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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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habe. Der Grund liegt tiefer, er wird von Millionen eingesehen, beklagt,
gescholten. Nicht die Personen, sondern die Principien, auf denen die Bundes¬
verfassung beruht, lähmen die Kraft der Nation.

Es wird aber von Interesse sein, auch in dem angeführten Fall zu er¬
fahren, ob neue Verhandlungen über einen so auffallenden Uebelstand irgend
einen Erfolg gehabt haben. In jedem Falle ist dringend zu wünschen, daß
die jetzt schwebenden Unterhandlungen zwischen Bayern, Würtemberg und Baden,
wenn sie auch sonst nicht die gehofften Resultate haben sollten, wenigstens diese
und ähnliche Ungehörigkeiten abstellen mögen, welche so sehr den Spott Uebel- '
wollender herausfordern und mit wenigen Federstrichen abzustellen sind.

Eine gründliche Abhilfe freilich für !die hundert Schäden der deutschen
Bundcskriegsverfassung werden uns nicht diplomatische Verhandlungen der
einzelnen Regierungen gewähren, sondern, wie zu fürchten steht, nur der Zwang
einer großen Katastrophe, die bittere Noth eines Krieges, welche wie Spreu
wegfegt, was jetzt den einzelnen disponirenden Beamten unüberwindlich er¬
scheint.




Land und Leute in Mecklenburg.

Bor einiger Zeit schilderten wir den Lesern d. Bl. den Altbayern und
machten dabei die Bemerkung, daß derselbe, weil er vorwiegend Bauer, in
vielen Zügen bedeutende Ähnlichkeit mit den Bewohnern gewisser norddeut¬
scher Landstriche, namentlich mit den Schleswig-Holsteinern und Mecklenburgern
sNge. bei denen ebenfalls das dörfliche Leben das städtische überwiegt. Im
Folgenden sei es uns gestattet, diese Bemerkung durch eine Charakteristik des
Mecklenburgers zu rechtfertigen *). Wesentliche Unterschiede ergeben sich bei dem
Vergleich nur insofern, als die Gestaltung des Bodens, das kirchliche Bekennt¬
niß und die Stellung der niederen Klasse zum Adel auf das Volk eingewirkt
haben. Starke Verschiedenheiten in der Stammeseigenthümlichkeit zu entdecken,
müssen wir denen überlassen, welche aus irgendwelchen Gründen solche finden
wollen.



') Im Auszug aus dem von uus im vorigen Jahr angezeigten Buch: "Mecklenburg,
Ein niederdeutsches Landes- und Volköbild, Von L. Fromm. Schwerin, 1860. Druck und
Verlag der Hofbuchdruckerei vou llr. F. W. Bcireusvruug," mitgetheilt.

habe. Der Grund liegt tiefer, er wird von Millionen eingesehen, beklagt,
gescholten. Nicht die Personen, sondern die Principien, auf denen die Bundes¬
verfassung beruht, lähmen die Kraft der Nation.

Es wird aber von Interesse sein, auch in dem angeführten Fall zu er¬
fahren, ob neue Verhandlungen über einen so auffallenden Uebelstand irgend
einen Erfolg gehabt haben. In jedem Falle ist dringend zu wünschen, daß
die jetzt schwebenden Unterhandlungen zwischen Bayern, Würtemberg und Baden,
wenn sie auch sonst nicht die gehofften Resultate haben sollten, wenigstens diese
und ähnliche Ungehörigkeiten abstellen mögen, welche so sehr den Spott Uebel- '
wollender herausfordern und mit wenigen Federstrichen abzustellen sind.

Eine gründliche Abhilfe freilich für !die hundert Schäden der deutschen
Bundcskriegsverfassung werden uns nicht diplomatische Verhandlungen der
einzelnen Regierungen gewähren, sondern, wie zu fürchten steht, nur der Zwang
einer großen Katastrophe, die bittere Noth eines Krieges, welche wie Spreu
wegfegt, was jetzt den einzelnen disponirenden Beamten unüberwindlich er¬
scheint.




Land und Leute in Mecklenburg.

Bor einiger Zeit schilderten wir den Lesern d. Bl. den Altbayern und
machten dabei die Bemerkung, daß derselbe, weil er vorwiegend Bauer, in
vielen Zügen bedeutende Ähnlichkeit mit den Bewohnern gewisser norddeut¬
scher Landstriche, namentlich mit den Schleswig-Holsteinern und Mecklenburgern
sNge. bei denen ebenfalls das dörfliche Leben das städtische überwiegt. Im
Folgenden sei es uns gestattet, diese Bemerkung durch eine Charakteristik des
Mecklenburgers zu rechtfertigen *). Wesentliche Unterschiede ergeben sich bei dem
Vergleich nur insofern, als die Gestaltung des Bodens, das kirchliche Bekennt¬
niß und die Stellung der niederen Klasse zum Adel auf das Volk eingewirkt
haben. Starke Verschiedenheiten in der Stammeseigenthümlichkeit zu entdecken,
müssen wir denen überlassen, welche aus irgendwelchen Gründen solche finden
wollen.



') Im Auszug aus dem von uus im vorigen Jahr angezeigten Buch: „Mecklenburg,
Ein niederdeutsches Landes- und Volköbild, Von L. Fromm. Schwerin, 1860. Druck und
Verlag der Hofbuchdruckerei vou llr. F. W. Bcireusvruug," mitgetheilt.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/95>, abgerufen am 05.05.2024.