rein entsprungen, sondern unzweifelhaft als gemein, feige und schlecht zu betrachten sind. Ist dieß geschehen, so glaube ich, die Bitte thun zu dürfen, daß Sie mir das Hinterbrachte mittheilen, damit ich im Stande bin, mich in Ihrer Achtung herzustellen. Dieser Fall ist jedoch der unwahrscheinlichere, weil Ihr Gefühl bereits das ge¬ than haben würde, was ich mir jetzt erbitte, und weil die Quelle Ihnen verdächtig sein mußte, wenn anders Herr Diese der Wahrheit getreu blieb und sich als meinen früheren Widersacher ankündigte. Tritt der zweite Fall ein, wie ich leider nur zu sehr fürchte, daß Sie bloß durch meine in 2 kleinen Schriften (doch erfahre ich nicht einmal, ob Sie meine Schriften oder die Schrift der Gegner gelesen haben) ausgesprochenen Ansichten und die daraus unmittelbar entsprungenen Handlungen beleidigt, mir jede fernere Annäherung aufgekündigt haben, so gilt es hier ein Glaubensbekenntniß, um jede mögliche Irrung abzuschneiden. Ich habe bekannt und bin noch der Ueberzeugung: 1) daß es jedes Menschen Pflicht sei, zur Bestrafung von Verbrechen, welche die Ruhe der Gesellschaft stören, zu wirken, und ihn kein Corporationsverband von derselben abwendig machen dürfe; 2) daß geheime Studentenverbindungen höchst schädliche Uebel feien, und jeder rechtliche akademische Bürger streben müsse, sie zu zerstören, wo sich ein von ihnen gestifteter Schade zeigt; ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/52>, abgerufen am 28.04.2024.