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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. II. Band.

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Ende sein wird: Wir werden Europa die seit Jahren entbehrte Sicherheit des
Friedens bringen. Und die Zuversicht, mit welcher wir nach Westen schauen,
liegt wie einst, auch jetzt wieder in der sicheren Erwartung einer großartigen
K H raftentwicklung des deutschen Volkes.




Radius und die Samariter.
>- - 1. .?^l?

Im Prophetengarten. -- Die Ulema von Radius.

An einem der heißesten Tage des Sommers von 1859 war ich*) mit meiner
Reisegesellschaft früh von Khan Lubban, dem Lebona-Quell, aufgebrochen,
um Radius zu erreichen. Durch schattenlose, von steinigen Hohen unterbrochene
Thäler, in welchen nur selten ein grünes Scham-Feld oder ein dunkler Oliven¬
hain unsre Augen erquickte, gelangten wir auf die sich stundenweit hinziehende
Ebene Machneh, die beträchtlichste des Hochlandes von Samarien, welche wir
als den letzten Theil unsres beschwerlichen Weges freudig begrüßten. Kein
Lüftchen regte sich, und durch den Einfluß einer fast senkrecht stehenden Sonne
lagerte sich auf die Fläche ein gelblicher Dunst, in welchem die ferneren Ge¬
genstünde, die Spitzen der östlichen Bergkette und das Dorf Awarta mit der
weißgetünchten Grabkapelle Elcasars halb verschwammen. Schon war es fast
Mittag, als wir uns dem Ende der Ebene näherten. Der Garizim, dessen
Ostabhang wir anderthalb Stunde lang zu unsrer Linken gehabt hatten, bil¬
det hier eine steile, von schroffen Felszacken starrende Wand, welche auf ein¬
mal bis zu dem höchsten Kamme des Gebirges mit dem zierlichen Weli Scheich
Ghanim dem Auge entgegentritt. Noch hatten wir einen in die Ebene vor¬
springenden niedrigen Felsenrücken zu passiren, über welchen vielfältig ver¬
schlungene, durch die tausendjährige Arbeit der Hufe zu tiefen Rinnen gewor¬
dene Wege führen, und sahen dann den großartigen Paß unter uns, den merk¬
würdigsten Einschnitt in der cisjordanischen Bergkette, welchen seine für den
Verkehr so günstige Lage und sein Naturreichthum zum Vororte des mittlern
Palästina gestempelt hat.

Die Urstämme des Menschengeschlechts, welche die für die Epigonen, wie



") Wir verdanken die nachstehenden interessanten Mittheilungen über das Leben in einer
wenig bekannten palästinensischen Mittelstadt der Güte des Hrn. v, Rosen, k preußischen
.
D. Red. Consuls in Jerusalem.

Ende sein wird: Wir werden Europa die seit Jahren entbehrte Sicherheit des
Friedens bringen. Und die Zuversicht, mit welcher wir nach Westen schauen,
liegt wie einst, auch jetzt wieder in der sicheren Erwartung einer großartigen
K H raftentwicklung des deutschen Volkes.




Radius und die Samariter.
>- - 1. .?^l?

Im Prophetengarten. — Die Ulema von Radius.

An einem der heißesten Tage des Sommers von 1859 war ich*) mit meiner
Reisegesellschaft früh von Khan Lubban, dem Lebona-Quell, aufgebrochen,
um Radius zu erreichen. Durch schattenlose, von steinigen Hohen unterbrochene
Thäler, in welchen nur selten ein grünes Scham-Feld oder ein dunkler Oliven¬
hain unsre Augen erquickte, gelangten wir auf die sich stundenweit hinziehende
Ebene Machneh, die beträchtlichste des Hochlandes von Samarien, welche wir
als den letzten Theil unsres beschwerlichen Weges freudig begrüßten. Kein
Lüftchen regte sich, und durch den Einfluß einer fast senkrecht stehenden Sonne
lagerte sich auf die Fläche ein gelblicher Dunst, in welchem die ferneren Ge¬
genstünde, die Spitzen der östlichen Bergkette und das Dorf Awarta mit der
weißgetünchten Grabkapelle Elcasars halb verschwammen. Schon war es fast
Mittag, als wir uns dem Ende der Ebene näherten. Der Garizim, dessen
Ostabhang wir anderthalb Stunde lang zu unsrer Linken gehabt hatten, bil¬
det hier eine steile, von schroffen Felszacken starrende Wand, welche auf ein¬
mal bis zu dem höchsten Kamme des Gebirges mit dem zierlichen Weli Scheich
Ghanim dem Auge entgegentritt. Noch hatten wir einen in die Ebene vor¬
springenden niedrigen Felsenrücken zu passiren, über welchen vielfältig ver¬
schlungene, durch die tausendjährige Arbeit der Hufe zu tiefen Rinnen gewor¬
dene Wege führen, und sahen dann den großartigen Paß unter uns, den merk¬
würdigsten Einschnitt in der cisjordanischen Bergkette, welchen seine für den
Verkehr so günstige Lage und sein Naturreichthum zum Vororte des mittlern
Palästina gestempelt hat.

Die Urstämme des Menschengeschlechts, welche die für die Epigonen, wie



") Wir verdanken die nachstehenden interessanten Mittheilungen über das Leben in einer
wenig bekannten palästinensischen Mittelstadt der Güte des Hrn. v, Rosen, k preußischen
.
D. Red. Consuls in Jerusalem.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109263/100>, abgerufen am 30.05.2024.