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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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Die letzten zwei Jahre der auswärtigen Politik Preußens.
2.

Das Ergebniß der ersten Periode von Preußens auswärtiger Politik unter
der Leitung des Freiherrn v. Schleinitz war, wie vorgesehen, ein wenig gün¬
stiges gewesen, indessen bot die Lage, in welcher der Friede von Villafranca
Deutschland und Preußen ließ, doch immer Handhaben, um neue und bessere
Verhältnisse herbeizuführen. Die schamlosen Verdächtigungen der ultramon¬
tanen Presse, die Entstellungen der Wahrheit, welche sich die Augsburger
Allgemeine Zeitung erlaubt hatte, waren siegreich widerlegt; wer die Augen
nicht geflissentlich schließen wollte, mußte wenigstens an die Ehrlichkeit und die
guten Absichten der preußischen Staatsmänner glauben. Dadurch, wie durch
die unläugbare Thatsache, daß Preußen der größte rein deutsche Staat bleibt,
an welchen sich jeder Fortschritt in der nationalen Einigung anschließen muß,
erklärt es sich, daß sich nach Berlin der Blick der unabhängigen Patrioten
lenkt, bei denen der italienische Krieg das Gefühl lebhaft wieder geweckt hat, daß
Deutschland nicht eine seiner Macht entsprechende Stellung einnehme, und der
Grund hierfür wesentlich in der Bundesverfassung zu suchen sei, welche eine
einheitliche Action unmöglich mache. Dies Gefühl trat noch entschiedener
nach dem Frieden hervor, durch den man die innern Gegensätze geschärft, die
Stellung nach außen doppelt bedroht sah. Den Anstoß gaben einige Mit¬
glieder der demokratischen Partei bei einer ersten Besprechung in Eisenach.
Denselben schlössen sich bald darauf mehrere hervorragende Mitglieder der han-
noverschen Opposition an, sowie eine Reihe anderer Constitutioneller. In einer
Zweiten Eisenacher Versammlung ward ein ausgebildeteres Programm in sieben
Punkten entworfen, das vornehmlich drei Forderungen aufstellte:

1. Ersetzung des Bundestags durch eine starke Centralgewalt.

2. Einberufung einer Nationalversammlung.

3. Uebertragung der Initiative für diese Zwecke an Preußen, das auch
im Falle der Gefahr inzwischen die diplomatische und militärische Leitung zu
übernehmen habe.

Es lag auf der Hand, daß diese Forderungen den meisten deutschen Re¬
gierungen wenig gefallen konnten; denn eine wirkliche Stärkung der Central-


Grenzboten IV, 1860. , 56

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Das Ergebniß der ersten Periode von Preußens auswärtiger Politik unter
der Leitung des Freiherrn v. Schleinitz war, wie vorgesehen, ein wenig gün¬
stiges gewesen, indessen bot die Lage, in welcher der Friede von Villafranca
Deutschland und Preußen ließ, doch immer Handhaben, um neue und bessere
Verhältnisse herbeizuführen. Die schamlosen Verdächtigungen der ultramon¬
tanen Presse, die Entstellungen der Wahrheit, welche sich die Augsburger
Allgemeine Zeitung erlaubt hatte, waren siegreich widerlegt; wer die Augen
nicht geflissentlich schließen wollte, mußte wenigstens an die Ehrlichkeit und die
guten Absichten der preußischen Staatsmänner glauben. Dadurch, wie durch
die unläugbare Thatsache, daß Preußen der größte rein deutsche Staat bleibt,
an welchen sich jeder Fortschritt in der nationalen Einigung anschließen muß,
erklärt es sich, daß sich nach Berlin der Blick der unabhängigen Patrioten
lenkt, bei denen der italienische Krieg das Gefühl lebhaft wieder geweckt hat, daß
Deutschland nicht eine seiner Macht entsprechende Stellung einnehme, und der
Grund hierfür wesentlich in der Bundesverfassung zu suchen sei, welche eine
einheitliche Action unmöglich mache. Dies Gefühl trat noch entschiedener
nach dem Frieden hervor, durch den man die innern Gegensätze geschärft, die
Stellung nach außen doppelt bedroht sah. Den Anstoß gaben einige Mit¬
glieder der demokratischen Partei bei einer ersten Besprechung in Eisenach.
Denselben schlössen sich bald darauf mehrere hervorragende Mitglieder der han-
noverschen Opposition an, sowie eine Reihe anderer Constitutioneller. In einer
Zweiten Eisenacher Versammlung ward ein ausgebildeteres Programm in sieben
Punkten entworfen, das vornehmlich drei Forderungen aufstellte:

