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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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Die Veröffentlichung der Bnndestngsprotokolle.

Im Jahre 1816 wurde bei der Vereinbarung der vorläufigen Geschäfts¬
ordnung der deutschen Bundesversammlung festgesetzt: "Die Bundesversamm¬
lung bestimmt in jedem besonderen Falle, wie die Protokolle bekannt zu machen,
Und insbesondere, ob sie dem Druck für das Publikum zu übergeben seien." Bei
der Genehmigung dieser Geschäftsordnung aber beschloß die Versammlung,
die Bekanntmachung ihrer Verhandlungen durch den Druck solle, als Regel gel¬
ten und jede der Publicität nicht zu übergehende Verhandlung besonders aus¬
genommen werden. Demgemäß wurde bis zum 1. Juli 1824 verfahren, wo
das Präsidium "aus Anlaß eines zur Sprache gekommenen, die Erleichterung
der Bundesmilitärcontingcnte betreffenden, speziellen Falls" bemerkte, "es scheine,
daß Verhandlungen, welche das Vertheidigungswesen des deutschen Bundes
betreffen, ihrer Natur uach zur Aufnahme in die zur Publicität gelangenden
Protokolle nicht geeignet seien; überhaupt dürfte die Bundesversammlung sich
veranlaßt finden, mehrere Verhandlungen, welche seither in die förmlichen
Protokolle aufgenommen worden sind, blos loco äiewturiiiz in Druck legen
Zu lassen; die bisherige Uebung, die gesammten Verhandlungen des deutschen
Bundestags, wenige Ausnahmen abgerechnet, der Oeffentlichkeit zu übergeben,
habe zu Mißbräuchen Anlaß gegeben, welche jeder Gutdenkende gewiß mi߬
billige, denen aber eben darum ein Ziel gesetzt werden müsse. Die deutsche
Bundesversammlung sei ein permanenter Ministerialcongreß der Repräsentanten
sämmtlicher Bundesglieder, in dieser Versammlung würden vorzugsweise die An¬
sichten der verschiedenen Bundesregierungen über Gegenstände des gemeinsamen
Interesses freundschaftlich ausgetauscht und nach vorheriger gründlicher Ervrte-
^ung und reifer Erwägung die Beschlüsse gefaßt. Daß das Resultat dieser
Berathungen, je nachdem es für Alle oder für Einzelne von Interesse sei,
bekannt gemacht werde, sei unbedingte Nothwendigkeit -- aber die Vorberei¬
tung der Gegenstände, die Arbeiten der Comites und die verschiedenen An¬
sichten der einzelnen Regierungen. seien Epochen der Geschäftsverhandlungen,
welche zur Oeffentlichkeit durchaus nicht geeignet seien. Bei Militärangelegen¬
heiten und bei Differenzen der Bundesfürsten unter sich oder mit ihren Ständen


Gmizbotcn IV. 1859. 46
Die Veröffentlichung der Bnndestngsprotokolle.

