Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

im Durchschnitt die des alten sind, eine ähnliche Sprache, -- Aber darum han¬
delt es sich gar nicht. Ob die Minister einem constitutionellen oder einem
absoluten Staat angehören, ihre Verpflichtungen bleiben dieselben, sie haben
dem Fürsten wie dem Lande gegenüber die Verpflichtung, klar und unumwun¬
den ihre Ueberzeugung von dem, was für das Wohl des Staats nothwendig
ist nuszusprechen, Sie haben die Befehle des Fürsten auszuführen, aber der
Fürst muß von ihnen erfahren, wie die Zustände des Landes beschaffen sind und
was zur Verbesserung derselben geschehn muß. Man erzählt von den chine-
silchen "Censoren", daß sie dem Kaiser die Ncmonstralivnen, die sie für nöthig
hielten, wenn er ihnen die Zunge ausreißen ließ, noch mit ihrem Blut in den
Sand schriebe". Dies ist die Gesinnung, die ein Minister haben muß, gleich¬
viel ob im absoluten oder im constitutionellen Staat. Da wir aber in einem
constitutionellen Staat leben, so wird im Fall der fortdauernden Versäumnis;
der Landtag diese Pflicht zu übernehmen haben. In der alten Weise, daß
die Gegner, weil die sogenannte Legalität, d. h. die dnrch Westphalen fest¬
gestellte Praxis für sie spricht, nicht blos unangetastet bleiben, sondern gegen
die Angriffe des Volks geschützt und gepflegt werden, geht es nicht weiter,
weder in der auswärtigen noch innern Politik; von dieser falschen verkehrten
L egalität gilt, was das Sprichwort soge: sie tödtet uns.




Vermischte Literatur.

Blätter aus dem Tagebuch eines Schauspielers, mit Erinnerungen
und Klatschereien aus der Garderobe und von der Bühne in England und Amerika.
Von Georg Vandcrhorst. Aus dem Englischen übersetzt, für das deutsche Pub¬
likum bearbeitet und mit Erläuterungen versehn, von A. v. Winterfeld. -- Das
Buch leistet mehr als es verspricht: es gibt nicht blos Thcatcrklatsch. sondern auch
recht gescheidte Bemerkungen über die dramatische Kunst. Der Verfasser trat 14. Oct.
^839 zum ersten Mal in Covent Garden auf; Sept. 1842 ging er nach Amerika,
wo er Gastspiele und dramatische Vorlesungen hielt. -- Eine originelle Bemerkung,
charakteristisch für Deutschland und für England, können wir uns nicht versagen
mitzutheilen. -- Der Verfasser stellt als Resultat seiner Erfahrungen auf, daß die
Thearcrlcnifvahn die letzte sein müsse, die ein junger Mann von Geist und Ehrgeiz


im Durchschnitt die des alten sind, eine ähnliche Sprache, — Aber darum han¬
delt es sich gar nicht. Ob die Minister einem constitutionellen oder einem
absoluten Staat angehören, ihre Verpflichtungen bleiben dieselben, sie haben
dem Fürsten wie dem Lande gegenüber die Verpflichtung, klar und unumwun¬
den ihre Ueberzeugung von dem, was für das Wohl des Staats nothwendig
ist nuszusprechen, Sie haben die Befehle des Fürsten auszuführen, aber der
Fürst muß von ihnen erfahren, wie die Zustände des Landes beschaffen sind und
was zur Verbesserung derselben geschehn muß. Man erzählt von den chine-
silchen „Censoren", daß sie dem Kaiser die Ncmonstralivnen, die sie für nöthig
hielten, wenn er ihnen die Zunge ausreißen ließ, noch mit ihrem Blut in den
Sand schriebe». Dies ist die Gesinnung, die ein Minister haben muß, gleich¬
viel ob im absoluten oder im constitutionellen Staat. Da wir aber in einem
constitutionellen Staat leben, so wird im Fall der fortdauernden Versäumnis;
der Landtag diese Pflicht zu übernehmen haben. In der alten Weise, daß
die Gegner, weil die sogenannte Legalität, d. h. die dnrch Westphalen fest¬
gestellte Praxis für sie spricht, nicht blos unangetastet bleiben, sondern gegen
die Angriffe des Volks geschützt und gepflegt werden, geht es nicht weiter,
weder in der auswärtigen noch innern Politik; von dieser falschen verkehrten
L egalität gilt, was das Sprichwort soge: sie tödtet uns.