1. Ersetzung des Bundestags durch eine starke Centralgewalt.

2. Einberufung einer Nationalversammlung.

3. Uebertragung der Initiative für diese Zwecke an Preußen, das auch
im Falle der Gefahr inzwischen die diplomatische und militärische Leitung zu
übernehmen habe.

Es lag auf der Hand, daß diese Forderungen den meisten deutschen Re¬
gierungen wenig gefallen konnten; denn eine wirkliche Stärkung der Central-


Grenzboten IV, 1860. , 56
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[0453] Abonnementsanzeige zum neuen Jahr. Mit dein Anfange des neuen Jahres beginnen die Grenzboten den Jahrgang. Die unterzeichnete Verlagshandlung erlaubt sich zur Pränumeration auf denselben einzuladen, und bemerkt, daß alle Buchhandlungen und Postämter Bestellungen annehmen. Leipzig, im December -I8L». Fr. Lndw. Herbig. Die letzten zwei Jahre der auswärtigen Politik Preußens. 2. Das Ergebniß der ersten Periode von Preußens auswärtiger Politik unter der Leitung des Freiherrn v. Schleinitz war, wie vorgesehen, ein wenig gün¬ stiges gewesen, indessen bot die Lage, in welcher der Friede von Villafranca Deutschland und Preußen ließ, doch immer Handhaben, um neue und bessere Verhältnisse herbeizuführen. Die schamlosen Verdächtigungen der ultramon¬ tanen Presse, die Entstellungen der Wahrheit, welche sich die Augsburger Allgemeine Zeitung erlaubt hatte, waren siegreich widerlegt; wer die Augen nicht geflissentlich schließen wollte, mußte wenigstens an die Ehrlichkeit und die guten Absichten der preußischen Staatsmänner glauben. Dadurch, wie durch die unläugbare Thatsache, daß Preußen der größte rein deutsche Staat bleibt, an welchen sich jeder Fortschritt in der nationalen Einigung anschließen muß, erklärt es sich, daß sich nach Berlin der Blick der unabhängigen Patrioten lenkt, bei denen der italienische Krieg das Gefühl lebhaft wieder geweckt hat, daß Deutschland nicht eine seiner Macht entsprechende Stellung einnehme, und der Grund hierfür wesentlich in der Bundesverfassung zu suchen sei, welche eine einheitliche Action unmöglich mache. Dies Gefühl trat noch entschiedener nach dem Frieden hervor, durch den man die innern Gegensätze geschärft, die Stellung nach außen doppelt bedroht sah. Den Anstoß gaben einige Mit¬ glieder der demokratischen Partei bei einer ersten Besprechung in Eisenach. Denselben schlössen sich bald darauf mehrere hervorragende Mitglieder der han- noverschen Opposition an, sowie eine Reihe anderer Constitutioneller. In einer Zweiten Eisenacher Versammlung ward ein ausgebildeteres Programm in sieben Punkten entworfen, das vornehmlich drei Forderungen aufstellte: 1. Ersetzung des Bundestags durch eine starke Centralgewalt. 2. Einberufung einer Nationalversammlung. 3. Uebertragung der Initiative für diese Zwecke an Preußen, das auch im Falle der Gefahr inzwischen die diplomatische und militärische Leitung zu übernehmen habe. Es lag auf der Hand, daß diese Forderungen den meisten deutschen Re¬ gierungen wenig gefallen konnten; denn eine wirkliche Stärkung der Central- Grenzboten IV, 1860. , 56

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/453>, abgerufen am 03.05.2024.