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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. II. Band.

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erhalten, und bin Ihnen dafür, so wie für die Empfehlung der Madame Fort,
die sich seit einigen Tagen in unsern Mauern befindet, aufrichtig und freund¬
schaftlichst verbunden. Daß das Cassationsgesuch am 14. dieses hier ver¬
worfen worden, werden Sie mit der heute abgehenden Post wol noch beson¬
ders erfahren, wenn es durch das tausendzüngige Posaunengewebe der Fama
nicht schon früher nach Crefeld gebracht sein sollte. Ich habe diesen Ausgang
der Sache allerdings besorgt, denn das Antlitz befangener Richter, wenn sie
auch nicht in leinenen Kitteln sitzen, kann kein Gott auf einen andern Gesichts-
punkt richten. Ihre Schrift hat hier Beifall gefunden, wie sie verdient.

Der Herr Fürst Staatskanzler ist Ihnen etwas naher gerückt, nach Pa-
uvre, von wo er in den ersten Tagen des k. M. zurückkehren dürfte. Ob er
zum Kongreß nach Italien gehen werde, ist unbestimmt. Der Herr Graf
Bernstorff begiebt sich am 20. d. M. nach Wien, wo man die Griechen, die
Spanier und die Portugiesen wägen und hoffentlich zu leicht finden wird.
Inzwischen messen die Griechen mit dem Dreizack, dem neptunischen, ihre
türkischen Freunde, worüber sich Herr v. Genz, der mit Leib und Seele an
dem Capudan Pascha hing, nicht sonderlich freuen soll.

Die Angelegenheiten Frankreichs gefallen mir gar nicht, und die heiligen
Bundesmächte würden zu unser Aller Heil wahrscheinlich viel verständiger han¬
deln, die Sache dort nicht aus dem Gleichgewicht kommen zu lassen, als sich
um Spanien zu kümmern. Indeß wie Gott will. Es ist allerdings schlechtes
Wetter.


Bewahren Sie mir Ihr freundschaftliches Wohlwollen.
v. Stägemann.


Die ersten deutschen Handelsverträge.

Am 13. Mai d. I. ist Graf Eulenburg von Berlin abgereist, um in
Singapore das Geschwader zu treffen an dessen Spitze er die beiden ersten
deutschen Handelsverträge mit China und Japan schließen soll. Wir sagen
mit Bedacht deutsche Verträge, weil zum erstenmal sich nicht nur Mecklenburg,
sondern auch die Hansestädte dem Zollverein in einer von Preußen geführten


erhalten, und bin Ihnen dafür, so wie für die Empfehlung der Madame Fort,
die sich seit einigen Tagen in unsern Mauern befindet, aufrichtig und freund¬
schaftlichst verbunden. Daß das Cassationsgesuch am 14. dieses hier ver¬
worfen worden, werden Sie mit der heute abgehenden Post wol noch beson¬
ders erfahren, wenn es durch das tausendzüngige Posaunengewebe der Fama
nicht schon früher nach Crefeld gebracht sein sollte. Ich habe diesen Ausgang
der Sache allerdings besorgt, denn das Antlitz befangener Richter, wenn sie
auch nicht in leinenen Kitteln sitzen, kann kein Gott auf einen andern Gesichts-
punkt richten. Ihre Schrift hat hier Beifall gefunden, wie sie verdient.

Der Herr Fürst Staatskanzler ist Ihnen etwas naher gerückt, nach Pa-
uvre, von wo er in den ersten Tagen des k. M. zurückkehren dürfte. Ob er
zum Kongreß nach Italien gehen werde, ist unbestimmt. Der Herr Graf
Bernstorff begiebt sich am 20. d. M. nach Wien, wo man die Griechen, die
Spanier und die Portugiesen wägen und hoffentlich zu leicht finden wird.
Inzwischen messen die Griechen mit dem Dreizack, dem neptunischen, ihre
türkischen Freunde, worüber sich Herr v. Genz, der mit Leib und Seele an
dem Capudan Pascha hing, nicht sonderlich freuen soll.

Die Angelegenheiten Frankreichs gefallen mir gar nicht, und die heiligen
Bundesmächte würden zu unser Aller Heil wahrscheinlich viel verständiger han¬
deln, die Sache dort nicht aus dem Gleichgewicht kommen zu lassen, als sich
um Spanien zu kümmern. Indeß wie Gott will. Es ist allerdings schlechtes
Wetter.


Bewahren Sie mir Ihr freundschaftliches Wohlwollen.
v. Stägemann.


Die ersten deutschen Handelsverträge.

Am 13. Mai d. I. ist Graf Eulenburg von Berlin abgereist, um in
Singapore das Geschwader zu treffen an dessen Spitze er die beiden ersten
deutschen Handelsverträge mit China und Japan schließen soll. Wir sagen
mit Bedacht deutsche Verträge, weil zum erstenmal sich nicht nur Mecklenburg,
sondern auch die Hansestädte dem Zollverein in einer von Preußen geführten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109263/444>, abgerufen am 30.05.2024.