Vermischte Literatur.

Blätter aus dem Tagebuch eines Schauspielers, mit Erinnerungen
und Klatschereien aus der Garderobe und von der Bühne in England und Amerika.
Von Georg Vandcrhorst. Aus dem Englischen übersetzt, für das deutsche Pub¬
likum bearbeitet und mit Erläuterungen versehn, von A. v. Winterfeld. — Das
Buch leistet mehr als es verspricht: es gibt nicht blos Thcatcrklatsch. sondern auch
recht gescheidte Bemerkungen über die dramatische Kunst. Der Verfasser trat 14. Oct.
^839 zum ersten Mal in Covent Garden auf; Sept. 1842 ging er nach Amerika,
wo er Gastspiele und dramatische Vorlesungen hielt. — Eine originelle Bemerkung,
charakteristisch für Deutschland und für England, können wir uns nicht versagen
mitzutheilen. — Der Verfasser stellt als Resultat seiner Erfahrungen auf, daß die
Thearcrlcnifvahn die letzte sein müsse, die ein junger Mann von Geist und Ehrgeiz


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0451" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110799"/>
          <p xml:id="ID_1380" prev="#ID_1379"> im Durchschnitt die des alten sind, eine ähnliche Sprache, &#x2014; Aber darum han¬<lb/>
delt es sich gar nicht. Ob die Minister einem constitutionellen oder einem<lb/>
absoluten Staat angehören, ihre Verpflichtungen bleiben dieselben, sie haben<lb/>
dem Fürsten wie dem Lande gegenüber die Verpflichtung, klar und unumwun¬<lb/>
den ihre Ueberzeugung von dem, was für das Wohl des Staats nothwendig<lb/>
ist nuszusprechen, Sie haben die Befehle des Fürsten auszuführen, aber der<lb/>
Fürst muß von ihnen erfahren, wie die Zustände des Landes beschaffen sind und<lb/>
was zur Verbesserung derselben geschehn muß. Man erzählt von den chine-<lb/>
silchen &#x201E;Censoren", daß sie dem Kaiser die Ncmonstralivnen, die sie für nöthig<lb/>
hielten, wenn er ihnen die Zunge ausreißen ließ, noch mit ihrem Blut in den<lb/>
Sand schriebe». Dies ist die Gesinnung, die ein Minister haben muß, gleich¬<lb/>
viel ob im absoluten oder im constitutionellen Staat. Da wir aber in einem<lb/>
constitutionellen Staat leben, so wird im Fall der fortdauernden Versäumnis;<lb/>
der Landtag diese Pflicht zu übernehmen haben. In der alten Weise, daß<lb/>
die Gegner, weil die sogenannte Legalität, d. h. die dnrch Westphalen fest¬<lb/>
gestellte Praxis für sie spricht, nicht blos unangetastet bleiben, sondern gegen<lb/>
die Angriffe des Volks geschützt und gepflegt werden, geht es nicht weiter,<lb/>
weder in der auswärtigen noch innern Politik; von dieser falschen verkehrten<lb/>
L<note type="byline"/> egalität gilt, was das Sprichwort soge: sie tödtet uns.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Vermischte Literatur.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1381" next="#ID_1382"> Blätter aus dem Tagebuch eines Schauspielers, mit Erinnerungen<lb/>
und Klatschereien aus der Garderobe und von der Bühne in England und Amerika.<lb/>
Von Georg Vandcrhorst. Aus dem Englischen übersetzt, für das deutsche Pub¬<lb/>
likum bearbeitet und mit Erläuterungen versehn, von A. v. Winterfeld. &#x2014; Das<lb/>
