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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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3) daß der Zweikampf sich mit Vernunft und Christenthum nicht verewigen
lasse und jeder, welcher diese Ueberzeugung habe, denselben ausschlagen müsse,
daß er aber ganz besonders auf der Akademie zu den verworrensten Meinungen über
Ehre und Schande führe.

,^^,.Diese Ansichten habe ich - empört über die schändliche Mißhandlung eines
Hülflosen - öffentlich angedeutet, und Gleichgestimmte, ohne Partheimachere. und
Intrigue, aufgefordert, mit ihrer Meinung frei hervorzutreten. Ich habe den Ma
der Obrigkeit aufgefordert, die Ruhe herzustellen, als die Akademie ein Schauplatz
der Unordnung ward und gütliche Verhandlungen mit den Häuptern der Gegner
nichts fruchteten Ich habe -- weil die Obrigkeit sich schlaff und unthätig bezeigte.
- vom König unmittelbar die Hemmung der aufs Höchste gestiegenen Anarchie er¬
wirkt. Ich habe endlich den mir von Einzelnen angethanen Beleidigungen nchts
entgegen zu setzen gewußt, als einen mannlich festen Sinn und einen unbefleckten
Wandel.

Alles dieses läuft gegen die auf der Akademie und zum Theil unter dem Ofst-
Zierstande herrschenden Begriffe. Ich stärkte mich aber, wenn die Gefährlichkeit mei¬
nes Beginnens mich zaghaft machen wollte, durch den Gedanken, daß Gott mW)
nicht als Offizier und Studenten, sondern als Menschen erschaffen habe. d. h. als
ein Wesen, welches redlich und unablässig nach Erkenntniß ringen soll, und keiner
Menschenfurcht Raum geben darf, wenn es Sache der innigsten Ueberzeugung gilt.

Daß die Letzte mich bewahrt und getragen hat. daß ich. obgleich .es den Ehren-
Punkt im gewöhnlichen Sinne des Worts mir nicht zu eigen machen kann, ^eben
unbesorgt auffordern darf, mich einer Ehrlosigkeit zu zeihen, wenn er es ver¬
möge, das ist ein eignes und freudiges Gefühl, welches mich unter den schwersten
Opfern aufrecht erhält.

Denn Opfer sind gegeben und das Neueste wird nicht das Letzte sein.

Sie richten über mich. indem Sie mich aus Ihrer geistigen Nähe verbannen.
Ich muß das Urtheil zwischen Ihnen und mir einem Höheren anheimgeben, und
schließe mit der Versicherung, daß Liebe und Achtung, wenn sie einmal in mir
Wurzel geschlagen haben, in meiner Seele haften bleiben.

Ihr Stillschweigen auf diesen Brief wird mir das Dasein des 2ten Falles be¬
weisen Immermann.
.
Münster am 24. März 1820. .


M 2.
Aus Humboldts letzten Jahren.

Hier, mein verehrungswerther Gönner und Freund, die erwärmende aller¬
dings sehr ausgezeichnete Schrift des Prof. Diseuok aus Bonn. Sie scheint auchdas Müfflingischc Eis geschmolzen zu haben . . . Zugleich erfolgt, als e.n natur-
historisches Product. für die liebenswürdigen Fräuleins eine

Schachtel Mös aus Mexico von der birnförmigen Frucht des Baumes ?siSium
PZ'i'iterum I.in., spanisch Krenz^, französisch Zo^vier, von der Myrtenfamilie.

Die Klöster bereiten gewöhnlich diese Getöns. die. der Glätte der Oberfläche
wegen, den Nonnen zum Spiegel dienen sollen und daher Spiegelchen. esxeMIos
(von sxeeuluw.) genannt werden. Das ist Erudition. Möge das Spiegelchen gut
.gekommen sein und das Meer passirt haben, ohne seekrank zu werden. Thränen


3) daß der Zweikampf sich mit Vernunft und Christenthum nicht verewigen
lasse und jeder, welcher diese Ueberzeugung habe, denselben ausschlagen müsse,
daß er aber ganz besonders auf der Akademie zu den verworrensten Meinungen über
Ehre und Schande führe.

,^^,.Diese Ansichten habe ich - empört über die schändliche Mißhandlung eines
Hülflosen - öffentlich angedeutet, und Gleichgestimmte, ohne Partheimachere. und
Intrigue, aufgefordert, mit ihrer Meinung frei hervorzutreten. Ich habe den Ma
der Obrigkeit aufgefordert, die Ruhe herzustellen, als die Akademie ein Schauplatz
der Unordnung ward und gütliche Verhandlungen mit den Häuptern der Gegner
nichts fruchteten Ich habe — weil die Obrigkeit sich schlaff und unthätig bezeigte.
- vom König unmittelbar die Hemmung der aufs Höchste gestiegenen Anarchie er¬
wirkt. Ich habe endlich den mir von Einzelnen angethanen Beleidigungen nchts
entgegen zu setzen gewußt, als einen mannlich festen Sinn und einen unbefleckten
Wandel.

Alles dieses läuft gegen die auf der Akademie und zum Theil unter dem Ofst-
Zierstande herrschenden Begriffe. Ich stärkte mich aber, wenn die Gefährlichkeit mei¬
nes Beginnens mich zaghaft machen wollte, durch den Gedanken, daß Gott mW)
nicht als Offizier und Studenten, sondern als Menschen erschaffen habe. d. h. als
ein Wesen, welches redlich und unablässig nach Erkenntniß ringen soll, und keiner
Menschenfurcht Raum geben darf, wenn es Sache der innigsten Ueberzeugung gilt.