Im Jahre 1816 wurde bei der Vereinbarung der vorläufigen Geschäfts¬
ordnung der deutschen Bundesversammlung festgesetzt: „Die Bundesversamm¬
lung bestimmt in jedem besonderen Falle, wie die Protokolle bekannt zu machen,
Und insbesondere, ob sie dem Druck für das Publikum zu übergeben seien." Bei
der Genehmigung dieser Geschäftsordnung aber beschloß die Versammlung,
die Bekanntmachung ihrer Verhandlungen durch den Druck solle, als Regel gel¬
ten und jede der Publicität nicht zu übergehende Verhandlung besonders aus¬
genommen werden. Demgemäß wurde bis zum 1. Juli 1824 verfahren, wo
das Präsidium „aus Anlaß eines zur Sprache gekommenen, die Erleichterung
der Bundesmilitärcontingcnte betreffenden, speziellen Falls" bemerkte, „es scheine,
daß Verhandlungen, welche das Vertheidigungswesen des deutschen Bundes
betreffen, ihrer Natur uach zur Aufnahme in die zur Publicität gelangenden
Protokolle nicht geeignet seien; überhaupt dürfte die Bundesversammlung sich
veranlaßt finden, mehrere Verhandlungen, welche seither in die förmlichen
Protokolle aufgenommen worden sind, blos loco äiewturiiiz in Druck legen
Zu lassen; die bisherige Uebung, die gesammten Verhandlungen des deutschen
Bundestags, wenige Ausnahmen abgerechnet, der Oeffentlichkeit zu übergeben,
habe zu Mißbräuchen Anlaß gegeben, welche jeder Gutdenkende gewiß mi߬
billige, denen aber eben darum ein Ziel gesetzt werden müsse. Die deutsche
Bundesversammlung sei ein permanenter Ministerialcongreß der Repräsentanten
sämmtlicher Bundesglieder, in dieser Versammlung würden vorzugsweise die An¬
sichten der verschiedenen Bundesregierungen über Gegenstände des gemeinsamen
Interesses freundschaftlich ausgetauscht und nach vorheriger gründlicher Ervrte-
^ung und reifer Erwägung die Beschlüsse gefaßt. Daß das Resultat dieser
Berathungen, je nachdem es für Alle oder für Einzelne von Interesse sei,
bekannt gemacht werde, sei unbedingte Nothwendigkeit — aber die Vorberei¬
tung der Gegenstände, die Arbeiten der Comites und die verschiedenen An¬
sichten der einzelnen Regierungen. seien Epochen der Geschäftsverhandlungen,
welche zur Oeffentlichkeit durchaus nicht geeignet seien. Bei Militärangelegen¬
heiten und bei Differenzen der Bundesfürsten unter sich oder mit ihren Ständen


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[0373] Die Veröffentlichung der Bnndestngsprotokolle. Im Jahre 1816 wurde bei der Vereinbarung der vorläufigen Geschäfts¬ ordnung der deutschen Bundesversammlung festgesetzt: „Die Bundesversamm¬ lung bestimmt in jedem besonderen Falle, wie die Protokolle bekannt zu machen, Und insbesondere, ob sie dem Druck für das Publikum zu übergeben seien." Bei der Genehmigung dieser Geschäftsordnung aber beschloß die Versammlung, die Bekanntmachung ihrer Verhandlungen durch den Druck solle, als Regel gel¬ ten und jede der Publicität nicht zu übergehende Verhandlung besonders aus¬ genommen werden. Demgemäß wurde bis zum 1. Juli 1824 verfahren, wo das Präsidium „aus Anlaß eines zur Sprache gekommenen, die Erleichterung der Bundesmilitärcontingcnte betreffenden, speziellen Falls" bemerkte, „es scheine, daß Verhandlungen, welche das Vertheidigungswesen des deutschen Bundes betreffen, ihrer Natur uach zur Aufnahme in die zur Publicität gelangenden Protokolle nicht geeignet seien; überhaupt dürfte die Bundesversammlung sich veranlaßt finden, mehrere Verhandlungen, welche seither in die förmlichen Protokolle aufgenommen worden sind, blos loco äiewturiiiz in Druck legen Zu lassen; die bisherige Uebung, die gesammten Verhandlungen des deutschen Bundestags, wenige Ausnahmen abgerechnet, der Oeffentlichkeit zu übergeben, habe zu Mißbräuchen Anlaß gegeben, welche jeder Gutdenkende gewiß mi߬ billige, denen aber eben darum ein Ziel gesetzt werden müsse. Die deutsche Bundesversammlung sei ein permanenter Ministerialcongreß der Repräsentanten sämmtlicher Bundesglieder, in dieser Versammlung würden vorzugsweise die An¬ sichten der verschiedenen Bundesregierungen über Gegenstände des gemeinsamen Interesses freundschaftlich ausgetauscht und nach vorheriger gründlicher Ervrte- ^ung und reifer Erwägung die Beschlüsse gefaßt. Daß das Resultat dieser Berathungen, je nachdem es für Alle oder für Einzelne von Interesse sei, bekannt gemacht werde, sei unbedingte Nothwendigkeit — aber die Vorberei¬ tung der Gegenstände, die Arbeiten der Comites und die verschiedenen An¬ sichten der einzelnen Regierungen. seien Epochen der Geschäftsverhandlungen, welche zur Oeffentlichkeit durchaus nicht geeignet seien. Bei Militärangelegen¬ heiten und bei Differenzen der Bundesfürsten unter sich oder mit ihren Ständen Gmizbotcn IV. 1859. 46

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/373>, abgerufen am 03.05.2024.