Buch leistet mehr als es verspricht: es gibt nicht blos Thcatcrklatsch. sondern auch<lb/>
recht gescheidte Bemerkungen über die dramatische Kunst. Der Verfasser trat 14. Oct.<lb/>
^839 zum ersten Mal in Covent Garden auf; Sept. 1842 ging er nach Amerika,<lb/>
wo er Gastspiele und dramatische Vorlesungen hielt. &#x2014; Eine originelle Bemerkung,<lb/>
charakteristisch für Deutschland und für England, können wir uns nicht versagen<lb/>
mitzutheilen. &#x2014; Der Verfasser stellt als Resultat seiner Erfahrungen auf, daß die<lb/>
Thearcrlcnifvahn die letzte sein müsse, die ein junger Mann von Geist und Ehrgeiz</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0451] im Durchschnitt die des alten sind, eine ähnliche Sprache, — Aber darum han¬ delt es sich gar nicht. Ob die Minister einem constitutionellen oder einem absoluten Staat angehören, ihre Verpflichtungen bleiben dieselben, sie haben dem Fürsten wie dem Lande gegenüber die Verpflichtung, klar und unumwun¬ den ihre Ueberzeugung von dem, was für das Wohl des Staats nothwendig ist nuszusprechen, Sie haben die Befehle des Fürsten auszuführen, aber der Fürst muß von ihnen erfahren, wie die Zustände des Landes beschaffen sind und was zur Verbesserung derselben geschehn muß. Man erzählt von den chine- silchen „Censoren", daß sie dem Kaiser die Ncmonstralivnen, die sie für nöthig hielten, wenn er ihnen die Zunge ausreißen ließ, noch mit ihrem Blut in den Sand schriebe». Dies ist die Gesinnung, die ein Minister haben muß, gleich¬ viel ob im absoluten oder im constitutionellen Staat. Da wir aber in einem constitutionellen Staat leben, so wird im Fall der fortdauernden Versäumnis; der Landtag diese Pflicht zu übernehmen haben. In der alten Weise, daß die Gegner, weil die sogenannte Legalität, d. h. die dnrch Westphalen fest¬ gestellte Praxis für sie spricht, nicht blos unangetastet bleiben, sondern gegen die Angriffe des Volks geschützt und gepflegt werden, geht es nicht weiter, weder in der auswärtigen noch innern Politik; von dieser falschen verkehrten L egalität gilt, was das Sprichwort soge: sie tödtet uns. Vermischte Literatur. Blätter aus dem Tagebuch eines Schauspielers, mit Erinnerungen und Klatschereien aus der Garderobe und von der Bühne in England und Amerika. Von Georg Vandcrhorst. Aus dem Englischen übersetzt, für das deutsche Pub¬ likum bearbeitet und mit Erläuterungen versehn, von A. v. Winterfeld. — Das Buch leistet mehr als es verspricht: es gibt nicht blos Thcatcrklatsch. sondern auch recht gescheidte Bemerkungen über die dramatische Kunst. Der Verfasser trat 14. Oct. ^839 zum ersten Mal in Covent Garden auf; Sept. 1842 ging er nach Amerika, wo er Gastspiele und dramatische Vorlesungen hielt. — Eine originelle Bemerkung, charakteristisch für Deutschland und für England, können wir uns nicht versagen mitzutheilen. — Der Verfasser stellt als Resultat seiner Erfahrungen auf, daß die Thearcrlcnifvahn die letzte sein müsse, die ein junger Mann von Geist und Ehrgeiz

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/451
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/451>, abgerufen am 03.05.2024.