Daß die Letzte mich bewahrt und getragen hat. daß ich. obgleich .es den Ehren-
Punkt im gewöhnlichen Sinne des Worts mir nicht zu eigen machen kann, ^eben
unbesorgt auffordern darf, mich einer Ehrlosigkeit zu zeihen, wenn er es ver¬
möge, das ist ein eignes und freudiges Gefühl, welches mich unter den schwersten
Opfern aufrecht erhält.

Denn Opfer sind gegeben und das Neueste wird nicht das Letzte sein.

Sie richten über mich. indem Sie mich aus Ihrer geistigen Nähe verbannen.
Ich muß das Urtheil zwischen Ihnen und mir einem Höheren anheimgeben, und
schließe mit der Versicherung, daß Liebe und Achtung, wenn sie einmal in mir
Wurzel geschlagen haben, in meiner Seele haften bleiben.

Ihr Stillschweigen auf diesen Brief wird mir das Dasein des 2ten Falles be¬
weisen Immermann.
.
Münster am 24. März 1820. .


M 2.
Aus Humboldts letzten Jahren.

Hier, mein verehrungswerther Gönner und Freund, die erwärmende aller¬
dings sehr ausgezeichnete Schrift des Prof. Diseuok aus Bonn. Sie scheint auchdas Müfflingischc Eis geschmolzen zu haben . . . Zugleich erfolgt, als e.n natur-
historisches Product. für die liebenswürdigen Fräuleins eine

Schachtel Mös aus Mexico von der birnförmigen Frucht des Baumes ?siSium
PZ'i'iterum I.in., spanisch Krenz^, französisch Zo^vier, von der Myrtenfamilie.

Die Klöster bereiten gewöhnlich diese Getöns. die. der Glätte der Oberfläche
wegen, den Nonnen zum Spiegel dienen sollen und daher Spiegelchen. esxeMIos
(von sxeeuluw.) genannt werden. Das ist Erudition. Möge das Spiegelchen gut
.gekommen sein und das Meer passirt haben, ohne seekrank zu werden. Thränen


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[0053] 3) daß der Zweikampf sich mit Vernunft und Christenthum nicht verewigen lasse und jeder, welcher diese Ueberzeugung habe, denselben ausschlagen müsse, daß er aber ganz besonders auf der Akademie zu den verworrensten Meinungen über Ehre und Schande führe. ,^^,.Diese Ansichten habe ich - empört über die schändliche Mißhandlung eines Hülflosen - öffentlich angedeutet, und Gleichgestimmte, ohne Partheimachere. und Intrigue, aufgefordert, mit ihrer Meinung frei hervorzutreten. Ich habe den Ma der Obrigkeit aufgefordert, die Ruhe herzustellen, als die Akademie ein Schauplatz der Unordnung ward und gütliche Verhandlungen mit den Häuptern der Gegner nichts fruchteten Ich habe — weil die Obrigkeit sich schlaff und unthätig bezeigte. - vom König unmittelbar die Hemmung der aufs Höchste gestiegenen Anarchie er¬ wirkt. Ich habe endlich den mir von Einzelnen angethanen Beleidigungen nchts entgegen zu setzen gewußt, als einen mannlich festen Sinn und einen unbefleckten Wandel. Alles dieses läuft gegen die auf der Akademie und zum Theil unter dem Ofst- Zierstande herrschenden Begriffe. Ich stärkte mich aber, wenn die Gefährlichkeit mei¬ nes Beginnens mich zaghaft machen wollte, durch den Gedanken, daß Gott mW) nicht als Offizier und Studenten, sondern als Menschen erschaffen habe. d. h. als ein Wesen, welches redlich und unablässig nach Erkenntniß ringen soll, und keiner Menschenfurcht Raum geben darf, wenn es Sache der innigsten Ueberzeugung gilt. Daß die Letzte mich bewahrt und getragen hat. daß ich. obgleich .es den Ehren- Punkt im gewöhnlichen Sinne des Worts mir nicht zu eigen machen kann, ^eben unbesorgt auffordern darf, mich einer Ehrlosigkeit zu zeihen, wenn er es ver¬ möge, das ist ein eignes und freudiges Gefühl, welches mich unter den schwersten Opfern aufrecht erhält. Denn Opfer sind gegeben und das Neueste wird nicht das Letzte sein. Sie richten über mich. indem Sie mich aus Ihrer geistigen Nähe verbannen. Ich muß das Urtheil zwischen Ihnen und mir einem Höheren anheimgeben, und schließe mit der Versicherung, daß Liebe und Achtung, wenn sie einmal in mir Wurzel geschlagen haben, in meiner Seele haften bleiben. Ihr Stillschweigen auf diesen Brief wird mir das Dasein des 2ten Falles be¬ weisen Immermann. . Münster am 24. März 1820. . M 2. Aus Humboldts letzten Jahren. Hier, mein verehrungswerther Gönner und Freund, die erwärmende aller¬ dings sehr ausgezeichnete Schrift des Prof. Diseuok aus Bonn. Sie scheint auchdas Müfflingischc Eis geschmolzen zu haben . . . Zugleich erfolgt, als e.n natur- historisches Product. für die liebenswürdigen Fräuleins eine Schachtel Mös aus Mexico von der birnförmigen Frucht des Baumes ?siSium PZ'i'iterum I.in., spanisch Krenz^, französisch Zo^vier, von der Myrtenfamilie. Die Klöster bereiten gewöhnlich diese Getöns. die. der Glätte der Oberfläche wegen, den Nonnen zum Spiegel dienen sollen und daher Spiegelchen. esxeMIos (von sxeeuluw.) genannt werden. Das ist Erudition. Möge das Spiegelchen gut .gekommen sein und das Meer passirt haben, ohne seekrank zu werden. Thränen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/53>, abgerufen am 27.04.2024.